Review: Avatar: Frontiers of Pandora – Grafische Wucht trifft auf durchschnittlichen Rest

Die Avatar-Filme, die eher für den visuellen Reichtum der Welt von Pandora als für ihre vorhersehbaren Geschichten bekannt sind, haben ein Ökosystem geschaffen, das sich perfekt für Videospiele eignet. Und obwohl dies nicht die erste Videospieladaption ist, kann sich keines mit der schieren Größe von Avatar: Frontiers of Pandora messen. Die Far Cry-Vergleiche sind nicht weit gefehlt und dennoch ist mehr als nur das in blau. Doch mehr dazu in unserem Test.

Ubisofts bisher schönste Open-World

Die Ubisoft-Formel eignet sich gut für Pandora. Unfassbare Aussichten, eine der Vorlage entsprechende Tierwelt und ein neuer Fokus auf Nachhaltigkeit lassen Avatar eine neue Sichtweise auf seinen Funkturm-erobernden Cousin entwickeln. Und während Erkundung, Handwerk und Außenposten auf dem Programm stehen, spielt sich das doch so anders, dass einem nicht direkt die Lust daran vergeht. Als Na’vi-Waise, der von der menschlichen RDA (Resources Development Administration) ausgebildet wurde, erwacht euer eigens erstellter Charakter nach 15-jähriger Stasis in einer verlassenen Einrichtung, zusammen mit einer jungen Gruppe von Sarentu-Klansmitgliedern. Die Charaktererstellung ist dabei leider sehr spärlich, aber immerhin gibt es drei Stimmen zur Wahl. Da die RDA immer noch mit der Verschmutzung und Ausbeutung des Landes beschäftigt ist, führt euch eure Reise über die Westgrenze, wo ihr die Na’vi-Stämme für einen letzten Kampf versammelt. Doch die dabei etwas öde Inszenierung konnte mich nicht fesseln, trotz einiger hervorragender Synchronsprecher, die von einem einseitigen Antagonisten gelähmt werden, der nicht mit Far Crys Vaas oder Pagan Min mithalten kann. Noch dazu sind einem die meisten weiteren NPCs ziemlich egal und schnell fängt man eh an sich schon nicht mehr an deren Namen zu erinnern. Aber wenn man über die Geschichte hinwegsieht, was man sollte, wird man von der lebendigen Welt von Avatar in den Bann gezogen.

Verbindet ihr euch mit dieser Pflanze, gibt es neben zwei Fähigkeitspunkten auch eben einen neuen Skill.

Besonders der Verzicht auf Kartenmarkierungen ist der erste Schritt zu Avatars neuem Gefühl von Freiraum. Die Reizüberflutung von Pandora steht im Mittelpunkt, während man durch die Dschungel, Höhlen und schwebenden Berge sprintet, fliegt und springt. Selten hat man einen so majestätischen Anblick erlebt, schon gar nicht in einem Videospiel und ohne den Bildschirm voller Markierungen zu haben. Natürlich können euch auch eure Na’vi-Sinne mit einer leuchtenden blauen Markierung auf dem Pfad halten, aber es war weitaus fesselnder, einfach auf Anweisungen wie „Gehe südwestlich vom Hauptquartier des Widerstands“ zu folgen. Aber selbst nachdem ich mich an die vielfältigen Farben der Welt gewöhnt hatte, waren mir die Launen der dortigen Flora und Fauna ein Rätsel. Einige Pflanzen haben keinen Einfluss auf das Gameplay, während andere als Sprungpolster, Fallen und organische Aufzüge dienen. Noch dazu passend warnt euch euer gutes Gehört jederzeit vor Feinden oder sich nähernden Bedrohungen, ihr seid doppelt so groß wie jeder Mensch und jederzeit mit anderen Mitgliedern eures Volkes verbunden, kurz, man fühlt sich wirklich als Na’vi. Das trifft auch auf Reittiere wie das Direhorse und den fliegenden Ikran zu, da diese erst eine Bindung mit euch eingehen müssen, bevor ihr diese zu Hilfe rufen könnt.

Bei jedem Hack folgt ein kleines Minispiel.

Fortschritt durch Erkundung

Das Fliegen mit einem Ikran fühlt sich übrigens wirklich sehr cool an, vor allem, wenn man ihn herbeiruft, um sich nach einem Sprung aus großer Höhe aufzufangen zu lassen. Und man fliegt oft zu Zielen oder sogar zu bestimmten Sammelobjekten, also ist er auch mega praktisch. Denn neue Fertigkeiten oder der Aufstieg des aktuellen Stärkelevels sind an die Erkundung geknüpft. Neue Fertigkeiten, mehr Lebenspunkte oder auch einfach Ausrüstung, die alle in den aktuellen Level hineinspielen, müssen erst gefunden werden. Doch wie findet man überhaupt etwas, wenn es keine direkten Markierungen gibt? Die Na’vi-Sicht, eine Fähigkeit, die bestimmte Dinge in der Umgebung hervorhebt, ist der Schlüssel zu Entdeckungen. Ihr werdet sie ständig benutzen, denn sie zeigt Feinde durch Wände hindurch, zeigt euch, von welchen Pflanzen ihr euch ernähren könnt und zeigt einen einzelnen, missionsspezifischen Wegpunkt an, der hilft, das Ziel zu erreichen, ohne dass man ständig die Karte aufrufen muss. Diese Integration hat ihre Höhen und Tiefen: Einerseits kommt man der Idee näher, sich wie ein Na’vi zu fühlen, denn es hilft einem, als Jäger und Sammler auf Pandora zu funktionieren und bietet einen Kampfvorteil, ohne den die Kämpfe wahrscheinlich zu schwierig und nervig wären. Andererseits hat man die Na’vi-Vision fast ständig aktiviert, um so gut wie alles zu tun, so dass sie sich wie eine Krücke anfühlt, die den ansonsten recht minimalistischen Ansatz der Benutzeroberfläche untergräbt.

Auch diverse Schusswaffen werden benutzt, sind aber längst nicht so interessant wie der Rest.

Crafting ist natürlich auch ein Thema und obwohl es einen großen Teil des Spiels ausmacht, stützt es sich viel weniger auf das Sammeln von Schrott und die lästige Arbeit, die in Open-World-Spielen üblich ist. Ihr werdet viele Ausrüstungsgegenstände mit Hilfe von Rezepten herstellen, die man bei Händlern in verschiedenen Siedlungen erhält, aber man muss nicht 10 Wildschweine jagen und häuten, nur um eine neue Tasche herzustellen. Stattdessen werden für jede neue Waffe oder Rüstung nur zwei Gegenstände benötigt, z. B. eine Pflanzenwurzel und ein Raubtierzahn, um sie herzustellen. Die Qualität des Gegenstands, wie viel Schaden er anrichtet oder wie viel Gesundheit er euch verleiht, wird durch die Qualität der verwendeten Zutaten bestimmt. Das sorgt dafür, dass die Herstellung von Gegenständen nicht zur Qual wird, während er gleichzeitig einen Anreiz bietet, nach besseren Gegenständen zu suchen und zu jagen, was wiederum der allgemeinen Idee entspricht, zu lernen, wie man auf Pandora lebt und überlebt. Das Spiel versorgt euch mit Informationen darüber, wo bessere Materialien zu finden sind, erwartet aber, dass man sie selbst aufspürt. Man kann ein und dasselbe Rüstungsteil immer wieder mit anderen Materialien herstellen, so dass ihr eure Ausrüstung an fast jeder Stelle verbessern könnt. Was dabei ebenfalls recht interessant gelöst wurde, ist das Pflücken von Pflanzen oder Rinde, ohne ihn zu beschädigen. Es handelt sich dabei um ein Minispiel, bei man den richtigen Winkel zum Ziehen finden muss, indem man auf die Vibration achtet und den Stick dann in eine Richtung zieht.

Essen solltet ihr immer dabei haben, denn ohne bleibt eure Energie leer und somit füllt sich eure Gesundheit nicht von alleine wieder auf.

Als Na’vi fühlt sich übermächtig, jedoch täuscht der Eindruck

Auch bei den Kämpfen ändert Massive die für Far Cry-Fans bekannte Formel mit Anforderungen, die weit über die üblichen „Töte alle Feinde in einer Basis, um sie zu übernehmen“-Ziele hinausgehen. Stattdessen besteht euer Ziel darin, die Maschinerie der RDA zu zerstören, indem ihr oft Schalter umlegt, Generatoren sabotiert, Computer hackt und Kühlungsöffnungen in die Luft jagt. Wenn man diese Dinge tut, ohne den Alarm der RDA auszulösen, erhält man bessere Belohnungen und wird zu durchdachten und oft heimlichen Vorgehensweisen ermutigt, die einen dazu bringen, die Umgebung besser zu verstehen und neue Verwendungsmöglichkeiten für sie zu finden. Solltet ihr den offensiven Ansatz verfolgen wollen, habt ihr Bögen, Gewehre oder eine Art Fallenwerfer zur Verfügung und könnt die kleineren Menschen aber auch einfach umtreten, sollten diese vor euch stehen. Geschlossene Räume wie die Innenräume von RDA-Basen, in denen ihr euch im Laufe der Story-Kampagne wiederfinden werdet, sind je nach Design dabei aber eher nervig, denn da verliert man schnell die Übersicht.

Besonders das Umherfliegen auf eurem Ikran ist wirklich klasse.

Denn die Gegner sind in der Regel sehr bedrohlich und beschießen euch aus vielen Richtungen und obwohl sich die Gesundheit mit der Zeit regeneriert und man sich mit einer begrenzten Anzahl von Gesundheitspaketen sofort heilen kann, segnet man schnell das Zeitliche. Hinzu kommt, dass eure Waffen nur langsam feuern oder relativ kleine Magazine haben, so dass ihr nie in der Lage seid, einen Feind direkt zu überwältigen, woran man sich erstmal gewöhnen muss. Die meiste Zeit fühlt man sich jedoch wie ein Guerillakämpfer, wenn man sich anschleicht, einen Mech hackt, ihm einen Kurzschluss verpasst und dann seinen Fahrer ausschaltet. Der Erfolg im Kampf hängt auch davon ab, ob man die richtige Waffe für die Aufgabe verwendet, Schwachpunkte zu sprengen oder ein Ziel auf eine bestimmte Entfernung zu treffen und Frontiers of Pandora belohnt einen im Allgemeinen für kritisches Denken und entschlossenes Handeln in den Gefechten. Zusammen mit den schnellen und flüssigen Bewegungen und dem Improvisationscharakter bekommt man das Gefühl, ein äußerst effektiver Kämpfer zu sein, ohne unbedingt übermächtig und unaufhaltsam zu sein.

Erneute Mikrotransaktionen in einem Single-Player-Spiel, warum Ubisoft?

Detektiv Blau, übernehmen Sie!

In Story-Missionen und Nebenquests werdet ihr oft losgeschickt, um einen Ort zu untersuchen, in der Hoffnung, eine vermisste Person zu finden oder herauszufinden, was die RDA vorhatte. Euer treuer Na’vi-Blick hebt dabei Dinge in der Umgebung hervor, wie Fußabdrücke und weggeworfene Gegenstände und ihr müsst jeden Hinweis auf Informationen untersuchen und dann zwei zusammenhängende Hinweise nacheinander auswählen, damit euer Charakter Schlüsse ziehen kann. Leider fühlt sich das selten intuitiv an. Die Hinweise scheinen fast immer miteinander verbunden zu sein oder es kann schwierig sein, genau zu erraten, welche beiden man auswählen soll, was zu einem Trial-and-Error führt.

Detektivische Missionen sind eine nette Idee, verkommen aber zu wirrem Gesuche.

Die Ermittlungen sind nie kompliziert, aber das untergräbt die Idee, seine Fähigkeiten einzusetzen, um Dinge herauszufinden, nur noch mehr. Manchmal sind die Hinweise klein oder an einer nicht offensichtlichen Stelle zu finden, so dass man fünf Minuten lang umherirrt, auf den Boden starrt und sich fragt, was man übersehen hat. Und diese führen fast immer zu demselben Ergebnis, nämlich zu einer Spur, der man mit Hilfe seiner Na’vi-Sicht folgen kann. Ermittlungen sind eine witzige Idee, die einem das Gefühl geben soll, ein geschickter Fährtenleser zu sein, aber sie zahlen sich nie so richtig aus.

Grafisch ist jede Umgebung wirklich ein Highlight.

Fazit

Avatar: Frontiers of Pandora bietet einen interessanten neuen Ansatz der klassischen Open-World und versucht einen ruhigeren, bedachten Weg mit Fokus auf den Umgebungen und der Natur. Das klappt grafisch enorm gut, auch spielerisch ist da einiges, was Spaß macht, aber die langweilige Story, die häufig zu vielen gleichen Gegner in engen Arealen und das wirre Suchen des nächsten Ziels verpassen dem Spiel ein blaues Auge.

Street Fighter Collection Wertung
Teilt uns eure Meinung mit

Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

No comments yet.

Leave Your Reply