Review: Hat Redfall Biss oder ist der Co-op Shooter blutarm?

Arkane Studios sind bekannt für Spiele wie Dishonored, Prey und Deathloop. Die amerikanische Niederlassung des französischen Entwicklers Arkane Austin veröffentlicht nun Redfall am 2. Mai für PC und XBox Series X|S. Publisher des Open-World-Coop Shooters ist Bethesda. Diese Mischung verheißt prinzipiell nichts Schlechtes, aber kann Redfall nach gemischten Reaktionen auf die ersten bewegten Bilder tatsächlich überzeugen? Wir gehen dem ganzen in unserem Test auf den Grund. Wir haben dabei die PC Version gespielt und wollen gleich zu Beginn schon darauf hinweisen, dass Redfall bereits zum Release im Microsoft Gamepass enthalten sein wird.

Vampirjäger wider Willen

Beginnen darf man mit seiner Charakter und damit Klassenauswahl. Die vier verschiedenen Charaktere Jacob, Layla, Devinder und Remi haben alle unterschiedliche Backstories und jeweils drei unterschiedliche aktive Fähigkeiten.

Jacob als Ex-Sniper kann einen Raben zum Auskundschaften beschwören, sich unsichtbar machen und hat ein Geisterscharfschützengewehr zur Hand. Layla dagegen ist eine Biologiestudentin, die bei Experimenten telekinetische Kräfte entwickelt hat. Devinder, ein Influencer und Geisterjäger, verlässt sich auf seine elektronischen Gadgets, mit denen er u.a. teleportieren kann. Das Quartett vollständig macht Remedios De La Rosa, genannt Remi, die als Militäringeneurin C4 und Heilstationen mitbringt.

Damit gibt man also bereits eine grobe Richtung vor, was der eigene Charakter gut kann. Am grundsätzlichen Gameplay alle Gegner schlicht zu erschießen ändert sich aber wenig.

Die Rückeroberung Redfalls

Die grundsätzliche Story ist schnell erklärt. Redfall ist ein Städtchen auf einer Insel und wurde von einem Kult übernommen. Die Kultisten folgen einem geheimnisvollen Antagonisten namens Hollow Man, der über Radio- und Fernsehübertragungen allgegenwärtig ist. Doch bereits zu Beginn wird klar, dass er nicht der einzige Obervampir zu sein scheint. Es liegt nun also am Spieler herauszufinden, wer tatsächlich hinter der Vampirinvasion steckt und die Insel zurückzuerobern.

Dazu befreit man zunächst eine Feuerwehrwache und Zivilisten, die sich nicht dem Kult angeschlossen haben. Von dieser Basis aus, bekommt man neue Missionen, die die Story vorantreiben. Die Zwischensequenzen bei den Missionen sind dabei vertonte Bilder im Stil eines modernen Comics bzw. einer Comicverfilmung. Dabei bekommt man nähere Infos und teilweise Motivationen der NPCs erzählt. Schlussendlich läuft aber jede Mission auf „Geh nach X und finde Y/töte Z“ hinaus. Wer dabei mehr erfahren will, sollte die überall in Häusern verteilten Briefe, Dokumente und Bücher lesen. Aber hier ist auch viel Drumherum wie z.B. Kochrezepte dabei, das nicht relevant für die Story sind, was manche Spieler wohl dazu verleiten wird diese Notizen zu ignorieren.

Schießen und Pfählen löst (fast) alle Probleme

Die Hauptgegner im Spiel stellen hauptsächlich die Kultisten, gefolgt von den Vampiren. An manchen Stellen findet man auch eine Söldnertruppe, die einem ebenfalls nicht freundlich gesinnt ist. Und auch wenn einem das Spiel bereits zu Beginn erklärt, man könne verschiedene Wege wählen um Probleme zu lösen (geh durch die Haupttür, schleich dich aufs Dach etc.), endet fast jeder Feindkontakt in einem Schusswechsel. Das ist zwar von einem Ego-Shooter mit RPG Elementen erwartbar, aber führt die erwähnte Wahlfreiheit etwas ad absurdum.

Redfall Friedhof
Auf diesem Bild ist ein Vampir versteckt

Die RPG Elemente beschränken sich auf mehr HP pro Level, das Verteilen von Skillpunkte und das Finden besserer Waffen. Mit den Skillpunkten kann man die aktiven Fähigkeiten verbessern, um so z.B. als Jacob durch seinen Raben markierten Gegnern mehr Schaden zuzufügen oder länger unsichtbar zu bleiben. Auch cooldown Reduktion oder ein höheres Munitionsmaximum stehen zur Auswahl. Wer unterschiedliche Builds erwartet, wird aber enttäuscht werden. Die tatsächliche Progression entsteht nämlich viel mehr durch das Finden besserer Waffen. Dabei gibt es klassische Sorten wie Pistolen/Revolver, Scharfschützen-, Schrot und Sturmgewehre, aber auch Spezialwaffen wie einen UV Licht Strahler oder eine Waffe, die spitze Pfähle verschießt. Denn schlussendlich will man ja Vampire töten.

Kanonenfutter statt Herausforderung

Wer etwas Glück hat oder fleißig Nebenmissionen löst, wird über kurz oder lang Waffen finden, mit denen die menschlichen Gegner keine Herausforderung mehr darstellen, solange man nicht Kopf voran in Gegnergruppen läuft. Das liegt vor allem daran, dass die Gegner KI sich nicht mit Ruhm bekleckert. Viele Gegner bleiben gerne an kleineren Hindernissen und Ecken hängen und reagieren relativ langsam auf den soeben aus dem Leben getretenen Kollegen neben sich. Die eigenen Spezialfähigkeiten und auch die nutzbare Umgebung (Batterien, explosive Fässer, Öllacken) tun dann ihr Übriges für den eigenen Angriff. Das sorgt einerseits für ein Gefühl der Übermacht, stellt aber auch die Immersion in Frage, weil nicht ganz klar ist, wieso man als „Lone Wolf“ soviel besser ist, als sechs bewaffnete Kultisten.

Redfall Nachtszene

Gottseidank gibt es aber auch die Vampire, die vor allem zu Beginn weitaus gefährlicher sind, als die Standardgegner. Diese können nämlich blitzschnell neben und hinter einem auftauchen und verursachen im Nahkampf massiv Schaden. Zudem müssen geschwächte Vampire entzündet oder gepfählt werden, um sie endgültig zu besiegen. Manche Vampire haben außerdem Spezialfähigkeiten wie ein Energieschild um sie herum oder das Verdunkeln der Umgebung. Aber auch hier sind die Angriffsmuster oft sehr geradlinig und leicht durch strafing zu umgehen. Nur enge Gänge und mehrere Vampire auf einmal sind eine wirkliche Gefahr.

Haltet die Nachbarschaft sauber

Was dagegen ganz gut gelungen ist, ist der Open World Aspekt. Beim Wandern durch Redfall entdeckt man z.B. potentielle neue Safehouses, deren Strom angeschaltet werden muss. Das wiederum schaltet neue Nebenmissionen frei und bietet die Möglichkeit zum Fasttravel und wieder aufrüsten mit Medikits und Munition. Auch einige spezielle Monumente in der Stadt können zum Teleportieren genutzt werden. Dadurch fördert Redfall zumindest beim ersten Durchspielen den Erkundungsdrang.

Redfall Intro

Im fortgeschrittenen Spielverlauf poppen dann auch Vampirnester auf, die in einem Bereich um sich herum alle Vampire spürbar stärker machen. Wer diese Nester, die durch Portal gekennzeichnet sind aufsucht, muss darin gegen mehrere Vampire kämpfen, um das Nest zu zerstören. Natürlich gibt es dafür auch Loot. Leider unterscheiden sich die einzelnen Nester nicht wirklich voneinander und sind im Grunde nur ein Schlauch mit dem wortwörtlichen Herz des Nests am Schluss. Nur die Vampirkomposition der Nester weicht marginal voneinander ab.

Arkane Studios typische Detailverliebtheit gibt es auch in Redfall

Trotzallem kann man Arkane Studios die Detailverliebtheit nicht absprechen. Bei der Präsentation von Redfall schwingt nämlich das B-Movie Flair wunderbar mit. Die Welt ist grundsätzlich detailreich und die Häuser wirken überhastet verlassen oder sind teilweise vernagelt, von Bewohnern, die noch Widerstand leisten wollten. In Kombination mit den herumstehenden Autos wirkt das Städtchen also passend wie aus einem Katastrophenfilm. Das Sounddesign unterstützt das ebenso und vertont unterschiedliche Situationen sehr gut. So läuft gegen Standardgegner eine andere Musik, als bei einem Kampf gegen einen Vampir. Und wenn gerade nichts los ist, gibt es die passende Untermalung. Hier erreicht Arkane Studios die Messlatte, die sie mit ihren anderen Werken gesetzt haben. Auch die Synchronisierung hat es uns angetan. Die Sprecher sind mit ganz wenig Ausnahmen glaubwürdig und tragen somit ebenfalls zur Atomsphäre bei.

Redfall

Durch diese Stärken sind vor allem Missionen in denen die Story stark vorangetrieben wird ein Highlight des Spiels. Wenn man ein altes Landhaus nach Hinweisen durchsucht und auf dunkle Geheimnisse eines Forschers stößt, dann setzt die Präsentation die richtige Stimmung. Der Fokus auf dem Vampirsetting ist gelungen und wird gleichzeitig nicht überstrapaziert. Es gibt zudem zugunsten der Story kein Überschütten mit anderen Fantasygegnern wie Skeletten, Zombies oder ähnlichem Getier.

Eine Co-op Krankheit und technische Schwierigkeiten trüben den Gesamteindruck

Während Co-op in solch einem Spiel stark zu begrüßen ist, ist es ein immer wiederkehrendes Problem, wie die Story Progression im Multiplayer gelöst wird: Nur der Host des Spiels kann in der Story foranschreiten und die anderen Spieler behalten nur Gegenstände und Erfahrungspunkte. Es ist verständlich, dass nicht unbedingt die zweite Hälfte des Spiels bereits gelöst haben will, weil man Co-op irgendwo mitgemacht hat, aber hier hätte ein Wahlsystem für den Spieler sehr viel Sinn gemacht.

Was uns leider ebenso negativ aufgefallen ist, waren mehrere Crashes während unseres Tests und der Ausfall von einzelnen Tasten oder der ganzen Tastatur während des Spiels. Teilweise konnten wir diese Probleme durch Umbelegen der Taste oder Neustart lösen. Eine vermeidbare definitive Ursache konnten wir aber nicht ausmachen. In Kombination damit, dass auch im Singleplayer das Spiel nicht pausierbar ist, waren diese Bugs sehr ärgerlich, wenn man sich plötzlich nicht mehr bewegen oder den Nahkampfmove zum Pfählen der Gegner nicht mehr verwenden konnte. Wir hoffen, dass diese Probleme evtl. an unserem Setup liegen bzw. dass mit einem Patch zum oder kurz nach Release Abhilfe geschafft wird.

Desweiteren müssen XBox Series S|X Spieler zum Release auf 60 FPS verzichten. Denn da gibt es nur den Qualitätsmodus mit 30 FPS. Der Performancemodus für 60FPS wird aber per Patch nachgeliefert. Hier muss jede/r Einzelne für sich entscheiden, wie wichtig ihm oder ihr das ist.

Fazit

Die Story um die Rückeroberung von Vampiren ist sehr stimmig präsentiert und Arkane Austin hat sich hier keine Blöße gegeben. Auch der Open World Ansatz mit Missionen ist solide und fügt sich in das Gefühl dem Widerstand auf der Insel anzugehören sehr gut ein. Redfall liefert aber im Kern nur ein sehr einfaches Ego-Shooter Gameplay, dass ein wenig unter seinen Kanonenfuttergegnern leidet. Mehr spektakuläre Bosskämpfe hätten das etwas auflockern können. Auch die geringen Unterschiede zwischen den Waffenqualitätsstufen/-leveln sind eine verpasste Möglichkeit für Abwechslung. Da helfen leider die grundsätzlich gut designten vier Charakterklassen nicht. Wer den Microsoft Gamepass sein eigen nennt, kann Redfall bereits zum Release dort spielen. Und als Open World Shooter mit B-Movie Charme für Zwischendurch oder Internet Co-op (inkl. Crossplay) ist Redfall dann aus unserer Sicht durchaus zu empfehlen. Im direkten Vergleich zum Gamepass fühlt sich der aufgerufene Vollpreis von 70€ für das Gebotene aber etwas zu hoch an.

Positiv

  • Gute Präsentation mit stimmigem Sounddesign/Soundtrack
  • Gelungene Synchronisierung
  • Viel Liebe zum Detail und glaubwürdiger verlassener Stadt
  • Ernsthafte Vampirstory ohne zuviel Klischees
  • Gute designte Charaktere mit eigenem Background
  • Vier Spieler Co-op mit Crossplay

Negativ

  • Standardgegner sind dumm wie Brot, wenig abwechslungsreich und fallen wie die Fliegen
  • Waffen einer Klasse unterscheiden sich gefühlt nur durch den Schaden
  • Gameplay bleibt trotz Skilltree immer sehr geradlinig
  • Am PC hatten wir Crashes und Inputdevice Ausfälle
  • Xbox Spieler müssen auf Patch für 60FPS warten
Teilt uns eure Meinung mit

Written by: Steve Brieller

No comments yet.

Leave Your Reply