Review: Fort Solis – Immersives Kammerspiel auf dem Mars

Als Fort Solis im vergangenen Jahr auf dem Summer Games Fest 2022 angekündigt wurde, gingen viele davon aus, dass es sich um ein typisches Sci-Fi-Horrorspiel in der Art von Dead Space, The Callisto Protocol und Alien: Isolation handeln würde. Nachdem ich jedoch die Gelegenheit hatte, das Spiel in die Hand zu nehmen, ist klar, dass die Entwickler Fallen Leaf und Black Drakkar Games ein ganz anderes Spielerlebnis anstreben, das sich nicht nur von seinen Sci-Fi-Horror-Kollegen abhebt, sondern auch eine interessante Geschichte mit einigen bekannten Gesichtern bietet. Wie uns das gefallen hat, erfahrt ihr in unserem spoilerfreien Test.

Ein kleiner Zwischenfall

Ihr spielt den Techniker mit dem originellen Namen Jack, welcher auf einer Station auf dem Mars auf ein Notsignal von Fort Solis reagiert. Direkt zu Beginn wird einem dabei recht schnell klar, dass euch hier kein actiongeladener Shooter, sondern ein sehr auf die Geschichte konzentrierter Thriller erwarten wird. Denn die Stimmung wird direkt zu Beginn gut eingefangen. Mit schönen Kameraschwenks, komplett per Motion-Cap animierten Sequenzen und der bekannten Stimme von Roger Clarke, welcher euch aus Red Dead Redemption 2 bekannt sein dürfte. Manche berichteten dabei ja vorab, dass es etwas gewöhnungsbedürftig sei ihn abseits des Western-Hits zu hören, aber ich muss sagen, ich hatte damit keinerlei Probleme. Begleitet werdet ihr dabei von Beginn an von der Stimme eurer Kollegin Jessica, welche euch nicht nur gut unterhält, sondern auch ein Auge auf die Situation hat. Und der Arzt Wyatt, gespielt von Troy Baker, welcher versucht Herr der Situation zu werden und selber den mysteriösen Umständen auf der Station nachgeht. Denn da auf das Notsignal hin niemand antwortet, muss sich Jack einmal selbst auf den Weg zu Fort Solis machen und herausfinden was da vorgeht.

Atmosphäre ist das A und O in Fort Solis und das ist ein weiterer Bereich, den Fallen Leaf genau richtig hinbekommen zu haben scheint. Neben Spielen wie Firewatch erwähnt Dear Villagers, dass Filme wie Moon aus dem Jahr 2009 und Ad Astra aus dem Jahr 2021 große Einflüsse auf Fort Solis hatten und das merkt man beim Spielen. Im Gegensatz zu Dead Space oder sogar Alien: Isolation gibt es keine übergreifende Bedrohung oder ein Monster, das darauf wartet, euch zu erschrecken. Stattdessen kommt das Grauen daher, wie normal alles zu sein scheint. Wenn man in der Vergangenheit Horrorspiele gespielt hat, die im Weltraum angesiedelt waren, ist man darauf konditioniert, dass man beim Öffnen von Türen oder beim Betreten eines neuen Raums endlich eine unsichtbare außerirdische Kreatur zu Gesicht bekommt, die bereit ist, über einen herzufallen. Fallen Leaf kanalisiert dies, indem es die Merkmale eines typischen Sci-Fi-Horrorspiels präsentiert, aber etwas methodischer vorgeht. Die Art und Weise, wie das Spiel präsentiert wird (in einer engen Third-Person-Perspektive), trägt ebenfalls zu dem insgesamt angespannten Gefühl bei. Die Räume sind groß, fühlen sich aber klein an, weil man dem Protagonisten sehr nahe ist, und wenn man sich umschaut, fühlt es sich an wie eine große, schwungvolle Kamerabewegung, die einen auf einen Schrecken vorbereitet, der nicht da ist.

Atmosphärisch zieht es einen sofort ins Spiel hinein

Spielerisch dürft ihr nicht allzu viel erwarten, doch das muss nicht schlimm sein. Fort Solis richtet sich an Fans von Telltale Games oder den Spielen der Dark Pictures Anthology, die alle vielmehr als Film zum Spielen verstanden werden wollen. Ebenso ist es hier. Ihr durchkämmt die scheinbar leere Station und findet auf eurem Weg allerhand Audioaufnahmen oder Videodateien, die vielleicht etwas mehr Aufschluss darüber geben, was genau denn passiert ist. Zwischendurch gibt es kleinere Spielereien wie ein Zauberwürfel, welcher komplett gelöst werden kann oder eine angefangene Partie Billard, bei der Jack eben noch den letzten Stoß ausführt. Wunderbar eingefangen wird dabei die Einsamkeit dieser Station, auf der wenige Menschen wirklich mehrere Monate verbingen müssen, ohne einen wirklichen Draht nach außen oder zur Erde zu haben. Und genau das fangen diese banal wirkenden Aktivitäten wunderbar ein. Denn eine Frage stellt sich einem die ganze Zeit dabei. Stimmt das alles, was man von der Crew hört oder was genau geht hier denn eigentlich vor.

Ein bisschen Action gibt es aber dann doch hin und wieder und diese were genretypisch mit Quick-Time-Events gelöst. Doch keine Sorge, diese werden wirklich spärlich benutzt und das Spiel lässt seine Stimmung gerne atmen, ohne auch immer wieder mit einem Jump-Scare um die Ecke zu kommen. Besonders gefallen hat mir dabei der Soundtrack, welcher neben einer sehr schönen Gruselstimmung es auch schafft die Isolation weiter auszumalen und euch immer wieder ein Unbehagen bereitet, ohne dabei aber zu sehr in den Vordergrund zu treten. Zusammen mit den wirlkch großartigen Stimmen der Protagonisten wird dabei ein wirklich filmreifes Erlebnis geschaffen, was man sich definitv einmal anschauen sollte. Doch auch wenn wir hier geschichtlich nicht mehr verraten wollen, so erwartet keine allzu große Revolution der Story, denn auch wenn diese in der ersten Akten großartiges aufbaut, so kommt das eigentliche Ende recht abrupt und die Wendungen davor sind etwas vorhersehbar.

Ein paar klemmende Türen im Spieldesign

Neben der Geschichte, die gegen Ende hin etwas an Spannung verliert, aber dennoch super umgesetzt wurde, gibt es noch ein paar kleine störende Dinge. Warum man im gesamten Spiel keinerlei Möglichkeit hat zu sprinten oder etwas schneller zu laufen, entzieht sich wirklich meinem Verständnis. Denn seid ihr wie ich und wollt alle Audio- und Videoaufnahmen finden, so werdet ihr auch einmal auf der Oberfläche des Mars unterwegs sein, um zu anderen Komplexen der Station zu laufen oder zwischendurch die Umgebungen absuchen. Und all dies im Schritttempo. Für die Immersion innerhalb der Geschichte ist dies natürlich passend, aber abseits wäre ein Rennen-Knopf wirklich viel wert gewesen. Dazu gesellen sich noch ein paar unrealistische Entwicklungen was das Überleben mit verschiedenartigen Verletzungen angeht, auf die wir aber aufgrund von Spoilern nicht eingehen können. Außerdem ist die auf eurem Arm befindliche in eine Art Datapad eingearbeitete Karte wirklich eine Zumutung, da ich mit dieser bis zum Ende des Spiels einfach nicht zurecht kam. Nie wusste ich wo genau ich jetzt bin, da sich der Standpunkt nicht so richtig mit aktualiseren wollte.

Grafisch ist das Spiel übrigens top und besonders die Gesichtsanimationen der Crew sind umwerfend. Die verschiedenen Bereiche der Station sind detailiert umgesetzt und wirken zu jeder Zeit realistisch und glaubhaft umgesetzt, mit allerhand liegengelassener Objekte, angefangenen Kartenspielen oder einem durchwühltem Bett. Dazu kommen die sehr detailreichen Notizen an Wänden oder auf den Schreibtischen, welche beim richtigen Winkel sogar ohne diese aufzunehmen gelesen werden können. Ein paar Untergrundtunnel fallen hier etwas weniger gut designt aus, kommen dafür aber auch nicht zu häufig vor und können so ignoriert werden. Der Fotomodus wird seinem Namen hier wirklich gerecht und häufig habe ich damit wirklih an verschiedene Post-Its oder Bilder herangezoomt, nur um zu merken, dass man das alles ja auch wirklich lesen kann und sich dabei immer etwas gedacht wurde. So erschafft man eine Welt und so erkundet man diese als Spielender auch gerne.

Fazit

Fort Solis ist ein spannendens Sci-Fi-Thriller-Erlebnis, was einen neben großartigen Stimmen und einer immersiven Atmosphäre zu jeder Zeit in seinen Bann ziehen kann. Es erfindet das Genre weder neu, noch wird einen die Geschichte komplett umhauen, aber die Umsetzung ist fabelhaft und grafisch beeindruckend. Es wird von ein paar Ungereimtheiten wie dem letzten Akt zwar zurückgehalten, doch lohnt sich dennoch ohne Zweifel für jeden Fan von Science-Fiction oder filmischen Spielen.

Solo Wertung

Fort Solis erscheint am 22. August für PlayStation 5 und PC.

Positiv:

+ großartige Grafik

+ qualitativ hochwertige Sprecher

+ Immersive, spannende und beklemmende Atmosphäre

+ filmreife Inszenierung durch Kamera und Motion-Capturing

+ spärlich eingesetzte QTEs super implementiert

Negativ:

– nur Schritttempo

– letzter Akt etwas abrupt

– teils verwirrende Karte

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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