Review: AI Limit – Solides Anime-Soulslike hätte etwas mutiger sein können

In den letzten Jahren sind unzählige Soulslike-Spiele auf den Markt gekommen. Angeführt vom talentierten Team bei FromSoftware hat sich das Genre durch seinen hohen Anspruch, sein gnadenloses Spieldesign und seine detailverliebten Welten einen festen Platz in der Gaming-Landschaft erarbeitet – ein einzigartig fesselndes Erlebnis. Warum wir das vorwegnehmen? Weil AI Limit weit nach dem Höhepunkt der Soulslike-Welle erscheint und genau darunter leidet. Doch mehr dazu in unserem Test.

Ein Anime-Neuling stößt ambitioniert hinzu

Unsere Zeit mit AI Limit war durchwachsen. Das Spiel hat keine gravierenden Fehler, aber es bleibt auch nie wirklich in Erinnerung. Alles fühlt sich irgendwie schon mal gespielt an. Es fehlt das Besondere, das Herausstechende. AI Limit verlangt Euch direkt zu Beginn einiges an Geduld ab. Bevor das Spiel seine eigenen Ideen zeigt, müsst Ihr Euch erstmal durch einen Haufen Exposition kämpfen. Selbst das Grundsetting ist für Genre-Veteran*innen nichts Neues: Ihr wacht als namenlose Heldin in einer post-apokalyptischen Welt auf, natürlich ohne Erinnerung, und müsst aus dem buchstäblichen Abwasserkanal an die Oberfläche gelangen, um herauszufinden, wer Ihr seid und was zur Hölle hier eigentlich passiert ist. Auf dem Weg kämpft Ihr Euch durch düstere Abwasseranlagen, heruntergekommene Slums und zerfallene Städte, während Ihr gegen allerlei gefährliche Gegner antretet. Die Welt wird vom sogenannten “Mud” bedroht – einer undefinierten Gefahr, die die Gesellschaft in die Knie gezwungen hat. Der Alltag ist einem ständigen Überlebenskampf gewichen. Unschuldige Menschen leben in Elendsvierteln und kämpfen ums Überleben.

Die Stadt Heavenswell wirkt auf den ersten Blick interessant, doch irgendwie kommt das alles bekannt vor. Zerstörte Städte unten, saubere Hightech-Welten oben, ein optisch starker Kontrast, der aber wenig Überraschungen bietet. Ihr wisst stets, wohin es geht und was Ihr tun müsst. Aber: Die Gebiete sehen wirklich gut aus. Die Atmosphäre stimmt, vor allem in den verlassenen Straßenzügen und Nebellandschaften. Wenn Ihr aus der Kanalisation in die Ferne blickt und Orte seht, die Ihr nie betreten werdet, fühlt sich das gleichzeitig ruhig und erhaben an. Es entsteht ein Gefühl von Größe, auch wenn die Wege linear bleiben. Das Kampfsystem hält sich eng an das, was wir alle aus anderen Soulslikes kennen. Ihr greift mit R1 an, habt mehrere Waffen zur Auswahl – von schnellen, leichten Klingen bis hin zu wuchtigen Schwertern. Alles fühlt sich ordentlich ausbalanciert an. Wir haben hauptsächlich mit dem Großschwert gespielt – macht Spaß, fühlt sich wuchtig an, passt. Es gibt sogenannte “Branches”, die wie Lagerfeuer funktionieren: Dort speichert Ihr, füllt Eure Heilitems wieder auf und investiert Eure Währung in eines von fünf Hauptattributen. So werdet Ihr Schritt für Schritt etwas robuster, um beim nächsten Bosskampf nicht gleich umzufallen. Apropos Bosskämpfe: Die sind fordernd, aber nie unfair. Ihr könnt sie flexibel angehen, je nachdem, wie Ihr Eure Heldin Arissa ausgebaut habt.

Die Sync-Mechanik bringt frischen Wind im Gefecht

Ganz ohne Eigenideen kommt AI Limit aber nicht daher: Das Sync-System ist eine interessante Ergänzung. Mit jedem erfolgreichen Angriff steigt Eure Sync-Rate, bis maximal 100 %. Je höher sie ist, desto mehr Schaden macht Ihr, außerdem könnt Ihr mächtige Fähigkeiten wie Projektile, Paraden oder Schilde einsetzen. Doch Vorsicht: Diese Skills verbrauchen wieder Sync-Energie. Nutzt Ihr zu viele defensiven Optionen, sinkt Eure Schadensrate und das kann gerade bei Bossen gefährlich werden. Diese Dynamik zwingt Euch, in Kämpfen taktisch zu denken. Nutze ich meine Energie jetzt, oder spare ich sie für später? Leider ist das System nicht ganz so risikoreich, wie es sein könnte, ein bisschen mehr Mut zur Extreme hätte gutgetan. Ein großer Unterschied zu anderen Soulslikes: Wenn Ihr sterbt, verliert Ihr nicht Eure komplette Währung. Stattdessen wird nur ein kleiner Teil abgezogen. Das nimmt etwas den Frust und lädt dazu ein, es direkt nochmal zu versuchen, ohne ständiges “Seelen”-Einsammeln und Frust-Reruns. Visuell weiß AI Limit durchaus zu beeindrucken. Ja, viele der Umgebungen hat man so oder so ähnlich schon gesehen, aber sie funktionieren, und sie erzählen ganz automatisch ihre Geschichte: verlassene Gebäude, marode Technik, zerfallene Strukturen. Dazu kommt ein recht solider Plot, der sich in der zweiten Hälfte deutlich steigert und sogar religiöse Themen aufgreift. Es gibt coole Setpieces und nette Ideen, aber alles wirkt mehr wie ein Pflichtprogramm als ein echtes Gesamtkunstwerk.

Ein besonders kurioser Moment: In einem Gespräch zwischen Arissa und einem anderen Überlebenden prallen zwei völlig unterschiedliche Grafikstile aufeinander. Arissa selbst wirkt wie aus einem MiHoYo-Spiel entnommen, klar, stilisiert, Anime-inspiriert. Daneben steht plötzlich ein fotorealistischer NPC, als wäre er aus einem völlig anderen Spiel importiert worden. Absicht oder Schlamperei? Man weiß es nicht. Aber es unterstreicht, wie uneindeutig die visuelle Vision des Spiels wirkt. AI Limit ist kein schlechtes Spiel. Es funktioniert, sieht gut aus und bietet solide Kämpfe. Aber genau darin liegt das Problem: Es bleibt nur solide. Es will ein Soulslike sein, ist aber zu sehr auf Nummer sicher gegangen. Wo andere Titel das Genre weiterdenken, bleibt AI Limit zu sehr im “Schon-mal-gesehen”-Modus stecken. Das Sync-System ist ein cleverer Ansatz, die Welt ansprechend, aber unterm Strich fehlt der Mut zum Neuen. Wenn Ihr Hardcore-Fans des Genres seid, könnt Ihr AI Limit sicher mal ausprobieren. Für alle anderen bleibt ein Spiel, das ein paar gute Ideen unter einer dicken Schicht Schlamm vergräbt und leider nie ganz aus dem Morast herauskommt.

Fazit

AI Limit ist ein solides Soulslike, das durch einen interessanten Grafikstil und ein paar coolen Features wie dem Sync-System punkten kann. Die Story kann ab der zweiten Hälfte sogar auch etwas, nur fühlt sich das Spiel insgesamt einfach etwas zu unoriginell und bekannt an. Solltet ihr aber Futter im Genre brauchen, ist es eine sehr gute Zwischenmahlzeit.

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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