Review: Big Rumble Boxing: Creed Champions – kein Schwergewicht im Ring

Fans des gepflegten Boxkampfes werden seit einiger Zeit von Spieleentwicklern eher stiefmütterlich behandelt. Darum lässt das soeben erschienene Arcade Boxspiel Big Rumble Boxing: Creed Champion von Survios aufhorchen. Ausgestattet mit der Lizenz der Rocky bzw. Creed Serie soll hier ein quasi Nachfolger des VR Spiels Creed Rise to Glory folgen. Wir haben uns das Spiel auf der Nintendo Switch angesehen. Aber auch Xbox und Playstation Besitzer bekommen eine Version.

Die eingangs erwähnte Abstammung von Creed Rise to Glory lässt sich schwerlich verstecken, da der Grafikstil beibehalten und nur marginal verbessert wurde. Der aufallendste Unterschied besteht hierbei in der Perspektive, da diesmal ohne VR Unterstützung und somit statt aus der Ego- aus einer Seitenperspektive geboxt wird. Dabei steuert man seinen Charakter per Joystick oder den Richtungstasten/Digipad, während mit den vier Eingabetasten leichte Schläge, Spezialschläge, Ausweichen und ein Clinch Move ausgeführt werden. Die Schultertasten sind dann noch mit Blocken (ZR) und einem Supermove (L) ausgestattet und das war es dann auch schon.

Die Welt besteht nicht nur aus Sonnenschein und Regenbogen

Nach dem Start im Hauptmenü angekommen bemerkt man zunächst die magere Auswahl an Modi. Neben einem Arcade und lokalem Versus (gegen die CPU oder Menschen) bekommt man noch einen Trainingsmodus spendiert. Daneben findet man noch den Menüpunkt How to Play und Settings. Hier offenbart sich bereits eine große Schwäche von Creed Champions: Es gibt kein Tutorial. How to Play liefert nämlich nur Text + Standbilder zu einzelnen Aspekten des Spiels. Diese sind aufgeteilt in die Steuerung, Basics, Advanced und Tips und Tricks. Wer sich nicht auf buttonmashen beschränken möchte tut gut daran diese Texte zu lesen und sich später mit der Moveliste des Charakters auseinanderzusetzen. Hier hätte ein Tutorial Wunder getan und wäre ideal mit Filmszenen intteraktiv verknüpfbar gewesen.

Hauptmenü
Das Hauptmenü

Nach dieser ersten Ernüchterung und einem Klick auf Arcade findet man sich in der Kämpferauswahl wieder. Die Figuren sind durch die Rocky und Creed Filme bekannt und haben trotz des Cartoon Looks hohen Wiedererkennungswert. Dabei sind 10 von 20 Charakteren bereits verfügbar. Die restlichen Charaktere werden sowohl im Arcademodus als auch im Versus Modus freigespielt. Alle Kämpfer befinden sich in ihrer jeweiligen Blütezeit bzw. zum Stand ihres Hauptfilms. Somit sind Rocky Balboa, Alpollo Creed und Ivan Drago genauso gut in Form wie ihre Söhne/Schüler Adonis Creed und Viktor Drago. Das soll aber kein Hindernis sein, aber es sei darauf hingewiesen.

Der Arcade Modus erzählt dann je nach Charakterauswahl entweder Szenen aus den Filmen nach oder arbeitet auch mit was wäre wenn Szenarien. Dabei nimmt sich das Spiel nicht immer allzu ernst und man hat auch mal eine „das war alles nur ein Traum“ Auflösung. Gleichzeitig gibt es aber auch hier wieder viel liegengelassenes Potential. Denn die geesamte Story wird in Standbildern erzählt, in denen die sprechenden Personen als Bild dargestellt werden. Hier geht viel an Atmosphäre verloren und auch für ein Arcadespiel ist das heutzutage zuwenig. Noch dazu, wenn man solch eine zugkräftige Lizenz an Bord hat. Auch auf eine vollständige Vertonung wurde verzichtet. Ein paar Filmzitate kommen aber doch vertont vor, bei denen man unweigerlich an die passende Szene denkt („I did it Adrian!“). Diese Art von Fanservice wäre öfter wünschenswert gewesen.

Es kommt im Leben nicht darauf an wie viel du austeilst, sondern darauf, wie viel du einstecken kannst!

Der Fokus liegt also definitiv auf dem Gameplay. Und hier kann man schon etwas mehr überzeugen. Es gibt dabei drei verschiedene Kämpferarchetypen. Diese lassen sich am besten mit „schnell“, „ausgeglichen“ und „Haudrauf“ und damit einer klassischen Aufteilung beschreiben. „Echte“ Gewichtsklassen gibt es nicht und somit ist jedes matchup möglich. Nach den kurzen Storyschnippseln wird man also mit dem Protagonisten seiner Wahl direkt in den Ring geworfen und versucht die Oberhand in der Arena, einem Hinterhof oder anderen Orten (es gibt in Sume 12 Stages) zu gewinnen. Wer nur wild auf den Knöpfen drückt, wird aber bald auf jedem der drei Schwierigkeitsgrade eines Besseren belehrt. Es gilt, wie beim Boxen üblich, den Gegner auf die Matte zu schicken. Doch obacht, nur, wenn die Energieleiste leer ist zählt der Knockdown auch als solcher. Kontakt mit der Matte allein, auch nach einem Superschlag, zählt nicht.. Und wenn der Gegner schnell und oft genug X drückt, steht er bis zu 3 Mal wieder auf. Hier wurden die Boxregeln dem Arcadegameplay zuliebe etwas angepasst. Unter der Gürtellinie oder Schläge auf aufstehende Gegner sind dabei auch nicht möglich. Selbst die Dragos bleiben immer brav. Allzu defensives Spiel ist dennoch nicht möglich, da dauerhaftes Blocken die Blockleistte leert. Sobald sie leer ist, taumelt man durch die Gegend und ist offen für eine Combo der Wahl des Gegners. Offensive oder Ausweichen statt Blocken wird daher eher belohnt.

Super Move Im Trainingsmodus
Super Move Im Trainingsmodus

Der Unterschied zwischen einem Helden und einem Feigling ist der, dass der Held bereit ist darum zu kämpfen

Und da kommt dann tatsächlich Taktik hinein. Die Moveliste gibt nämlich zu einzelnen Kombos, die aus Angriffsknopf + Richtungstasten bestehen, tatsächlich auch spezielle Eingeschaften dieseer Moves preis. So gibt es z.B. Angriffe, die mehr Schaden an der normalen Energieleiste machen und Angriffe, die besonders effektiv die Blockleiste leeren. Durch diese Elemente entsteht durchaus Spieltiefe, die aber natürlich zu keiner Zeit an Tekken, Mortal Kombat oder Guilty Gear heranreicht. Und dann gibt es auch noch die Spezialangriffsleiste für den Supermove. Sie füllt sich, wenn man Schaden austeilt. Mit gefüllter Leiste kann per einfachem Tastendruck eine ununterbrechbare (aber ausweichbare) Attacke gestartet werden. Wenn diese trifft, gibt es eine kurze, ansehnliche (aber leider immer gleiche) automatische Sequenz, bei der man extra viel Schaden verteilt.

Da die AI insbesondere in späteren Kämpfen extrem auffällig die eigenen Knöpfe liest (Clinchen ist dann fast unmöglich, da der Gegmer sich sofort wegduckt), muss man sich aber sowieso irgendwann zwangsläufig mit der Movelist beschäftigen, um Möglichkeiten zum Ausnutzen des Computers zu finden. Diese Marotten der CPU dann gegen sie zu verwenden sorgt für echte Erfolgsmomente nach zähem Ringen. Weniger erfolgreich dagegen, sind die Trainingseinheiten, die im Arcademodus verstreut wurden. Sie sind zwar an Szenen aus den Rockyfilmen angelehnt (z..B. gefrorene Kühe boxen), aber spielerisch und vom Anspruch agieren sie auf einem niedrigeren Level als Wario Ware. Knöpfe in Reihenfolge oder einfach nur abwechselnd drücken ist nur sehr kurz spannend. Weiterhin hat die eigene Performance keine wirklichen Auswirkungen, da es keine Charakterwerte zum Aufleveln oder Ähnliches gibt. Auch hier ist wieder sehr viel Potential verschwendet worden.

Angezählt

Kommen wir nun zurück zur Präsentation. Denn wenngleich die Standbilderzählung zu bemängeln ist, ist der Soundtrack mit lizenzierten Tracks durchaus gelungen. Spätestens bei Eye of the Tiger in einer Zwischensequenz kommt Nostalgie auf. Jede Arena hat zudem ihre eigene Hintergrundmusik und somit prügelt man sich auf einem Hinterhof zu Hiphop. Wo dort allerdings der Runden Gong herkommt, bleibt ein Geheimnis. Ein weiteres Geheimnis ist, weshalb auch zwischen den Runden keine Zwischensequenz oder zumindest ein kurzer Blick in die Ringecke geworfen wird. Nach dem Ende einer Runde wird mit kurzem Fadeout zu einem schwarzen Bildschirm und zurück Gong die nächste Runde eingeläutet. Da gibt es keine Rundenanzeige, keine Punkte, keine motivierenden Worte des Trainers: In einem Wort enttäuschend. Gleichsam gestaltet sich der Kommentator in Arenen mit echtem Boxring. Die immergleichen Sprüche und teilweise wird dann innerhalb eines Kampfes sowohl der eine, als auch der andere Kontrahent als „Champ“ tituliert.

Fazit

Wer sich noch an Ready 2 Rumble Boxing auf der DC, dem N64 oder der PS erinnern kann, weiß wie ein spaßiges, motivierendes Arcade Boxspiel aussehen kann. 22 Jahre später hat man mit Creed Champions zwar ein Spiel mit toller Lizenz, das man durchaus lokal mit Freunden für eine schnelle Runde spielen kann, dem aber neben diesen Aspekten sehr schnell die Luft ausgeht. An allen Ecken und Enden wurde leider nicht zuende gedacht und wenig mit der Lizenz gemacht. Für Rocky/Creed und ausgehungerte Boxspielfans kann man eine Empfehlung aussprechen. Alle anderen sollten zuvor probespielen.

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Written by: Steve Brieller

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