Review: Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise – So sperrig und wunderschön wie der Vorgänger

2010 schaffte Hidetaka Suehiro, besser bekannt als Swery, mit Deadly Premonition ein Spiel, das wirklich seines Gleichen sucht. Die Meinungen der Kritiker und Fans gingen dabei von „0/10, unspielbarer und hässlicher Mist“ bis „10/10 – Perfekt“ und man musste für sich herausfinden, auf welcher Seite man bei dem Sonderling von Spiel stehen würde. Die Story war eine Mischung aus japanischen Horrorfilmen, David Lynchs Twin Peaks und einer gehörigen Portion psychedelischer Träume, die von der ersten Minute an fesselten. Nun fast zehn Jahre später erwartet uns auf der Nintendo Switch mit Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise der Nachfolger und wir dürfen erneut Special Agent Francis York Morgan über die Schulter schauen. Findet bei uns im Test heraus, ob ein Ausflug ins verträumte Le Carré etwas für euch sein könnte.

Zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Zu Beginn einmal grundsätzlich etwas zu Story. Es gibt zwei zeitlich getrennte Abschnitte, in denen Deadly Premonition 2 spielt. Einmal in Boston im Jahre 2019, einige Jahre nach dem Vorfall in Greenvale. Ihr spielt FBI-Special Agent Aaliyah Davis und untersucht zusammen mit Kollege Simon Jones einen Fall, der eigentlich als längst abgeschlossen galt. Dabei benötigt ihr die Hilfe eines sich im Ruhestand befindlichen Agenten, welcher euch durch das Mitwirken am Fall Greenvale eine große Hilfe sein könnte – Francis Zack Morgan.

Ingame Screenshot
Es sieht etwas gerädert aus, aber man erkennt ihn noch.
Auch ihr müsst euch zwischendurch durchaus als Profiler unter Beweis stellen. Simple, aber witzige Passagen wie diese gibt es hin und wieder.

Aber dies gestaltet sich natürlich schwieriger als gedacht und um den beiden Agents zunächst etwas Hintergrundwissen zu vermitteln, berichtet Zack Ihnen von einem Fall aus dem Jahre 2005, somit also vor den Ereignissen aus dem ersten Deadly Premonition. Im schläfrigen Städtchen Le Carré, Louisiana findet der Hauptteil der Erkundungen und Nebenaktivitäten im Spiel statt. Denn hier ereignete sich eine ähnlich bizarre Mordserie und das FBI übergab den Fall damals an einen relativ neuen Rekruten, Special Agent Francis York Morgan. Somit ist der Grundstein für eine spannende Story in zwei Zeitsträngen gesetzt – aber keine Angst, mehr verraten wir hier nicht. Es sei aber gesagt, dass wir euch zum Verständnis dieser wärmstens ans Herz legen, den ersten Teil gespielt zu haben. Denn Warum York in der Gegenwart zum Beispiel nun Zack genannt wird, solltet ihr vorab selbst erleben.

Schräge Nostalgie die funktioniert

Man kann direkt sagen, wem der Vorgänger aufgrund der Grafik, der merkwürdigen Steuerung, merkwürdigen Charaktere oder seltsamen Geschichte nicht gefallen hat, der wird auch am Nachfolger keinen Spaß finden. Für alle anderen ist Deadly Premonition 2 genau das, was man sich für einen zweiten Teil erhofft hat. Die Grafik kommt in einem Comic-Look daher und wirkt besonders in Le Carré, da sie die idyllische und verträumte Atmosphäre sehr gut untermalt. Leider wird dies durch häufiges Kantenflimmern und manch unschöner Textur getrübt, dennoch oder genau deswegen fühlt man sich aber direkt an Greenvale und dessen Matschtexturen erinnert.

Screenshot DP2
Hier sehen wir den Koch des Hotels, der gleichzeitig aber auch Concierge, Page und Eigentümer ist.
York hat sein neues Skateboard immer bei sich.

Die Charaktere könnten abgedrehter und skurriler nicht sein, die Animationen kaum hakeliger. Als Bewegungsmittel habt ihr nicht etwa ein Auto, sondern fahrt per Skateboard durch die Stadt. Warum? Wahrscheinlich weil die Framerate sonst nicht hinterher kommen würde und das Spiel ohnehin schon mit Rucklern zu kämpfen hat. Alles passt aber einfach zusammen und als Fans des Vorgängers hätten wir uns Teil 2 nicht besser und originalgetreuer wünschen können. Die Steuerung ist sehr angenehm und eine der größten Verbesserungen. Kein York mehr, der sich wie ein Panzer steuert, sondern flüssige Bewegungen mit spaßigen Feuergefechten, von denen es deutlich weniger gibt, da hier wirklich noch mehr Fokus auf die Geschichte und deren Charaktere gelegt wird.

Ein beschäftigter Agent ist ein guter Agent

Hauptsächlich besteht eure Aufgabe natürlich darin, einen Mordfall aufzuklären, indem ihr mögliche Zeugen befragt, Tatorte untersucht und mit eurer neuen Gefährtin, Patricia Woods, Tochter des Sheriffs, nach Hinweisen Ausschau haltet. Patricia fügt sich übrigens wunderbar in das Spiel ein und passt sehr gut zu York, da sie ihm auch Paroli zu bieten weiß und sein seltsames Verhalten sowie seine nerdigen Filmzitate selten unkommentiert lassen kann. Während eurer Ermittlungen verschlägt es euch auch in die sogenannte „Otherworld“, in welcher ihr die entscheidendsten Beweise für eure Ermittlungen auffindet.

Die roten Ballons im Hintergrund dienen euch später im Spiel auch als Schnellreisepunkte.

Hier müsst ihr euch mit eurer Pistole gegen seltsam schwebende Kreaturen zur Wehr setzen bis ihr es am Ende eines Kapitels häufig sogar mit einem Boss zu tun bekommt. Diese sind leider eng mit der Story verwoben, daher können wir auch dazu nicht mehr sagen oder zeigen. Neu bei den Kämpfen ist eine Art aufladbarer Schuss, mit dem ihr mehrere Gegner auf einmal anvisieren und ausschalten könnt, oder aber ihr konzentriert alle Kugeln auf einen einzigen Gegner und richtet so enormen Schaden an, was besonders bei den Bossen wichtig wird.

Die Kämpfe sind flott und machen Spaß, außerdem hinterlassen Gegner benutzbare Gegenstände wie Medikits oder Kaffee gegen die Müdigkeit..

Solltet ihr euch abseits davon einmal die Zeit im kleinen Le Carré vertreiben wollen, und durch die Open-World Struktur mit zeitlich festgelegten Missionen werdet ihr das, dann erwarten euch einige Nebenaktivitäten. Denn wie bereits im Vorgänger gibt es Missionen, die euch erst zu bestimmten Öffnungszeiten zur Verfügung stehen, oder Charaktere, die durch ihren geregelten Tagesablauf erst innerhalb einer bestimmten Zeitspanne am Missionsort sind. Dadurch ergeben sich zwar gute Gelegenheiten für die Nebenmissionen, aber will man einfach nur die Story vorantreiben, kann es nervig werden. Denn Zigaretten lassen euch die Zeit zwar vorspulen, dadurch bekommt York aber Hunger, wird müde und ihr müsst immer genügend Vorräte dabei haben, damit euch euer Agent nicht wegstirbt, was auf Dauer schon etwas den Spaß trüben kann. Solltet ihr euch allerdings mit all den Beschäftigungen wie Bowling, Steinewerfen, Flussfahrten, Sammelgegenständen oder Herausforderungen mit eurem Skateboard die Langeweile vertreiben, so ist das Warten auf eine bestimmte Uhrzeit schon nicht mehr weiter schlimm.

Bowling ist nicht sonderlich komplex und für eine kleine Runde immer gut.

Fazit

Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise zu empfehlen ist ähnlich schwer wie beim Vorgänger. Neulinge werden vieles der Geschichte zunächst inhaltlich nicht verstehen, bei der durchaus altbackenen Grafik und Steuerung sowie den hakeligen Animationen nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und es als unausgereiftes Spiel abgestempelt wieder aus ihrer Switch verbannen. Fans des Vorgängers bekommen dafür genau das, was man von einer Fortsetzung erwarten würde. Swery hat es geschafft, die bekannte und geliebte Atmosphäre und Skurrilität von Greenvale auch nach Le Carré zu bringen. Wer also immer noch in seinem Kaffee nach den Buchstaben FK sucht oder das fröhliche „Whistle Theme“ im Kopf hat, der sollte sich A Blessing in Disguise nicht entgehen lassen, so sperrig und aus der Zeit gefallen es auch sein mag.

Positiv:

+ erneut schräg skurrile Story und Charaktere, die ihresgleichen suchen

+ Mischung aus Mystery-Horror und japanischer Verrücktheit einzigartig

+ verbesserte Steuerung

+ toll inszenierte Bossgegner

+ für Fans des Vorgängers eine treue Fortsetzung…

Negativ:

– …für Neulinge genau deswegen ein recht sperriger Einstieg

– Einbrüche der Framerate und Kantenflimmern

– Zeit bis zur nächsten Mission totschlagen zu müssen kann nervig sein

Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise erscheint am 10. Juli 2020 exklusiv für Nintendo Switch.

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Written by: Nick Erlenhof

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