Review: Gotham Knights – Vier Fledermäuse und ein Todesfall

Batman: Arkham Knight ist bereits mehr als sieben Jahre her und es wird Zeit für das nächste virtuelle Abenteuer durch Gotham. Doch dieses muss sich am wirklich großartigen Vorbild messen, auch wenn es von einem anderen Studio kommt und eine etwas andere Ausrichtung hat. Doch ob es das schafft oder die Maske lieber in der Bat-Höhle lassen sollte, erfahrt ihr natürlich im Test.

Batman ist tot

Und mit ihm wohl auch die Framerate. Doch fallen wir mal nicht mit der Tür ins Haus. Nach dem Tod von Gothams Rächer liegt es an seinen Anwärtern, die Stadt vor Bösewichten und Superschurken zu beschützen. Genauer gesagt sind das Dick Grayson alias Nightwing, Barbara Gordon alias Batgirl, Tim Drake alias Robin und Jason Todd alias Red Hood. Diese erhalten eine aufgezeichnete Nachricht von Bruce Wayne und versuchen nun seinen letzten Fall abzuschließen, herauszufinden warum er überhaupt sterben musste, sowie die Stadt zu beschützen. Und da kommen wir ins Spiel. Und bis zu diesem Punkt ist alles erstmal wirklich toll. Die Eröffnungsszene von Gotham Knights schafft in kurzer Zeit eine Menge. Batmans Charakterisierung ist so klar, dass sein Tod wirklich tragisch wirkt, obwohl der Zuschauer diese Inkarnation der Figur nur ein paar Minuten kennt. Auch seine Schlägerei mit Ra’s al Ghul ist eine Augenweide, ein aufregend gut choreografiertes und gut inszeniertes Duell, auch wenn es grafisch etwas Luft nach oben lässt. Erst wenn man selbst das Ruder in die Hand nimmt, kommen die Schwächen zum Vorschein.

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Das erste und offensichtlichste Problem von Gotham Knights ist die Bildrate. Während Gotham Knights auf dem PC 60 FPS erreichen kann, ist das Spiel auf den Konsolen auf 30 FPS beschränkt. Eine lächerliche Einschränkung, wenn man bedenkt, dass das Spiel exklusiv für PlayStation 5 und Xbox Series X|S erscheint. Leistungsmodi mit 60 FPS sind zum Standard für Spiele der aktuellen Generation geworden, und Gotham Knights fühlt sich ohne diesen zusätzlichen Schub wirklich träge an. Es gibt wirklich keinen guten Grund, warum ein Blockbuster-Titel wie dieser ohne jegliche Leistungsoptionen auf den Markt kommt. Noch ärgerlicher als die niedrige Bildrate ist jedoch, dass das Spiel immer noch regelmäßig unter die 30 FPS-Marke fällt. Doch zurück zum Spiel und den Protagonisten.

Vier Anwärter auf die Maske sorgen für Abwechslung

Batgirl ist sowohl eine agile Kämpferin als auch eine Meisterin im Hacken, was bedeutet, dass sie das Spielfeld zu ihrem Vorteil manipulieren kann. Red Hood ist das einzige Mitglied der Crew, das sich nicht an Batmans striktes Waffenverbot hält, weshalb das Spiel in seiner Rolle zu einem echten Third-Person-Shooter werden kann. Robin hält gerne Abstand zu seinen Feinden und bevorzugt Angriffe von oben und besonder sein Stab gefiel mir gut. Nightwing, der Akrobat schlechthin, springt und hüpft über das Spielfeld und verfügt über Spezialattacken, die es ihm ermöglichen, auf den Köpfen seiner Feinde zu hüpfen. All diese Unterschiede sorgen dafür, dass sich Gotham Knights wirklich abwechslungsreich anfühlt, und die Erfahrungspunkte der Charaktere dabei für alle gleich gesammelt werden, was bedeutet, dass kein Mitglied der Crew jemals wirklich unterlegen ist. Leider ist es dabei aber eigentlich nie wirklich notwendig den Charakter zu wechseln. Denn unabhängig von der Spielfigur werden die meisten Begegnungen auf die altmodische Art und Weise gemeistert: Mit einem Tastendruck schaltet man den Gegner aus, bis er den Spieler entdeckt, und drückt dann die Angriffs- und Ausweich-Tasten, bis der Sieg ohne großes Trara errungen ist.

Die Ausnahmen von dieser Regel sind die Bosskämpfe, von denen einige wirklich sehr fesselnd sind, zumindest in den ersten paar Minuten. Die Bosse stellen eine große Herausforderung dar und verlangen in der Regel, dass man die Hilfsmittel, die uns zur Verfügung stehen, auch wirklich einsetzt. Nach ein oder zwei Minuten werden die Bosse von Gotham Knights jedoch von spannenden und ungewöhnlichen Begegnungen zu extrem langweiligen Angelegenheiten. Entwickler WB Games Montreal hat ein sehr begrenztes Schwierigkeitskonzept, das größtenteils darin besteht, den Lebenspunktebalken des Gegners sehr groß zu machen, was bedeutet, ihr, sobald ihr das Muster des Bosses erlernt habt, nur noch dieselben Aktionen ausführen müsst, bis aus dem sehr großen Balken ein sehr kleiner wird. Das bedeutet, dass die Endgegner, auch wenn sie anfangs spannend sind, am Ende einfach nur noch nerven.

Spaßige Konzepte treffen auf eine langweilige Umsetzung

Viele Elemente von Gotham Knights wirken leider eher wie Ablenkungen. Das Crafting-System ist fast schon komisch sinnlos. Es sieht optisch nach einem Free-to-Play Titel aus und alle paar Stunden ins Menü zu gehen und auf den Anzug oder die Waffe mit der größten Zahl daneben zu klicken, reicht aus, um durch das gesamte Spiel zu kommen. Die Verteilung von Fähigkeitspunkten ist ähnlich. Jeder Charakter hat einen Fertigkeitsbaum, aber es gibt fast keine Verzweigungen und die Fertigkeiten sind recht öde, mit vielen passiven Effekten wie mehr Schaden bei Gegnertyp X. Ein etwas interessanterer Zweig kann erst nach dem Beenden mehrere Nebenaktivitäten aufgedeckt werden und schaltet bespielsweise für Batgirl das Gleiten frei. Doch das dauert. Doch kommen wir zu einem kleinen Highlight, dem Koop-Modus. Für diesen Test haben wir leider nicht viel Zeit darin verbringen können, aber das wenige, was wir gespielt haben, war sehr unterhaltsam, da einem die komplette Karte zur Verfügung steht und jeder für sich Verbrechen bekämpfen und absolvieren kann. Oder man hilft sich gegenseitig bei Story-Missionen und schleicht zusammen durch die Gänge. Doch neben ein paar einzelnen Team-Moves gibt es nicht viel, was durch das gemeinsame Spielen besonders wird, da die Welt und die paar NPCs, die auf den Straßen herumirren, nicht darauf reagieren.

Trotz alledem ist es schwer, Gotham Knights komplett abzutun. Keine Frage, das Spiel ist kein würdiger Nachfolger zu Arkham Knight. Aber alles rund um das Spiel ist eigentlich sehr gut. Die vier Helden zum Beispiel sind mit einem erstaunlichen Sinn für Persönlichkeit und Emotionen geschrieben. Jeder von ihnen hat seinen eigenen inneren Kampf. Batgirl, auch bekannt als Barbara Gordon, hat mit dem Verlust von Batman und ihrem Vater Jim Gordon zu kämpfen und mit der Verantwortung, die es bedeutet, in die Fußstapfen beider zu treten. Red Hood, auch bekannt als Jason Todd, holt die verlorene Zeit nach seinem Tod und seiner Wiederauferstehung nach. Nightwing, alias Dick Grayson, war der erste Handlanger von Batman, und in die Fußstapfen seines Mentors zu treten, ist ein großer Stolperstein. Robin, alias Tim Drake, ist der Jüngste im Bunde und hat das Gefühl, dass er nicht die Chance bekommen hat, aus Batmans Schatten herauszuwachsen. Jeder dieser Charaktere ist wunderbar geschrieben und ihre individuellen Züge, die in Zwischensequenzen gezeigt werden, die im Laufe des Spiels zum Tragen kommen, sind oft wirklich emotional. Der Rest der Besetzung des Spiels wird mit ähnlicher Liebe behandelt und sie alle werden von einer wirklich sehr guten Sprachbesetzung zum Leben erweckt. Die Interaktionen zwischen den Charakteren wirken dynamisch und sind narrativ definitiv das Highlight des Spiels.

Nächtliche Streifzüge durch Gotham wiederholen sich schnell

Die eigentliche Geschichte des Spiels ist ebenfalls spannend, wenn auch vorhersehbar. Sie erzählt von einem geheimen Krieg in Gotham zwischen dem Hof der Eulen und der Liga der Schatten, zwei verschiedenen zwielichtigen Mörderkulten, die nach den Geheimnissen des ewigen Lebens suchen. Es ist ein brauchbarer Verschwörungsthriller, der einigen wenig genutzten Batman-Schurken etwas Zeit im Rampenlicht verschafft. Auch andere Mitglieder der Schurkengalerie kommen in ähnlich gut geschriebenen Nebenquests zu ihrem Recht. Zwar scheint man sich wenig Gedanken darüber gemacht zu haben, wie diese Nebengeschichten mit der Haupthandlung verknüpft sind (an einer Stelle leitet Mr. Freeze einen nuklearen Winter über Gotham ein, was buchstäblich keine Auswirkungen auf irgendetwas außerhalb der einen Mission hat), aber sie finden dennoch spannende Wege, klassische Schurken neu zu interpretieren. Harley Quinn zum Beispiel hat sich in eine Elizabeth Holmes-ähnliche Pharmabetrügerin verwandelt, was wirklich unterhaltsam ist.

Der Rest von Gotham City ist im Vergleich dazu leider nicht ganz so fesselnd zu erkunden und auch optisch nicht sehr beeindruckend. Es gibt Verbrecher, die in den Straßen ihr Unwesen treiben und denen man das Handwerk legen muss, Zeitprüfungen für das Batcycle, Drohnen, die man scannen muss, um Schnellreisepunkte freizuschalten, und andere Ablenkungen. Allerdings mangelt es an Abwechslung, und nachdem ich ein paar davon ausprobiert hatte, fühlte ich mich nur noch gezwungen, bei der Hauptgeschichte zu bleiben, die viel interessanter war. Ärgerlicherweise muss man sich bei einigen der Hauptfälle durch die Stadt schlängeln, mit Füllzielen wie „verhöre 4 Bandenmitglieder hier“ oder „verhindere 3 Verbrechen dort“, was es leider künstlich in die Länge zieht. Auch die Tatsache, dass ich zwischen jedem wichtigen Handlungspunkt zum Unterschlupf zurückkehren musste, war etwas lästig. Oft wünschte ich mir, ich könnte einfach in der offenen Welt weitermachen, anstatt immer wieder zur Basis zurückzukehren.

Fazit

Gotham Knights sollte trotz des Namens nicht mit der Arkham-Reihe verglichen werden. Denn es kann grafisch und atmosphärisch nicht mithalten. Dafür hat es mit vier gut geschriebenen Charakteren, kurzweiligen Kämpfen und der Möglichkeit auf Koop aber andere Stärken. Diese reichen zwar nicht, um komplett von den langweiligen Nebenmissionen und dem uninspirierten Crafting abzulenken, sorgen aber immer wieder für Spaß und Unterhaltung.

Street Fighter Collection Wertung

Gotham Knights erscheint am 21. Oktober 2022 für PC, Xbox Series und PlayStation 5.

Positiv:

+ vier gut geschriebene Protagonisten

+ Hauptmissionen mit teils unbekannteren, gut inszenierten Schurken

+ simple Kämpfe, die aber Spaß bieten

+ Koop-Modus

+ über 15 Kostüme pro Charakter

+ schöne musikalische Untermalung

Negativ:

– optisch teils sehr langweilig

– Crafting fühlt sich deplatziert an

– freischaltbare Fähigkeiten sind nichts besonderes

– Boss-Kämpfe werden schnell repetitiv

– Bewegungsmöglichkeiten durch die Stadt bleiben lange sehr eingeschränkt

– auf Konsolen nur 30 FPS

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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