Die Atelier-Reihe hat sich über 30 Jahre und mehr als 20 Spiele hinweg stetig weiterentwickelt, hat hier und da am Erfolgsrezept aus JRPG und Alchemie geschraubt, aber Atelier Yumia: The Alchemist of Memories & the Envisioned Land bringt wohl den bislang größten Umbruch mit sich. Doch keine Sorge: Trotz aller Änderungen bleibt Yumia im Herzen ganz klar ein Atelier-Spiel – nur eben größer, actionlastiger und ein bisschen düsterer als zuvor. Doch mehr dazu in unserem Test.
Ein düsterer Ansatz, der dem Spiel nur zu Gute kommt
Die Geschichte spielt in einer Welt, die von einer alchemistischen Katastrophe beinahe ausgelöscht wurde. Alchemie gilt jetzt als gefährlich, ist in vielen Regionen verpönt oder sogar verboten. Ihr spielt die junge Alchemistin Yumia, die zwar süß aussieht, aber mit ihren tödlichen High Heels und einem magischen Stab, der sich in ein Gewehr verwandeln lässt, ordentlich austeilt. Alchemie hat sie von ihrer verstorbenen Mutter gelernt und lebt zurückgezogen auf einem Hügel – nur begleitet von ihrer sprechenden, schwebenden Lampe Flammi. Als sie von einem Forscherteam um Hilfe bei der Untersuchung der Ruinen des Aladissischen Imperiums gebeten wird, sieht Yumia ihre Chance: Sie will herausfinden, ob Alchemie wirklich die Ursache für die alte Katastrophe war – und vielleicht auch den Ruf ihres Handwerks wiederherstellen. Anfangs begegnen ihr viele mit Skepsis oder sogar Ablehnung, doch wie es sich für ein klassisches JRPG gehört, werden nach und nach Vorurteile überwunden, Freundschaften geschlossen und am Ende zählt wieder die Kraft des Miteinanders.

Die Story ist dabei etwas ernster als sonst in der Reihe und auch die Stakes sind höher. Aber erwartet hier kein düsteres Rollenspiel wie Metaphor: ReFantazio – es bleibt größtenteils charmant, bunt und optimistisch. Die düsteren Momente sorgen eher für erzählerische Würze als für eine komplett andere Tonlage. Was Euch spielerisch erwartet? Eine große, offene Welt, aufgeteilt in vier große Areale, die Ihr im Laufe der Hauptstory freischaltet. Nebenquests gibt’s ohne Ende – die sind meist recht simpel gestrickt (geh dahin, hau das kaputt, komm zurück), aber die Welt selbst ist richtig spaßig zu erkunden. Überall verstecken sich Geheimnisse, Schätze und skurrile Gegner. Und das Erkunden macht doppelt Laune, weil Yumia super agil ist – sie kann dreifach springen, an Wänden hochhüpfen und bekommt später sogar ein stylishes Motorrad. Außerdem findet Ihr Zip-Lines, die Ihr reparieren könnt, um schneller durch die Welt zu reisen.

Belohnendes Gameplay lässt einen so schnell nicht los
Natürlich warten auch jede Menge Monster auf Euch. Das Kampfsystem ist deutlich actionlastiger als in früheren Atelier-Teilen – und ja, es ist nicht gerade schwer, aber clever genug designt, dass es über 40–50 Stunden hinweg nie langweilig wird. Im Kampf steuert Ihr primär Yumia, ihre Angriffe sind auf die vier Face-Buttons gelegt, jede Attacke hat eine begrenzte Anzahl an Nutzungen und einen Cooldown. Die Idee ist: eine Fähigkeit einsetzen, dann zur nächsten wechseln, während die erste wieder auflädt. Ihr könnt auch seitlich ausweichen und bei Gegnerangriffen aus der markierten Gefahrenzone springen. Wenn Ihr Euch vom Gegner entfernt, ändert Yumia automatisch auf Fernkampfzauber, was mehr taktische Tiefe bringt. Manche Gegner sind anfällig für Magie, andere für physische Angriffe – also heißt’s: clever die Position wechseln, Schwächen ausnutzen, Gegner betäuben, fetten Schaden rausballern. Mit der Zeit schaltet Ihr neue Fähigkeiten frei: Ausweichmanöver, Kombiangriffe mit einem Mitstreiter, und die ultra-starken Mana Surge-Moves, die einen Kampf drehen können.

Normale Gegner sind fix erledigt, was das Grinden für Ressourcen oder XP angenehm flott macht. Die Bosskämpfe dagegen sind ein echtes Highlight – mit aufwändigeren Angriffsmustern und coolen Mid-Battle-Cutscenes. Und ganz ehrlich: Wenn ein Boss von Takaya Kuroda (Kiryu aus Yakuza) gesprochen wird, ist das allein schon ein Bonuspunkt. Level-Ups allein bringen Euch aber nicht ewig weiter. Selbst auf Max-Level 100 seid Ihr aufgeschmissen, wenn Euer Equipment nicht mithalten kann – und hier kommt die Alchemie ins Spiel. In Yumias Werkstatt könnt Ihr gefundene Rezepte freischalten (vorausgesetzt, Ihr habt die richtigen Materialien dabei) und dann neue Items synthetisieren. Bessere Ressourcen bringen bessere Ergebnisse – logisch. Aber mit ein wenig Erfahrung könnt Ihr Rezepte sogar modifizieren: Vielleicht wollt Ihr ein Schwert mit höheren Basiswerten? Oder eins, das gezielt Magieschaden erhöht? Oder mehr Schaden gegen bestimmte Gegnerarten verursacht? Anfangs ist das ein wenig überwältigend, aber nach ein paar Versuchen hat man den Dreh raus. Und wer keinen Bock auf Rezept-Feintuning hat, kann den Syntheseprozess auch einfach automatisieren. Ihr könnt übrigens nicht nur Waffen und Tränke basteln, sondern auch Baumaterialien: Wände, Dächer, Böden, Deko – alles dabei. In der Spielwelt findet Ihr Bauplätze, wo Ihr kleine Außenposten errichten könnt. Klar, das Bausystem ist eher simpel, aber trotzdem cool: Warum im Zelt pennen, wenn man sich auch ein hübsches Cottage mit Kirschblütenbaum bauen kann? Unterm Strich ist Atelier Yumia ein mutiger, frischer Schritt für die Serie – ohne dabei das zu verlieren, was Fans seit Jahren lieben. Wer auf gemütliches Crafting, sympathische Figuren, ein bisschen JRPG-Drama und eine bunte Welt zum Verlieben steht, der wird hier auf jeden Fall seine Freude haben.

Fazit
Atelier Yumia: The Alchemist of Memories & the Envisioned Land bringt die Serie ein großes Stück weiter. Denn auch wenn die Story die anfängliche Klasse nicht ganz durchhalten kann, so überzeugen die Kämpfe, das Crafting und die Charaktere eigentlich durch und durch. Somit ist dies wohl der beste Einstieg in die langlebige JRPG-Reihe.

Positiv:
+ eine bunte Welt, die zum Erforschen einlädt
+ schnelle und motivierende Kämpfe
+ spaßiges Crafting
+ coole Bosse
Negativ:
– nur japanische Vertonung
– Story flacht etwas ab
– Der Einstieg zieht sich etwas arg lang mit Tutorials