Strategiespiele, die sich über eine Vielzahl von Subgenres erstrecken, sind bekannt für ihre überwältigende Tiefe und die vielen sich überschneidenden Mechanismen, die die Spieler herausfordern, ihre Gegner zu überlisten und auszumanövrieren. Entwickler Oxide Games möchte nun mir Ara: History Untold Neulinge mit einem Suchtfaktor, der vielen Strategiefans zweifellos bereits bekannt sein dürfte, in das traditionell wenig einladende Genre einladen und aber auch Veteranen zufriedenstellen. Wie das klappt, verrät euch unser Test.

Endlich Konkurrenz im 4X-Genre?

Das Ziel von Ara: History Untold ist es, eine Nation im Laufe der Geschichte über 750 Runden zu vergrößern und zu expandieren. Der Begriff 4X steht für „explore, expand, exploit, exterminate“ (erforschen, erweitern, ausbeuten, vernichten), und genau diese Spielmechanik könnt ihr hier erwarten. Das erste, was beim Start des Spiels auffällt, ist die atemberaubende Umgebung mit beeindruckenden Biomen, die von tropischen Regenwäldern bis hin zu trockenen Wüsten reichen. Jede Region der Karte ist so gestaltet, dass sie eine reiche und abwechslungsreiche Erfahrung bietet. Die Einwohner des Spiels reagieren dynamisch auf Gesundheit, Kriege und Wohlstand, was die gesamte Spielerfahrung intensiviert. Dieses Maß an Details trägt zu einer tiefen Immersion in die Welt von Ara bei. Das Ressourcenmanagement in Ara ist komplex und detailliert und das Crafting-System erlaubt es euch, Materialien in nützliche Güter zu verwandeln. Dieser Aspekt erfordert sorgfältige Planung und ein tiefes Verständnis der Spielmechaniken, um die Produktion und Expansion zu optimieren. Obwohl diese Komplexität herausfordernd sein kann, bietet sie auch ein hohes Maß an Immersion und Kontrolle über die Entwicklung eurer Zivilisation.

Während die meisten 4X-Spiele starre Kachelsysteme mit wenig Anpassungsmöglichkeiten haben, will Ara: History Untold, dass jede wachstumsbezogene Entscheidung gut durchdacht ist. Ich musste jede Farm, jede Werkstatt und jeden Steinbruch sorgfältig innerhalb meiner Grenzen platzieren. Es ist zum Beispiel am besten, einen Bauernhof in einem Gebiet mit einer Ressource wie Gerste zu platzieren; so wird ein Gerstenhof mehr Ressourcen einbringen. Dann könnte ich in meiner Werkstatt einen Pflug bauen und ihn auf dieser Farm einsetzen, um sie noch produktiver zu machen. Wenn ihr zu den 4X-Spielern gehört, die sich gerne in den Details des Aufbaus ihrer Zivilisation verlieren, dann ist Ara: History Untold genau das Richtige für euch. Mit der Zeit wurde das Spiel immer komplexer, da ich meine Beziehungen zu benachbarten Stämmen und Völkern verwalten musste, mein Territorium jedes Mal vergrößerte, wenn meine zentrale Stadt aufstieg, und Paragone und Experten freischaltete, die mir zusätzliche Verstärkungen geben konnten. Wenn eine Stadt erst einmal mehrere Regionen eingenommen hat und mit verschiedenen Builds ausgestattet ist, fühlt sie sich wirklich wie die eigene an.

Simultane Züge bringen gehörig Schwung ins Spiel

Eines der innovativsten Elemente des Spiels ist das simultane Runden-System. Im Gegensatz zu traditionellen rundenbasierten Strategiespielen können hier alle Spieler gleichzeitig Entscheidungen treffen und Aktionen ausführen. Dieses System beschleunigt nicht nur das Spieltempo, sondern fügt auch eine zusätzliche Strategieebene hinzu, da ihr die Züge eurer Gegner antizipieren und eure Pläne entsprechend anpassen müsst. Ara führt zudem ein Prestigesystem ein, das den Erfolg anhand kultureller, technologischer und diplomatischer Errungenschaften misst, anstatt sich nur auf militärische Dominanz zu konzentrieren. Dieses System fördert größere strategische Flexibilität und ermöglicht es euch, eure Strategien an eure Ziele und Vorlieben anzupassen. Prestige wird zum umfassenden Maßstab für Erfolg und bietet verschiedene Wege zum Sieg, was die Spielerfahrung bereichert und auch andere Spielweisen fördert, wenn der militärische auch wahrscheinlich zunächst einfacher sein wird. Ein weiteres interessantes Feature ist der Mehrspielermodus. Mit der Kombination aus simultanen Zügen und Cloud-Unterstützung verspricht das Spiel eine dynamische und reibungslose Multiplayer-Erfahrung, denn testen konnten wir das in unserer Version leider noch nicht. Die Möglichkeit, asynchron zu spielen und die Cloud-Integration bieten jedoch Flexibilität und individuelle Anpassungen, wodurch eine wettbewerbsfähige und kollaborative Erfahrung ermöglicht wird, die sich an verschiedene Spielstile anpassen kann, wenn auch dadurch durchaus die Übersicht eingebüßt wird, da man in seinen Runden viel schneller agieren muss.

Ein interessantes Detail ist die Interaktion mit wilden Tieren auf der Karte. Wilde Tiere wie Bären und Krokodile bereichern nicht nur die visuelle Umgebung, sondern stellen auch eine echte Herausforderung dar. Statt nur gegen menschliche Feinde anzutreten, müsst ihr diese natürlichen Bedrohungen managen, was dem Spiel eine zusätzliche Komplexitäts- und Strategieebene verleiht. Diese Funktion zeigt, wie Ara Umweltrealismus mit Gameplay kombiniert, was zu einer dynamischeren und herausfordernden Erfahrung führt. Das Spiel teilt einige Gemeinsamkeiten mit klassischen Titeln wie Civilization V, da beide es euch ermöglichen, Zivilisationen durch verschiedene historische Epochen zu führen. Ara bringt jedoch wichtige Innovationen ein, wie das simultane Runden-System und den Fokus auf Prestige, was es von seinen Konkurrenten abhebt und auch für erfahrene Spielende interessant macht. Die Möglichkeit, die Karte freier zu erkunden und mit der Tierwelt zu interagieren, fügt ebenfalls eine neue Ebene der Immersion und Herausforderung hinzu. Das Spiel wird mit Unterstützung für eine beeindruckende Anzahl an Sprachen veröffentlicht, sodass Spieler weltweit die Erfahrung in ihrer Muttersprache genießen können. Diese Lokalisierungsbemühungen umfassen nicht nur Textübersetzungen, sondern auch eine sorgfältige Berücksichtigung kultureller und sprachlicher Nuancen, damit die Geschichte und Entscheidungen des Spiels authentisch bei jedem Spieler ankommen, egal wo auf der Welt. Das trägt ebenfalls nochmal zum Spielgefühl bei und man merkt das sich beim Studio durchaus viel Mühe gegeben wurde.

Alleinstellungsmerkmale im Guten und im Schlechten

Die riesigen Mengen an Produktion, die ihr in eurem Reich aufbauen könnt, führt dazu, dass sich das Spiel viel mehr auf das Inland konzentriert als andere Genre-Vertreter – ihr könnt so sehr in die Führung eures Reiches vertieft sein, dass ihr völlig vergesst, dass andere Zivilisationen da draußen sind. Doch wenn es hart auf hart kommt und der Krieg ausgebrochen ist, könnt ihr große Armeen aufstellen, die auf separaten Kampfbildschirmen gegeneinander antreten – ähnlich wie die unbeliebten Armeen in Millennia, nur dass sie viel besser aussehen. Vielleicht ist es genau das, was Ara zu etwas Besonderem macht – es ist nicht an die Prinzipien einer bereits existierenden Franchise gebunden. Es muss sich nicht mit Experimenten zurückhalten, aus Angst, dass es die bestehende Fangemeinde vergraulen könnte. Ara: History Untold fühlt sich an, als hätten die Entwickler alles, was sie an anderen Strategiespielen, egal welchen Genres, toll fanden, genommen und in ihrem persönlichen Sandkasten zusammengemischt, nur eben auch wirklich nur für Fans. Denn der Einsteig ist hart, auch mit Tutorials und auch wenn man schon mal ein Spiel im Genre gespielt hat. Denn die Systeme sind so umfassend und es gibt derart viele Möglichkeiten, dass man die ersten 750 Züge fast nur zum Reinkommen benötigt, bevor man so richtig durchstarten kann. Und da hilft auch die häufig unbarmherzige KI nicht, die wenig Fehler verzeiht und euch schnell in die Tastatur beißen lässt.

Fazit

Ara: History Untold hat einen tollen Weg gefunden, um sich im Markt der 4X-Spiele zu behaupten. Es bringt einen sehr realistischen und schönen Grafikstil mit, hat die Hexagone abgeschafft und viele sehr tiefgreifende Systeme und eine mannigfaltige Produktion mit eingebracht. Es ist nur wirklich nichts für Neulinge im Genre und kann dadurch besonders zu Beginn etwas frustig sein.

Positiv:

+ tolle, realistische Grafik

+ neue Systeme, die frischen Wind ins Genre bringen

+ simultane Runden für mehr Spannung

+ 750 Züge durch verschiedene Epochen

Negativ:

– Menüs reißen einen häufiger aus der Immersion

– Spiel kann schnell überwältigend wirken

– Nur Icons der Anführer, keine 3D-Modelle

– erste Runden in eine Partie bleiben sehr ähnlich