Review: Forspoken – Ein magisches Abenteuer in einer Open-World ohne Zauber

Project Athia – Unter diesem Namen wandten sich Luminous Prodcutions erstmals mit ihrer brandneuen IP an die Öffentlichkeit. Dabei wollten die Schöpfer von Final Fantasy XV mit einer Fantasie-Welt voller Magie aufwarten, die Fans waren begeistert. Seitdem pflasterten zahlreiche eindrucksvolle Trailer den Weg zum offiziellen Release. Viele Fans sahen in Protagonistin Frey ein Pendant zu Aloy aus Horizon Zero Dawn. Das Bild einer starken, mutigen Frau, noch dazu einer person of color, die die Welt retten soll. Doch spätestens einen Monat im Vorfeld offenbarte die erste und einzige Gameplay-Demo erstmals Athias wahres Gesicht. Erste Zweifel kamen auf am potenziellen nächsten Videospielhit. Ob Forspoken seinen hohen Erwartungen gerecht, oder doch vom großen Hype erschlagen wird, verraten wir euch in unserem Review!

Ein „Waisenkind“ aus New York

Die Geschichte von Forspoken handelt von Frey Holland, einer jungen, taffen Frau, sesshaft in New York City. Als Waisenkind aufgewachsen, fühlte sie sich nie geliebt und schlitterte so von einem Problem ins andere. Und eines dieser Probleme solle ihr Leben an einem schicksalshaften Abend für immer verändern. Auf der Flucht vor einer skrupellosen Straßengang findet Frey einen Armreif, welcher sie wie von Geisterhand magisch anzog. Und als sie diesen anlegte, offenbarte sich eine völlig neue Welt vor ihren Augen: Athia! Doch so schön diese Welt auf dem ersten Blick auch war, als so gefährlicher entpuppte sie sich. Doch Reif sei Dank war sie nicht alleine, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn der Armeif sprach mit ihr und klärte sie über die Umstände der magischen Welt auf. Einst herrschten gütige Matriarchinnen über Athia, doch diese wurden von einem Fluch, dem sogenannten Bruch korrumpiert. Und der einzige Weg nach Hause besteht nun darin, sich diesem Übel zu stellen.

Grundsätzlich ist die Ausgangsbasis von Forspoken und eurer Heldenreise damit geschaffen. Im rund zweistündigen Intro folgt eine Zwischensequenz der nächsten, angefangen in New York. Und hier ist bereits einer der größten Kritikpunkte. Frey befindet sich direkt zu Beginn nach einem Aufenthalt vor Gericht in den Fängen einer kriminellen Bande wieder. Zwar entkommt sie dieser, aber es wird zu keinem Zeitpunkt erklärt, wie es zu dieser prekären Lage kommen konnte. Frey dürfte also augenscheinlich keine so weiße Weste haben, nicht die besten Voraussetzungen für eine Heldin. Erschwerend hinzu kommt zudem ihr Wortschatz, der nur so vor Schimpfwörtern strotzt. Auch im weiteren Verlauf der Handlung zeichnet sich die Protagonistin mit fragwürdigen und empathielosen Aussagen aus. Doch anstatt zu reflektieren wird dem Spieler ständig Freys Opferrolle als Waisenkind auf die Nase gebunden. So ist es schon erstaunlich, dass der wahre Gewinner über den fast gesamten Spielverlauf der sprechende Armreif ist.

Mogelpackung Open World

Nun fragt ihr euch wahrscheinlich, wie ein sprechender Armreif zur wohl wichtigsten Bezugsperson werden konnte? Die Antwort ist schnell gefunden: Es gibt kaum Alternativen! Im Zentrum Athias steht mit Cipal die einzige bewohnte Stadt. Denn der Rest der Lande im Umkreis wird vom sogenannten Bruch heimgesucht, welcher alles menschliche Leben auslöscht. Mit Ausnahme das der vier Matriachinnen, den Tantas…die es ja wie eingangs erwähnt zu besiegen gilt. So lernt ihr im Zuge der rund 15 bis 20 stündigen Handlung in Cipal lediglich DREI relevante Nebencharaktere für die Geschichte kennen. Sonst hat die Stadt nämlich wenig zu bieten, also raus in die offene Spielwelt! Und diese folgt der klassischen Formel. Das Anfangsgebiet ist mit Wiesen übersät und demnach am Einfachsten zu bewältigen. Im Anschluss folgt die Suche und Jagd nach den Matriarchinnen den klassischen Elementen der Natur. So steht beispielsweise Feuer für düstere Einöden, Wasser für See- und Waldlandschaften.

Hier muss man lobend erwähnen, dass Athia glücklicherweise nicht zu groß gehalten ist. Riesige Landkarten wie in Assassins Creed bleiben Perfektionisten erspart. Dennoch hat man bei Luminious Productions keine Kosten und Mühen gescheut, diese mit zahlreichen Aktivitäten zu füllen. Zufluchten und Aussichtstürme dienen als Schnellreisepunkte oder decken Teile der Karte auf. Verlassene Ruinen und Städte beherbergen Ausrüstung und Archiveinträge. Sogenannten Erinnerungsfragmente schalten zeitliche Herausforderungen frei, Labyrinthe fungieren als Mini-Dungeons. Und diese Liste könnten wir tatsächlich noch mit zahlreichen Aktivitäten weiterführen. Leider verliert die Erkundung der Spielwelt schnell an Reiz. Zum einen weil mehr als die Hälfte der Anfangsgebiete erst mit Fähigkeiten aus dem Endgame vollständig erkundet werden können. Und zum Anderen erwarten euch an  fast jeder Ecke feindlich gesinnte Einwohner, von Tieren, Monstern bis hin zu den Kriegern der Tantas. Hier sorgt zumindest das Magiesystem für positive Stimmung, denn das kann sich mehr als sehen lassen!

Rasante Magie- und Parkoureinlagen

Denn Frey darf über eine ordentlich Palette an Zaubersprüchen in- und außerhalb der Kämpfe zurückgreifen. Während die Heldin zu Beginn noch über nur einen Magiebaum verfügt, wächst das Repertoire im Laufe des Spiels auf bis zu vier Stück an. Doch noch ist kein Meister vom Himmel gefallen, weswegen der Großteil erst erlernt werden muss. Hierfür ist Mana notwendig, welches ihr nicht nur beim Levelaufstieg erhält, sondern auch in der weitläufigen Spielwelt an jeder Ecke finden könnt. Je mehr magische Attacken ihr lernt, desto mehr Spaß machen die Gefechte. Mit der rechten Schultertaste werden leichte Angriffe eingesetzt. Mit der linken Schultertaste Magieattacken, die eine Abklingzeit mit sich bringen. Und bei fleißigem Einsatz winkt sogar eine verheerende Spezialattacke. Unendlich kann das aber alles nicht eingesetzt werden, denn Frey verfügt neben der Lebensleiste auch über eine Ausdauer.  

Diese Ausdauer kommt besonders dann zu tragen, wenn ihr die offene Spielwelt bereist. Denn das einzige Fortbewegungsmittel ist auch hier die Magie. Mit dieser wird jede Ebene, jeder Berg oder jedes Hindernis zu einem riesigen Parkour. Und wer einmal mit den ganzen Fähigkeiten vertraut ist, der erforscht Athia grazil und auf flotten Sohlen. Das macht stellenweise sogar richtig Spaß und motiviert bei der Suche nach Geheimnissen. Zudem können all jene, die über nicht viel Freizeit verfügen, ebenfalls einen Dank an Luminous Productions aussprechen. Denn zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten im Menü erleichtern und beschleunigen das Spielerlebnis enorm. Angefangen von kleinen Adaptionen wie der Einnahme von Heiltränken in Extremsituationen bis hin zum automatischen Ausweichen bei Angriffen, wird viel geboten. Diese Einstellungen können jederzeit aktiviert bzw. deaktiviert werden, je nachdem wie intensiv ihr Forspoken erleben wollt.

Ein Abstecher zu wenig

Ist der Abspann nach zwölf Kapiteln über den Bildschirm geflimmert, kann man Athia weiterhin bereisen. Dabei schalten sich noch zusätzliche Nebenmissionen frei, die die eine oder andere Trophäe mit sich bringen. Darüber hinaus gibt es aber lediglich noch die offenen Aktivitäten abzuarbeiten oder die Zaubersprüche zu verbessern. Denn generell hat Forspoken neben seiner Story nicht viel Erzählerisches zu bieten. Eine Schwäche, die Entwickler von Luminous Productions auch schon bei Final Fantasy XV offenbart haben. Dort zumindest konnte man sich auf den Film und die vierteilige Anime-Serie als Prequel stützen. Wer die nicht gesehen hat, hat von der Handlung nicht alles mitbekommen. Und so ähnlich fühlt sich auch das Abenteuer von Frey an. Denn ihre Vorgeschichte in New York wird überhaupt nicht thematisiert, die Stadt ist zudem nur Randerscheinung. Hier hat man bedauerlicherweise extrem viel Potenzial liegen lassen, was dem Titel rückwirkend nun leider zum Verhängnis wird.

Fazit

Die Hoffnungen der Fans waren riesig, dass mit Forspoken der nächste potenzielle Hit aus dem Hause Square Enix entsteht. Leider offenbaren die Entwickler von Luminous Productions bei der Erzählweise der Handlung erneut eine große Schwäche. Erschwerend hinzu kommt eine von Grund auf unsympathische Protagonistin, die in Ermangelung an unterstützenden Nebencharakteren umso mehr im Fokus steht. Da kann selbst das unverbrauchte und stark ausgearbeitete Magie-System nicht mehr viel retten.

Positiv:

+ Sehr vielschichtiges Magiesystem

+ Parkour gut in die Open World integriert

+ Zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten beim Spielen vorhanden

Negativ:

– Die Open World ist sehr leblos, dafür aber viel zu überladen mit Nebenaktivitäten

– Nervige Protagonistin in einer linearen, wenig packenden Geschichte

– Kaum nennenswerte Nebenmissionen oder Charaktere

Forspoken ist am 24.Jänner 2023 für PC und PlayStation 5 erschienen.

Getestet wurde die PlayStation 5 Version. Beim Spielen kam es zu keinen technischen Fehlern, die das Spielerlebnis beeinträchtigt haben.

Teilt uns eure Meinung mit

Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz

No comments yet.

Leave Your Reply