Review: Cannibal Cuisine – Hier stehen Touristen auf der Speisekarte

Früher, als sich das Internet noch in seiner Aufbauphase befand und von Online-Gaming noch lange keine Rede war, stand besonders der Couch-Coop im Fokus vieler Entwickler. Nach der Schule hat man sich einfach ein paar Kumpels geschnappt und gemeinsam gezockt was das Zeug hielt. Diese Zeiten gehören mittlerweile der Vergangenheit an, Freunde sind nur noch einen Knopfdruck entfernt und an jeder Ecke wartet entweder ein Arena-Shooter oder eine lieblose Open-World-Kreation. Trotz alldem gibt es noch immer vereinzelt Entwicklerstudios, die bewusst gegen den Strom schwimmen und den Multiplayer-Spielspaß direkt in das Wohnzimmer bringen wollen!  Hier steht allen voran Ghost Town Games, die besonders mit dem Küchen-Chaos Overcooked ein Erlebnis geschaffen haben, das sich auch heute noch immer größter Beliebtheit erfreut. In eine ähnliche Kerbe wollen hier nun die ambitionierten belgischen Entwickler von Rocket Vulture schlagen, die mit dem Indie-Spiel Cannibal Cuisine ebenfalls eine kulinarische Spaß-Rakete abliefern wollen. Ob das gelingt oder man nicht einmal als Vorspeise für sein großes Vorbild taugt, das verraten wir euch im Test!

Opfergaben für den Gott

Willkommen bei unserem Review von Cannibal Cuisine! Bevor es losgeht, bekommt ihr von uns wie gewohnt einen groben Umriss der Handlung präsentiert: Der Kannibalen-Gott Hoochooboo ist hungrig und als seine treu ergebenen Untertanen ist es eure Aufgabe, seinen Appetit zu stillen. Das wars! Schon beim Start von Cannibal Cuisine wird einem schnell klar, dass es den Entwicklern augenscheinlich wichtig war, schnell zum Punkt zu kommen. Wer eine charmant inszenierte Story im Stile von Overcooked erwartet, der ist an der falschen Stelle. Weder ein Intro, noch ein kurzer Prolog erläutern das Spielerlebnis, denn hier wird man ohne Umschweife direkt an die Feuerstelle gestoßen. Auch ein Blick auf die Menüs oder die Level-Auswahl offenbart schon früh, dass Inszenierung nicht groß geschrieben wird. Doch das soll uns vorerst nicht stören, uns in das Kannibalen-Erlebnis zu stürzen, denn wer die offiziellen Trailer kennt weiß, dass das Spiel mit seinem chaotischen Gameplay punkten will. Aber kann es das auch in der finalen Version?

Eine Inseltour ohne Wiederkehr

Passend zum Couch-Coop Test habe auch ich mir Unterstützung von zwei Freunden geholt, um die kulinarische Reise um die Insel in vollen Zügen genießen zu können. Zu Beginn startet ihr im Dschungel, der von Flüssen durchzogen ist und wo nur treibende Fässer Brücken zum anderen Ufer bilden. Wie die Ankündigungsvideos von Rocket Vulture jedoch bereits offenbart haben, ändern sich diese Locations im weiteren Verlauf des Spiels, wo auf offenen Gewässern, im inneren eines Vulkans oder eines verfluchten Tempels ebenfalls die Götter besänftigt werden wollen. Wer sich dabei fleißig durch die 24 Stages kocht, der darf zwischendurch sogar knallharte Boss-Levels bestreiten, in denen stets eine besondere Herausforderung wartet. Was in der Theorie gar nicht mal so schlecht klingt, hat in der Realität leider einen üblen Haken: Den Schwierigkeitsgrad! Trotz großer Erfahrung durch Spiele wie Overcooked oder Moving Out gelang es uns als Dreiergespann nicht, bis über Level 4 hinauszukommen. Dementsprechend blieb es uns leider verwehrt, mehr vom Spiel zu sehen. „Na klar, ihr seid einfach nur Noobs!“ – mögen viele von euch an dieser Stelle nun denken aber das Leben als Kannibale ist schwieriger als gedacht, glaubt mir.

Kochen mit einer Prise Kannibalismus

Der Umstand, dass Kannibalen-Gott Hoochoboo ein Gourmet ist, führt dazu, dass dieser Heißhunger auf Fleisch hat. Dieses gilt es aus erster Hand zu besorgen in Form von Touristen, die von euch brutal abgeschlachtet werden müssen. Mit hinterlassenen Rippen oder Hüftsteaks marschiert ihr im Anschluss schnurstracks zur Feuerstelle, fügt je nach Wunsch Chili, Bananen und Co. hinzu und fertig ist die Speise. Damit hier wenig Leerlauf entsteht, ist Absprache besonders wichtig und eine Rollenverteilung im Vorfeld ratsam. Ein Fünkchen Spieltiefe verleiht hier die Charaktererstellung, wo ihr neben Hautfarbe, Kopfbedeckung und Waffe auch eine spezielle Fähigkeit ausrüsten könnt. Mit Hilfe des Sprints könnt ihr zum Beispiel über Flüsse springen, der Feueratem beschleunigt die Bratzeit eurer Speise, der Stampfer schädigt mehrere Touristen und der Totempfahl gewährt euch Heilung. Diese Fähigkeiten zu perfektionieren ist zwingend notwendig für das Bestehen eines Abschnitts, denn dafür sorgen nicht nur die sich zur Wehr setzenden Besucher, sondern auch das kurze Zeitlimit und das extrem knackige Punktziel. Wer hier auf eine gemütliche Runde mit Freunden hofft, der ist bei Cannibal Cuisine falsch, denn hier macht sich Frust schneller breit als eine Katze auf schwarzer Wäsche.

Kein Dessert für die Performance

Doch nicht nur das Zeitlimit oder die Levelziele, die durch die Abgabe der Speisen erreicht werden wollen, haben unser Scheitern in die Wege geführt, sondern auch die mangelnde Performance hatte einen großen Anteil daran. Wie in unserem Gameplay-Video ersichtlich, kommt es zu eklatanten Einbrüchen der Framerate, sollten sich ab einem gewissen Zeitpunkt zu viele Zutaten oder Personen auf dem Bildschirm tummeln. Krasse Ruckler und Verzögerungen der Eingaben haben uns stellenweise fast eine Minute eines Levels gekostet, was bei einem dreiminütigen-Limit automatisch eine Niederlage mit sich brachte. Dieses Problem hatte sich zwar im Einzelspieler-Modus nicht ergeben, dennoch haben die Entwickler auch dort knallharte Anforderungen an den Sieg gestellt, die kaum Fehler zulassen, geschweige denn verzeihen. Ab diesem Zeitpunkt schafft auch der Versus-Modus keine Abhilfe mehr, wo man in vier verschiedenen Levels lokal oder Online gegen andere Köche antreten kann. Zumindest dort kommt im Beisein von drei Freunden etwas Spielspaß auf, während man sich in actionreichen 2 VS. 2 Gefechten vergnügt.

 Fazit

Cannibal Cuisine ist ein ambitioniertes Projekt, verdeutlicht aber umso mehr, wie hoch die Messlatte von Genre-König Overcooked gelegt wurde. Eine lieblose Inszenierung, harte Sieganforderungen und grobe technische Fehler komplettieren den kulinarischen Fehlschlag, der sich auch über den Preis nicht rechtfertigen lässt.

Positiv:

+ witziges Spielprinzip mit verschiedenen Fähigkeiten

+ unterhaltsamer Versus-Modus bei vier Spielern

Negativ:

– für ein Party-Spiel viel zu strenge Sieganforderungen

– Technisch unsauber

– lieblose Inszenierung

– alleine kommt kaum Spielspaß auf

Cannibal Cuisine erscheint am 20.Mai 2020 für PC und Nintendo Switch und ist für einen Preis von 12,99 € erhältlich.

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Written by: Manuel Barthes

Ehemaliger freier Redakteur bei Cerealkillerz