Review: Knights of Honor II Sovereign – Grand Strategy für Einsteiger

Nach der Ankündigung 2019 erscheint nun Knights of Honor II – Sovereign und platziert sich als leichteren Einstieg in das Grand Strategy (oder 4X (Explore, Expand, Exploit, Exterminate) Genre. Ob das Black Sea Games gelungen ist und ob man gegenüber Total War oder Europa Universalis bestehen kann, erfahrt ihr hier.

Was ist euer Begehr, Sire?

Knights of Honor II begrüßt im Hauptmenü mit genau zwei Modi: Kampagne und Multiplayer. In beiden Fällen findet man sich vor einer Europakarte, die sich in den Osten bis ungefähr auf Höhe des persischen Golfs erstreckt. Ebenso ist Nordafrika inkludiert. Hier muss man sich für eine Nation in drei unterschiedlichen Startzeiten (1110. 1224 oder 1360 nach Christus) entscheiden. Ansonsten kann man sich das Leben mit diversen Optionen leichter oder schwieriger machen. Zur Auswahl stehen die Stärke der Spione, der allgemeine Schwierigkeitsgrad oder auch wie schnell die Herrscher der Nationen altern.

Knihgts of Honor II Kampagnenauswahl

Beim ersten Start bietet das Spiel durch Textboxen eines Beraters die Möglichkeit eine Erklärung für die gängigsten Schaltflächen zu bekommen, sobald man etwas von Belang angeklickt hat. Eine dezidierte Tutorialkampagne wäre hier wünschenswert gewesen. Trotzdem kann man durch ausprobieren einiges Herausfinden und das Spiel bietet jederzeit die Möglichkeit ein Glossar mit ausführlichen Erklärungen aufzurufen. Zudem kann man dieses Glossar über das Halten der ALT-Taste jederzeit über dann hinterlegte Begriffe aufrufen.

Seid ihr der König? Also ich hab euch nicht gewählt.

Wer sich, wie wir, für Österreich und seine einzige Provinz Wien im Jahr 1224 entschieden hat, hat zu Beginn aber sowieso nicht soviel zu tun. Nach dfem Lesen der Infoboxen und dem Anhäufen der drei Hauptressourcen Gold, Bücher und Religion geht es dann richtig los. Man fügt neue Ritter seinem Hofstaat hinzu und gibt ihnen Provinzen. Diese Ritter dienen einerseits dem Führen dieser Provinzen und bieten andererseits je nach Klasse Fähigkeiten und Aktionen, die nach Bedarf verwendet werden können. Beispielsweise entsenden wir unseren Kleriker nach Rom, um unseren Stand beim Papst zu verbessern. Oder unser Spion kann unsere Nachbarn infiltrieren und deren Ritter bestechen. Unser König selbst ist dabei auch einer der Fünf Klassen (Spion, Kleriker, Diplomat, Marschall, Kaufmann) zugeordnet. Gesamt kann man so bis zu neun (8 Ritter + König) Experten befehligen. Das geschieht übrigens alles in Echtzeit. Natürlich darf man auch pausieren oder das Ganze beschleunigen.

Übersichtliche Auflistung aller Provinzen

Aber egal in welcher Geschwindigkeit, damit man sein Reich erweitern kann, muss man wohl oder übel Krieg führen. Dazu braucht man einen Marschall oder zumindest einen Ritter mit einer der Marschallfähigkeiten. Diese stehen als Armeeführer zur Verfügung. In Städten mit Kasernen werden dann Soldaten rekrutiert, um dem Nachbarn einzuheizen. Auch hier gibt sich Knights of Honor II übersichtlich. Im Grundsatz gibt es vier Typen von Einheiten: Infanterie, Kavallerie, Verteidigungs- und Fernkampftruppen und das jeweils in schwerer und leichter Ausführung. Je nach Provinz gibt es dann noch Spezialversionen, die geringfügig andere Kosten oder Attribute haben. Wirklich studieren muss man diese Werte aber nicht. Eine gute Durchmischung wird ausgewählt und ab geht es Richtung Feind. Dort angekommen kann man dann einzelne Dörfer und Felder brandschatzen, um so den Zugriff auf die Ressourcen zu verhindern. Wer möchte kann aber auch direkt in eine Belagerung gehen, um den Feind auszuhungern oder attackiert eine gegnerische Armee auf Durchreise.

Einigen wir uns auf ein Unentschieden?

In den Echtzeitstrategieschlachten hat man genretypisch ein paar Formationen zur Auswahl und sendet seine Einheiten in Richtung Feind. Ausmanövrieren, Flankieren und der gezielte Einsatz seiner Fernkampfeinheiten (Achtung Friendly Fire ist möglich) wären dabei essentiell. Das fühlt sich aber alles relativ behäbig an. Und auch wenn man pausieren kann, um sich einen Überblick zu verschaffen, stellt sich nicht das Gefühl ein, dass man hier großartige taktische Entscheidungen treffen kann. Insgesamt fühlen sich die Schlachten eher als schmückendes Beiwerk und wenig wie eine epische Belagerung/Schlacht an. Wir haben uns recht früh dabei erwischt, die Kämpfe von der AI aussimulieren zu lassen. Die schlägt sich hier zumeist auch ziemlich gut. Und im Multiplayer gibt es die selbstgesteuerten Echtzeitschlachten aus Designgründen schlicht nicht.

Knihgts of Honor II - Belagerung

Abseits der Kämpfe, kann man auch über Diplomatie, Hochzeiten und kulturellen Einfluss an Land gewinnen, aber diese Optionen sind stark eingeschränkt und wesentlich langsamer. Daher kommt man schlussendlich niemals um militärische Intervention hinweg. Dabei darf man aber nie vergessen, dass die AI nur langsam vergisst und sich dann auch Bündnisse gegen einen formen können. Andersherum bietet es sich auch an, dass man selbst einem Defensivbündnis beitritt und Schutz sucht. Die Optionen sind hier durchgehend eine Stufe einfacher als bei den Genrekollegen. Das schadet dem Spiel aber keinesfalls, da ja Zugänglichkeit eines der erklärten Hauptziele der Entwickler ist.

Was kostet die Welt

Um schlussendlich eine Kampagne zu gewinnen, gibt es zwei Hauptmöglichkeiten. Ähnlich wie in Civilization kann man sich zum Weltherrscher wählen lassen, bei dem die anderen 8 größten Nationen abstimmen, um man für diesen Titel gut genug ist. Wohl dem, der davor seine Beziehungen aufgebessert hat und dessen Militär furcheinflössend genug ist. Wer in der Abstimmung verliert, tritt automatisch in einen Krieg gegen alle jene ein, die gegen einen votiert haben. Das Risiko kann man natürlich mit strategischem Speichern eliminieren, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Die zweite Hauptgewinnvariante ist das Produzieren/Importieren fast aller Güter, die das Spiel zu bieten hat. Wer dieses Kunststück schafft, gewinnt dafür direkt und ohne Umschweife.

Knights of Honor II - Weltkarte

Und bis man zu diesem Punkt kommt passiert so einiges. Die oben erwähnten Bündnisse, Hochzeiten und Erbstreite, aber auch ein ausgerufener Djihad oder ein Kreuzzeug des Papstes können einem die Pläne erleichtern, aber auch erschweren. Als Katholik kann man auch exkommuniziert werden und sollte dann ggf. beim Papst Abbitte leisten. Wer einen Vasallenstaat angreift, sollte sich zudem bewusst sein, dass die Beschützernation, das nicht unbedingt unbestraft durchgehen lässt. Man kann aber auch mit eigenen Spionen, andere Nationen gegeneinander ausspielen und sogar Kriege provozieren. Und wer selbst den Papst stellt oder Herrscher des Kalifats ist, kann seinen eigenen heiligen Krieg ausrufen. Die Optionen sind also mannigfaltig und nichts steht allein für sich.

Wiederspielbarkeit obliegt der eigenen Fantasie

Und natürlich muss man seine Städte und Provinzen ausbauen. Dafür hat man pro Stadt maximal 8 Slots zur Verfügung in denen man Felder, Märkte oder Häfen bauen kann. Die Upgrades dieser Gebäude kommen dann aber jedem gleichartigen Gebäude im ganzen Reich zu Gute. Je nach Rohstoff einer Provinz gibt es dann noch Spezialgebäude, die nur dort gebaut werden können und den Zugriff auf die Ressource ermöglichen. Dabei reicht es ein einziges Mal z.B. Pferde als Ressource zu haben, damit alle Städte berittene Einheiten produzieren können. Wenn einmal alle 8 Gebäude voll ausgebaut sind, konzentriert man sich maximal nur noch darauf Gebäude auszutauschen, weil man einen Rohstoff z.B. in einer anderen Provinz nun auch bekommt. Auch hier wurde also an Komplexität gespart. Ebenso im Handel. Wer einen Handelsvertrag hat, kann einen Kaufmann einfach dazu anweisen ein Gut zu importieren. DIe Kosten sind fixiert und da gibt es auch nichts mehr zu verhandeln.

Wenn man schlussendlich gewonnen hat, kann man einfach weiterspielen. Da dem Spiel vorgefertigte Kampagnen fehlen, wird der Wiederspielwert vor allem durch die zufällige Verteilungen der Ressourcen in den ca. 300(!) Provinzen, zusätzlichen Siegbedingungen wie „Häufe X Gold“ oder „Eliminiere Gegner Y“ und der eigenen Fantasie gegeben. Ein paar mitgelieferte Szenarien wären zwar schön gewesen, aber da das Spiel Modunterstützung im Optionsmenü bietet, kann man hier auf die Community hoffen, die auch beim Vorgänger schon sehr aktiv waren.

Der König ist tot, lang lebe der König

Und apropos Vorgänger: Wem das alles sehr bekannt vorkommt, der hat wahrscheinlich Knights of Honor aus dem Jahr 2004 gespielt. Die Unterschiede zur 2022 Version halten sich nämlich stark in Grenzen, da sowohl die Prämisse, als auch das Gameplay, sehr ähnlich sind. Man möchte fast meinen, es handelt sich hier um ein moderneres Remake und nicht um einen tatsächlichen zweiten Teil. Das Gute daran ist, dass auch der Vorgänger bereits ein sehr gutes Spiel war, das sogar bis heute Fans behalten hat. Never change a running System, war hier eindeutig die Devise.

Knights of Round II Norditalien

Auf der audiovisuellen Seite ist man dem ersten Teil natürlich bei 20 Jahren Zeit weit voraus. Den Genrekollegen aber leider nicht. Auch wenn die mittelalterlichen Klänge (angepasst je nach Kultur) und die Sprecher (bezogen auf Deutsch und Englisch) grundsolide sind, bringt die Grafik zwar eine detaillierte und hübsche Weltkarte, lässt aber insgesamt einen „wow“-Effekt vermossen. Insbesondere in den Schlachten wirkt Knights of Honor II daher eher altbacken. Allerdings halten sich dadurch auch die Systemvorrausetzungen im Rahmen.

Die Zugänglichkeit, die Black Sea Games angestrebt hat ist durch die Bank zu spüren. Keines der Systeme ist überbordernd kompliziert, das User Interface ist intuitiv und einfach zu bedienen. Ein schönes Beispiel dafür ist, dass das Wappen einer Nation einen jederzeit zur Übersicht dieser Nation springen kann, egal ob man auf eine Stadt, eine Einheit oder ein Dörfchen klickt. Und wenn man ein Ziel für Spionagetätigkeiten auswählt, kann man sowohl aus einer Liste wählen, als auch im Hintergrund auf eine Stadt klicken. Auch die sofortige Hilfe mittels ALT-Taste hilft jederzeit aus, wenn man eine Mechanik nicht versteht. Auch die Zahlen halten sich in Grenzen und die meiste Zeit ist es nur wichtig die grobe Richtung im Blick zu halten. Hier macht das Spiel alles richtig und erfüllt damit alle Versprechen des Entwicklers. Man ist nicht dermaßen fokussiert auf die Kämpfe, wie in Total War, gleichzeitig bekommt man keine Excel Tabelle mit Grafik wie bei fast allen Spielen von Paradox Games.

Fazit

Alles in allem fühlt sich Knights of Honor II – Sovereign wie ein Remake des Vorgängers und eine Hommage an Medieval: Total War an. Wer von Spielen von Paradox Entertainment abgeschreckt und dem Total War zuviel Krieg und zuwenig Diplomatie ist. ein zugängliches Grand Strategy Game sucht findet hier seine Erfüllung. Auch Fans des Vorgängers, die eine aufgehübschte Variante spielen wollen, können wir dieses Spiel ans Herz legen. Wirklich falsch macht KoH2 nichts, liefert aber abseits der Zugänglichkeit auch keine wirkliche Neuerung. Das muss aber auch nicht sein und wenn die Community ähnlich aktiv wie beim Vorgänger ist, steht KoH2 eine lange, glorreiche Dynastie, beginnend am 6. Dezember 2022, an.

Pro

  • Zugängliches Grand Strategy Spiel
  • Gutes, übersichtliches UI
  • Solide Sprecher und passende Musikuntermalung
  • 300 Provinzen und verschiedene Kulturen/Religionen als Startpunkt
  • Atmosphäre und Immersion sind on point

Contra

  • Grafische Präsentation nett, aber nicht weltbewegend
  • Schlachten fühlen sich wenig dynamisch und episch an
  • Keine vorgefertigten Szenarien
  • Kein wirklich großer Schritt zum Vorgänger von 2004
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Written by: Steve Brieller

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