Mit dem ersten Teil von Fallout im Jahr 1997 hat Black Isle Studios den Grundstein für eine Action-Rollenspielserie gelegt, die dank Bethesda Games seinen vorläufigen Höhepunkt im November 2015 mit Fallout 4 fand. Aufgrund zahlreichen Topwertungen konnte man den großen Stellenwert des postapokalyptischen Abenteuers erneut unter Beweis stellen, weswegen man abenteuerlustigen Vault-Jägern zwei hervorragende DLCs und zahlreiche Erweiterungen nachlieferte. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen auf einen fünften Ableger, ehe im Rahmen der E3 die Bombe platzte und Bethesda mit Fallout 76 eine Welt präsentierte, die sich nur online im Beisein anderer Spieler erkunden lässt. Wir haben uns für euch bereits ausführlich nach Appalachia gewagt, und was wir dabei erlebt haben, das verraten wir euch jetzt in unserem Review!
Abenteuer in Appalachia
Wie bereits in Fallout 4 beginnt eure Reise im hier namensgebenden Vault 76, wo ihr zunächst einen Charakter im sehr umfangreichen Editor erstellt. Doch keine Bange, denn das Spiel lässt euch dort nicht allzu lange verweilen sondern setzt euch im Anschluss direkt vor die Türe, denn der „Tag der Reklamation“ ist endlich gekommen! Eure Aufgabe ist es, die Welt von Appalachia, die das amerikanische West Virginia repräsentieren soll, wieder zu rekultivieren und eine Zivilisation entstehen zu lassen. Wie ihr dieses Unternehmen in die Wege leiten sollt, das erfährt ihr über Holobänder die ihr mit eurem für die Serie typischen Pip-Boy abspielen könnt. Anders als in den Teilen zuvor werdet ihr auf eurem Abenteuer kaum auf NPCs treffen, die ganze Handlung spielt sich fast ausschließlich nur auf Tonband ab! Dies lässt die Welt von Appalachia erschreckend leblos wirken, denn außer auf Monster und Mutanten trefft ihr nur selten auf andere menschliche Mitspieler. Doch diese sollen nicht eure größte Sorge sein!
Ein Kampf zwischen Mutanten und menschlichen Bedürfnissen
Im Laufe eurer Reise trefft ihr auch in Fallout 76 wieder auf zahlreiche Gefahren, die im Ödland lauern. Von Ghoulen, Supermutanten und Maulwurfsratten bis hin zu Todeskrallen ist ein jedes Ungeheuer vertreten, das euch schon in der Vergangenheit nach dem Leben trachtete. Dennoch hat es sich Bethesda nicht nehmen lassen, auch einige neue Monster der ohnehin schon gefährlichen Spielwelt hinzuzufügen – für Abwechslung hat man also mehr als gesorgt! Eine geringere Gefahr geht da hingegen von anderen menschlichen Spielern aus, denn eine Auseinandersetzung ist nur dann möglich, wenn beide Parteien aggressives Verhalten an den Tag legen. Doch euer gefährlichster Feind sind weder Monster, Roboter oder Menschen sondern ihr selbst!
All jene, die bereits den Survival Modus in Fallout 4 gespielt haben wissen bereits, dass die beiden Grundbedürfnisse nach Essen und Wasser einen wichtigen Bestandteil zum Überleben darstellen. Dieses Element hat man auch in der Welt von Fallout 76 eingeführt, weswegen ihr stets darauf achten müsst, nicht zu verhungern oder zu verdursten. Solltet ihr dem nicht nachkommen, wird diese Nachlässigkeit zunächst mit der Reduktion euer Aktionspunkte bestraft und in weiterer Folge mit dem Tod. Doch Obacht, denn wer einfach so darauf losfrisst und trinkt, der läuft in Gefahr, neben einer hohen Verstrahlung auch an gefährlichen Viren zu erkranken. Einmal krank beeinflusst das unmittelbar euren Charakter, eine Heilung ist dann nur durch Einnahme von Heilmitteln möglich, die nur selten aufzufinden sind in der Postapokalypse.
Vier Freunde solltet ihr sein
Eine Möglichkeit, eure Reise ein wenig einfacher zu gestalten ist das Bilden von Teams aus bis zu vier Mitspielern. Anders als in ähnlichen Action-Rollenspielen passt Fallout 76 nicht den Schwierigkeitsgrad an die Anzahl der Spielenden an, womit man einige unfaire Passagen am besten gemeinsam bewältigt. Inhalte von Kisten und sonstigen Behältern sind für jeden individuell gestaltet, lediglich bei Materialien die ihr in der offenen Spielwelt findet gilt das Prinzip des Erstfinders. Ähnlich verhält es sich im Gefecht, denn Erfahrungspunkte für besiegte Feinde erhalten nur jene Spieler, die auch mindestens einen Schuss auf diese abgefeuert haben. Da dies in einer großen Gruppe kaum möglich ist, kann es leicht vorkommen, dass nicht jeder Spieler denselben Levelfortschritt erzielt. Solltet ihr im Gefecht das Zeitliche segnen und es eure Kameraden nicht rechtzeitig zur Rettung schaffen, dann erleichtert ein rascher Respawn eine nahtlose und schnelle Rückkehr in das Geschehen. Da die nach einem Kampf gefundene Ausrüstung stets auf unterschiedliche Level bezogen ist aber die Grenzen zur Nutzung nur in 5er-Sprüngen erfolgen, ist es oft reiner Zufall, an passende Waffen und Rüstungen zu kommen.
Auch die Missionsübersicht im Multiplayer gestaltet sich als unübersichtlich. So muss jeder in der Gruppe auch jeden Schritt einer Aufgabe selbst absolvieren, einen gemeinsamen Fortschritt gibt es nicht. Lediglich bei Events, die zufällig innerhalb der Spielwelt regelmäßig auftreten, registriert Fallout 76 den gemeinsamen Abschluss. Lobende Worte gibt es für das Skill-System, das sich am typischen Eigenschaften-Baum orientiert, jedoch mit der Ausnahme, dass ihr diesmal Fähigkeiten-Karten auf das betreffende Feld legen könnt. Diese erhält ihr bei jedem Levelaufstieg und ermöglichen eine noch größere Individualisierung als in den Teilen zuvor. Auch die Möglichkeit, jederzeit ein Camp zu errichten um sein Inventar zu verwalten, Ausrüstung zu bearbeiten oder einfach nur zu rasten geht einfach von der Hand. Selbiges gilt auch für das Schnellreisesystem, wofür ihr zwar einige Kronkorken je nach Distanz zahlen müsst, euch aber schnell von Punkt A nach B bringt…wären da nicht diese Ladezeiten!
Ein Patch kommt selten allein!
Neben langen Ladezeit hatten wir auf unserem Abenteuer durch Appalachia zahlreiche Probleme, was die Performance betrifft. Liefert ihr euch Feuergefechte mit einer Horde an Feinden, kann es vereinzelt zu Frame-Rate Einbrüchen kommen, die sich unmittelbar auf das Geschehen auswirken. Auch die Re-Spawn Zeiten der Feinde an einigen Stellen war derart gering, sodass wir uns nach 3 Minuten sorgfältigen Erkundens erneut mit der gleichen Horde konfrontiert sahen. Andererorts wiederum tauchte ein Ungeheuer, das wir zum Abschluss einer Aufgabe erledigen mussten, überhaupt nicht auf nachdem Minuten zuvor ein anderer Spieler zufällig dieses erlegte. Wer zu Nahkampfwaffen greift, muss sich zudem über die fehlende Hit-Box ärgern, Treffer erkennt ihr wenn dann nur am Lebensbalken eurer Feinde.
Zwar hat Bethesda seit Release bereits zwei Patches mit insgesamt 100 GB nachgeliefert, in unserer letzten mehrstündigen Session konnten wir jedoch keinerlei Verbesserungen der eben genannten Kritikpunkten erkennen. Unten angeführter Screenshot ist sinnbildlich für diesen Umstand:
Fazit
Obwohl Fallout 76 sehr stark an Fallout 4 erinnert, so muss man auf technischer und spielerischer Hinsicht einige Abstriche machen. Das V.A.T.S., das als Prunkstück der Serie fungiert, kommt aufgrund der Online-Komponente viel zu kurz, was den RPG-Anteil enorm schmälert. Auch wenn es sich hier um einen Multiplayer-Titel handelt, der in einer riesigen Spielwelt stattfindet, so wirkt Fallout 76 für einen Vollpreistitel erschreckend unfertig. Abseits dieser Kritikpunkte erwartet euch dennoch ein enorm umfangreiches Appalachia voller Abenteuer, das gemeinsam mit Freunden zahlreiche Stunden Spielspaß bietet!
Positiv:
+ riesige Spielwelt
+ gut durchdachtes Skill-System
+ Spielspaß steigt exponentiell mit Anzahl an Freunden
Negativ:
– lange Ladezeiten
– grafisch schwächere Multiplayer-Version von Fallout 4
– langweilige Präsentation der Handlung
– Kampfsystem und Hit-Boxen sehr unpräzise
– alleine stellenweise brutal unfair