Review: Fly Punch Boom! – Skurriles Beat’em Up im Cartoon-Look

Die Entwicklung eines Videospiels beschäftigt in der Regel stets ein mehrköpfiges Team und je nach Umfang eines Titels wandern nach Abspann in den Credits Hunderte von Namen über den Bildschirm, ehe man guten Gewissens das Pad aus der Hand legen kann. Dass die Anzahl der daran beschäftigten Personen im Umkehrschluss nicht für den Erfolg oder Misserfolg stehen, das will euch Gabriele Libera, seines Zeichen alleiniger Entwickler bei Jollypunch Games beweisen. Dieser hat nach Abschluss seines Studiums im Jahr 2015, in einer völlig anderen Fachrichtung wohlgemerkt, einfach sein eigenes Entwicklerstudio gegründet und arbeitet seither, mit einem kleinen Umweg, am Release seines allerersten Videospiels. Fly Punch Boom! lautet der Titel und dieser soll laut eigenen Aussagen all jene ansprechen, die sich mal gerne so richtig in einem Beat’em Up prügeln wollen bis zum Entgleiten der eigenen Gesichtszüge, während man den Gegner mit wuchtigen Hieben in skurrile Situationen befördert. Was Gabriele damit genau meint und ob uns sein Premieren-Titel im Test überzeugen konnte, das verraten wir euch selbstverständlich jetzt.

Darf ich vorstellen: Die Punchies

Am Anfang schuf Gott die ganze Welt. Aber dort war alles dunkel und leer. Noch lebten keine Menschen, Tiere oder Pflanzen dort. Aber Gott war da…und die Punchies! Willkommen bei Fly Punch Boom!, wo sich nicht muskelbepackte Kampfsportler eines auf die Rübe geben, sondern unsterbliche, geschlechtslose Kreaturen die sich mittels Kampf fortpflanzen. Seien es eine Ente mit Elvis-Frisur, ein dickes Schwein in Latzhose oder eine Skelett-Dame mit Afro, die Punchies nehmen unterschiedliche Formen an und bilden die Spitze der Evolution. Niemand weiß, wer der erste Punchie der Geschichte war, doch eines steht fest: Wenn ein neuer geboren wird, dann kommt es zu einer Verschmelzung der besten Fähigkeiten der beiden Kämpfer. Mit dieser Vorgeschichte liefert man zu Beginn schon mehr Handlung, als so mancher Spielhallen-Prügler, aber im Grunde war es das dann auch schon, denn mehr als ein Mittel zum Zweck ist man hier nicht. Wer dennoch mehr über die jeweiligen Punchies in Erfahrung bringen will, der kann dies im klassischen Arcade-Modus machen, wo es ordentlich zur Sache geht, denn der Titel Fly Punch Boom! ist keineswegs aus der Luft gegriffen.  

Acht Punchies stehen zur Auswahl, zwei gibt es zum Freispielen

Fly Punch Boom! – der Name ist Programm

Wie bereits der Name verrät, gilt es zunächst zum Gegner zu fliegen, diesen dann im direkten Duell eine verpassen und abschließend in die Ferne wegzuschleudern. Klingt in der Theorie einfach, stellt sich in der Praxis aber nicht immer als einfaches Unterfangen heraus. Grund hierfür sind die großen Arenen in denen ihr umherfliegt, denn diese sind vollgepackt mit Hindernissen und erschweren den Anflug auf den Kontrahenten. Schafft ihr es jedoch, den „Dash“ gezielt auf ihn zu richten und den sogenannten „Clash“ einzuleiten, dann beginnt das große Zufallsprinzip. In bester Schere – Stein – Papier Manier, die sich in Fly Punch Boom! mittels Attacke, Wurf und Konter darstellt, überlasst ihr den Erfolg dem Zufall. Aber auch das Timing ist hier entscheidend, denn bevor der direkte Schlagabtausch überhaupt startet, gilt es im richtigen Moment einen sich aufladenden Balken rechtzeitig zu stoppen. Geschieht das zu früh, verliert ihr automatisch den Clash und geratet ins Hintertreffen. Setzen beide Kontrahenten jedoch denselben Angriff ein, dann wird der Sieger durch simples butten-mashing entschieden. Dieses Prozedere wiederholt ihr im Anschluss so lange, bis die Energieleiste des Widersachers leer ist. Es gibt aber auch einen anderen Weg um zu gewinnen, denn das Kampfprinzip besteht neben Fly (Dash) und Punch (Clash) natürlich auch aus dem Boom! und der hat es in sich!

Das Kampfsystem sieht simpel aus, ist in der Hitze des Gefechts aber gar nicht so leicht umzusetzen

Mit Humor zum Sieg

Neben dem Kampfsystem lebt Fly Punch Boom! nämlich auch von seinen abgedrehten Arenen, wovon es zwar nur fünf an der Zahl gibt, diese jedoch nur so vor Gefahren wimmeln. Denn je nachdem, wohin ihr euren Gegner nach dem Clash wegschleudert, kann es vorkommen, dass sich dieser mit einer unmittelbaren Niederlage konfrontiert sieht. Mal geschieht dies durch einen einstürzenden Wolkenkratzer, einen Planeten der euch verschlingt oder einer großgewachsenen Katze, die euch gnadenlos zerfleischt. Hier gilt es, das drohende Unheil ähnlich wie beim „Clash“, mit dem sich ladenden Balken rechtzeitig abzuwenden, ansonsten geht die Runde direkt verloren. Ähnliche Szenarien warten aber nicht nur innerhalb der Arenen auf euch, sondern auch beim Ring-Out, das nach demselben Prinzip verläuft. Doch Obacht, denn je öfter ihr solchen brenzligen Situationen entkommt, desto schwieriger wird es beim nächsten Mal. Doch die Punchies wären keine mächtigen Kreaturen, wenn sie sich nur auf externe Einflüsse verlassen würden.

Die Arenen sind riesig und voll von Gefahren

Mit fortschreitender Kampfdauer kann es nämlich schon mal vorkommen, dass in der Arena vor Macht strotzende Kugeln auftauchen. Wer davon zwei einsammelt, der darf im Anschluss einen mächtigen Angriff starten, der dem Gegenüber nicht nur eine große Menge seines Lebensbalkens kostet, sondern diesen im Optimalfall gleich direkt ins Jenseits befördert. Schnelligkeit wird hier groß geschrieben, womit wir auch direkt zum springenden Punkt kommen. Spielt ihr Fly Punch Boom! gegen die KI, dann ist diese euch häufig einen Schritt voraus und schneller bei den Power-Ups, als euch lieb ist. Schon auf dem ersten von drei Schwierigkeitsgraden „Einfach/Normal/Schwer“ gestalten sich die Kämpfe als sehr fordernd, mitunter langwierig und teilweise auch frustrierend. Oft hat man das Gefühl, im „Clash“ regelmäßig den Kürzeren zu ziehen und die vierzig Level-Gefahren bestrafen zusätzlich jede noch so kleine Unachtsamkeit. Dies ist besonders dann ärgerlich, wenn ihr im Duell die Oberhand habt, euch aber eine kleine Blöße gebt und den Ladebalken zum falschen Zeitpunkt abdrückt. An solchen Stellen sind wir dann beim Faktor „Frust“ angelangt, den jedes Kampfsystem mit sich bringt, das auf dem Zufallsprinzip basiert. Doch was man im Singleplayer falsch macht, macht man dafür im Multiplayer besonders gut.

Hier wird euer Ring-Out von einem riesigen Oktopus bestraft

Multiplayer Spaß²

Fly Punch Boom! kann mit bis zu drei Freunden im 4-Spieler-Modus lokal oder online gespielt werden, wo der Bildschirm nur so glüht vor grellen Farben, knallharten Anime-Sounds und durch die Gegend fliegenden Punchies. Das ist fürs erste natürlich auch sehr unübersichtlich, macht aber trotzdem einen Riesenspaß. Etwaige Unterschiede im Skill-Level werden hier durch das Zufallsprinzip ausgehebelt, was jedes Duell offen gestaltet und für alle Mitspieler gleichermaßen zu Spannung führt. Durch die recht kurzweiligen Runden und die unterschiedlichen Arenen ist man hier in einer großen Runde über einen längeren Zeitraum gefesselt und kommt in den vollen Genuss des abgedrehten Beat’em Ups. Besonders dann, wenn man sich kein knallhartes Gefecht mit der starken KI liefern muss, ist das Ableben durch eine der skurrilen Gefahren nicht mehr ganz so ärgerlich. Dementsprechend steht im Multiplayer der Spielspaß im Vordergrund, der durch den Cartoon-Look nur noch verstärkt wird, im Einzelspieler dafür weitgehend auf der Strecke bleibt.

Im Multiplayer macht ein Clash gleich doppelt so viel Spaß

Fazit

Man merkt, wieviel Herzblut in Fly Punch Boom! steckt, denn hier handelt es sich definitiv um ein Beat’em Up, das man in der Form noch nicht erlebt hat und mit einzigartigem Charme und humorvollen Arenen besticht. Während sich Einzelspieler schnell langweilen und die KI der Gegner stellenweise unfair schwer scheint, so lässt der Titel besonders im Multiplayer seine Muskeln spielen und verspricht zahlreiche unterhaltsame Stunden.

Positiv:

+ Witzige Figuren und sehr kreative Arenen

+ Einfaches aber forderndes Kampfsystem

+ Stark im Multiplayer…

Negativ:

– …aber langweilig im Einzelspieler

– Gegner-KI teilt zu ordentlich aus

– teilweise unübersichtlich und zu hektisch

Fly Punch Boom! erscheint am 28.Mai 2020 für PC und Nintendo Switch und ist für einen Preis von 14,99 € erhältlich.

Teilt uns eure Meinung mit

Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz