Review: Immortals Fenyx Rising PS5 – Die bekannte Ubisoft-Formel mit ein paar Neuheiten

Nach dem letzten großen Erfolg von Nintendos Zelda: Breath of the Wild war klar, dass es dabei nicht bleiben wird und sich auch andere Entwickler am Open World-Konzept des japanischen Entwicklers mit allerhand Rätseln orientieren werden. Nach dem chinesischen Genshin Impact gibt es daher nun auch den Versuch eines großen westlichen Entwicklers. Das anfangs noch unter dem Titel Gods & Monsters bekannte Immortals Fenyx Rising von Ubisoft ist aber bei weitem nicht einfach nur ein Zelda-Klon, sondern bietet darüber hinaus auch Elemente aus der hauseigenen Assassin’s Creed-Reihe sowie einiges an Humor und einem bunten Grafikstil. Ob das gepaart mit griechischer Mythologie so alles funktioniert, erfahrt ihr in unserem Test.

Es war einmal so was Ähnliches wie ein Halbgott

Immortals Fenyx Rising beginnt mit dem Gott Prometheus, der auf einem verschneiten Berggipfel angekettet ist, als Zeus ihn um Hilfe bittet. Typhon, eine monströse Kreatur aus der Unterwelt, ist aus seinem Gefängnis entkommen und richtet auf der ganzen Welt Verwüstungen an. Prometheus schlägt vor, dass Fenyx, die Figur, die wir spielen werden, diejenige ist, die alle vor der vulkanischen Zerstörung durch Typhon retten kann. Fenyx wacht anfangs an einem Strand auf, findet alle Menschen versteinert vor und versucht daraufhin natürlich herauszufinden, was passiert und wie sie den Fluch umkehren kann. Dabei begegnen euch allerhand bekannte Gottheiten, die alle ihre eigenen Probleme haben, euch nach Lösung dieser aber gegen Typhon unterstützen sollen, während Fenyx immer mehr Fähigkeiten und Objekte wie Dädalus Flügel oder Achilles Schwert erhält.

Hermes hütet im Spiel die Hallen der Götter, euren Hub

Kommentiert wird das ganz dabei immer von Prometheus und Zeus, die die Story mit ihren Sprüchen und Witzen gut auszumalen wissen. Zeus wird hier als Idiot hingestellt und verweist häufig darauf, wie muskulös und kraftvoll er früher war. Er ist im Grunde ein hirnloser Sportler, während Prometheus als ein sensibler Künstler dargestellt wird, der seine Geschichte mit möglichst vielen raffinierten Schlagwörtern erzählen will. Erwartet viele Gespräche, denn die beiden kommentieren wirklich alles, was häufig gut unterhält und wie eine Parodie des Erzählers aus Bastion wirkt, mit der Zeit aber auch nerven kann, wenn euch der Humor nicht so zusagt. Der allgegenwärtige Widersacher Typhon kann im Spiel leider nur bedingt ernst genommen werden. Sein Design sieht nicht nur aus wie etwas, das direkt aus einer Diablo-Karikatur stammt, sondern er ist auch recht simpel geschrieben. Ihr merkt, die Charaktere und die Story sind nicht die Stärken von Immortals Fenyx Rising. Aber das müssen sie ja vielleicht auch nicht sein.

Zugängliche Kämpfe durch ein Portfolio an mythologischen Kreaturen

Viel Auswahl habt ihr hier leider nicht

Zu Beginn des Abenteuers wird erst einmal ein Charakter erstellt. Leider fällt der Editor sehr mager aus und ihr habt zwar die Wahl zwischen männlich oder weiblich, die Herren wirken aber besonders durch ihre Gesichter eher wie Frauen mit aufgeklebtem Bart. Unabhängig davon kann Fenyx nach erfolgter Erstellung und den ersten Schritten im Kampf aber sehr vielseitig agieren. Ihr könnt ausweichen, parieren, Gegenstände werfen, Pfeile schießen, Spezialfähigkeiten einsetzen und mit einem Schwert oder einer Axt angreifen. Einige Kämpfe erfordern ständiges Ausweichen und Parieren, um sicherzustellen, dass ihr verheerenden Hieben ausweichen könnt, bei anderen versucht man möglichst schnell großflächig Schaden zu verursachen. Und manchmal möchte man einfach nur Steine auf einen riesigen Zyklopen werfen. Die Steuerung der Kämpfe erinnert dabei sehr an Assassin’s Creed Odyssey. Wer da also schon einige Stunden mit Alexios oder Kassandra verbracht hat, wird sich hier direkt heimisch fühlen.

Das Menü sollte Odyssey-Spielern direkt vertraut vorkommen

Eure Gegner besitzen in Immortals Fenyx Rising immer zwei Balken, einen Lebensbalken und eine blaue Leiste darunter, welche die Haltung darstellt. Diese kann durch parieren oder Angriffe mit dem Hammer gefüllt werden bis der Gegner schließlich kurz betäubt wird und eure Angriffe mehr Schaden anrichten. Später im Spiel habt ihr noch Zugang zu besonderen Fähigkeiten, die leider recht unspektakulär über einen Skill-Baum ausgewählt und erlernt werden. Ihr könnt riesige Speere des Ares aus dem Boden heraufbeschwören, den Feind mit einem Sturmangriff der Artemis angreifen und mit einem gigantischen Hammer des Hephaistos in eine Welle von Gegnern schlagen, um viel Schaden anzurichten. Schleichen kann die mutige Fenyx zwar auch, das dient aber meist nur um vielleicht einen Gegner auszuschalten oder zu verwunden bevor der offene Kampf startet. Eure Gegner reichen dabei über Gorgonen und Zyklopen bis hin zu Harpyien und Greife, also alles was man aus der griechischen Mythologie so herausholen konnte.

Es gibt viel zu entdecken, nur loht sich das?

Ein Rätsel à la Angry Birds gefällig? Zieht am Hebel und befördert so den Fels durch die Wand.

Die Formel von Zelda: Breath of the Wild ist unbestreitbar für Immortals Fenyx Rising zu Rate gezogen worden, und auch wenn es nicht an das Niveau des Vorbilds heranreicht, so leistet es dennoch solide Arbeit bei der Präsentation einer Welt voller geheimer Kämpfe, Rätsel und einzigartiger Schauplätze. Die Rätsel sind recht kreativ und nutzen häufig clever die Spielmechaniken, um euch Hindernisse in den Weg zu legen. Bei einem Rätsel musste ich zum Beispiel große Metallkugeln durch Kistenwände schießen, um zu versuchen, sie auf einer Plattform hinter diesen Kisten landen zu lassen und so den Weg nach vorn zu aktivieren. Ein anderes Puzzle bestand darin, Druckplatten in der richtigen Reihenfolge zu aktivieren, während Feuerbälle über das Feld der Platten geschossen wurden. Und ein anderes zwang mich dazu, Kisten sorgfältig aufeinander zu stapeln, um über einen Abgrund zu gleiten. Man kann also sagen, so ziemlich jedes Rätsel, mit dem man konfrontiert wird, fühlte sich etwas anders an als das letzte, auch wenn einzelne Elemente sich dabei wiederholen.

Im Hub könnt ihr eure gefundenen Materialien für Skills und Verbesserungen einlösen

Außerdem ließ mich das Spiel selten im Stich, wenn ich die versteckten Ecken der Welt untersuchte oder versuchte, auf hohe Strukturen zu klettern. Überall gibt es tonnenweise Geheimnisse, aber leider bestehen diese hauptsächlich aus Aufrüstungsmaterialien, die in der Halle der Götter, eurem Hub im Spiel, eingesetzt werden können. Hier kann man neue Fähigkeiten freischalten und aufrüsten. Ihr könnt auch eure Rüstung, Waffen, Ausdauer, Gesundheit und Tränke verbessern. Besonders aber bei den Fähigkeiten ist es schade, dass man diese nur durch Finden der Materialien in einem Menü freischaltet und nicht etwa durch beispielsweise den Abschluss einer epischen Quest. Das ist immer noch ein gutes Progressionssystem, da das Spiel einen Anreiz zur Erkundung mit Belohnungen bietet, aber es ist nicht allzu immersiv oder aufregend. Darüber hinaus verändern die auffindbaren Waffen lediglich eure Werte, nicht aber das Move-Set. Dafür könnt ihr aber für eure komplette Ausrüstung das Aussehen frei verändern und müsst so nicht die ganze Zeit in Zwischensequenzen einen unpassenden Helm nur wegen seiner Werte tragen.

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Hübsche, bunte Welt mit generischen Einwohnern

Immortals Fenyx Rising präsentiert eine fantastischere Welt, als wir sie normalerweise in einem Ubisoft-Titel sehen. Sie ist voller humorvoller Designs und sieht weit weniger realistisch oder düster aus als beispielsweise Assassin’s Creed Odyssey oder Watch Dogs. Die Umgebung des Spiels ist farbenfroh und das Laub, die Bäume und das Wasser wirken wie ein weich gepinseltes Gemälde. Die Tartaros-Vaults, in denen ihr die meiste Zeit mit dem Lösen der Rätsel beschäftigt seid, sind ebenfalls schön, da zerbrochene Steinplattformen, die um einen dunkelvioletten Nebel mit hellen weißen Sternen am Himmel schweben, ein schönes kosmisches Bild erzeugen.

Ein treues Reittier kann nach dessen Zähmung ebenfalls herbeigerufen werden

Aber während die Welt durchaus begeistern kann, sind die Charaktere davon noch weit entfernt. Die bereits erwähnten wenigen Optionen bei der Erstellung von Fenyx sehen in Zwischensequenzen so oder so irgendwie unpassend aus, bei den Stimmen ragt niemand bis auf vielleicht Prometheus so wirklich hervor und generell haben die Charaktere einen sehr merkwürdigen Grafikstil. Das Gegnerdesign ist recht allgemein gehalten, da diesen einfach besondere Merkmale fehlen, die im Gedächtnis bleiben. Zu keinem Zeitpunkt konnten diese oder irgendeiner der Bosse wirklich beeindrucken, auch wenn durchaus witzige Ideen dabei sind. Und der für mich riesig wirkende Kopf von Aphrodite wird mich wohl noch eine ganze Weile verfolgen.

Vielleicht liegt es an mir, aber Aphrodite macht mir irgendwie Angst.

Technisch läuft das ganze auf der Playstation 5 übrigens einwandfrei. Ladezeiten sind sehr kurz, egal wann sie auftreten, das Spiel läuft in flüssigen 60fps und die bunten Umgebungen zeigen ihre farbenfrohe Pracht. Auch der DualSense-Controller wird unterstützt und gibt euch haptisches Feedback beim Suchen von wichtigen Orten auf der Karte oder vibriert recht realistisch beim Ziehen eures Bogens. Der für Ubisoft obligatorische Echtgeld-Shop für Items hat es übrigens auch in dieses Spiel geschafft, wir konnten aber bisher nur die Waffen, Rüstungen und Reittiere bestaunen, die gekauft werden können, nicht aber wie viel die Einheiten dafür in Euro umgerechnet kosten werden.

Fazit

Wenn ihr idealerweise Fan von The Legend of Zelda: Breath of the Wild und Assassin’s Creed Odyssey seid, Rätsel euer Ding sind, ihr aber nur bedingt auf Charaktere und Story wert legt, wird euch gefallen, was Immortals Fenyx Rising zu bieten hat. Euch erwartet eine bunte, witzige Welt voller ansprechender Rätsel und durchaus interessanten Kämpfen verpackt in einer comichaften Version der griechischen Mythologie samt Ubisoft-typischen Aussichtstürmen und Sammelgegenständen. Alle anderen spielen lieber einmal Probe.

Positiv:

+ hübsch anzusehende und gut designte Welt

+ viel Witz und Humor, besonders durch die beiden Erzähler

+ befriedigende Kämpfe

+ clevere Rätsel mit abwechselnden Mechaniken

+ motivierende Aktivitäten und Erkundung,…

Negativ:

– …mit meist nur langweiligem Material als Belohnung

– unspannende Story

– sehr gewöhnungsbedürftiges Charakterdesign

– generisches Gegnerdesign

Immortals Fenyx Rising erscheint am 3. Dezember 2020 für PC, Xbox One, Xbox Series X/S, Switch, Playstation 4 und Playstation 5.

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit
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Written by: Nick Erlenhof

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