Einer der interessantesten Fakten zu Advance Wars-Reihe ist deren Betitlung: Bevor die Serie mit dem Game Boy Advance zum ersten Mal im Westen veröffentlicht wurde, richtete sich der Titel immer auf die Plattform, auf der das Spiel erschien. So nennt man den ersten Ableger beispielsweise Famicom Wars (Name der NES im Osten), während man bei späteren Game Boy-Ableger Game Boy Wars als Titel liest. Mit Advance Wars scheint aber der bestmögliche Titel gefunden worden zu sein, weshalb alle Spiele danach einfach nur noch Advance Wars heißen. Und das gerade zur richtigen Zeit: Die Game Boy Advance-Ableger gelten für manche als zwei der besten Strategie-Titel überhaupt, deshalb ist auch nicht verwunderlich, dass sie unter Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp von Nintendo neu aufgelegt wurden (und glücklicherweise nicht Switch Wars heißen). Hier sind unsere Eindrücke:
Ein Krieg, zwei Kampagnen – natürlich nur im virtuellen Raum
Beim Starten des Spiels erspähen Veteranen sofort ein bekanntes Gesicht: Nell, eine Offizierin von Orange Star, zeigt uns die Optionen im Hauptmenü auf und schlägt vor, gleich mit der Kampagne von Advance Wars zu beginnen, um in dessen Tutorial die Grundlagen zu erlernen. Als Spieler der Originale kennen wir diese allerdings bereits und können die Tipps von Nell dankend ablehnen. Mit Andy als ersten Kommandanten sind die Lektionen gegen den stümperhaften Blue Moon-Kommandanten Olaf schnell absolviert und die Story um Schlachten, Krieg und Taktik kommt richtig ins Rollen.
Unser Kreuzzug führt dabei über das Heimatland und in die fremden Regionen der Armeen von Blue Moon, Yellow Comet, Green Earth und final Black Hole, die alle eine Riege von Befehlshabern mit eigenen passiven Eigenschaften und Spezialgaben besitzen. Dabei wird dem Spieler an gewissen Stellen die Wahl gelassen, welchen Weg er einschlagen möchte und verändert so den Verlauf des Spiels – wenn auch nur für die nächsten Missionen. Unter anderem kann man so aber auch einen neuen Kommandanten im Shop verfügbar machen.
Was hat es aber mit den verschiedenen Kommandanten auf sich? Startcharakter Andy zum Beispiel hat als absoluter Durchschnitt weder Vorteile noch Nachteile und seine „Gabe“ (damit gemeint sind spezielle Fähigkeiten, die meist nach ein paar Runden einsetzbar sind) beschränkt sich auf das Reparieren aller beschädigten Einheiten um 2 Punkte und einen leichten Boost der Defensive aller Einheiten. Max, ein anderer Orange Star-Befehlshaber, ist deutlich mehr auf direkten Angriff ausgelegt, was sich in einem Stat-Boost von 150% zeigt, während Tamis (die dritte Kommando-Figur während der Kampagne) „Gabe“ Einheiten um die Hälfte mehr Felder in einem Zug ziehen lassen kann.
In der direkt anschließenden Kampagne von Advance Wars 2: Black Hole Rising ist sogar noch eine zusätzliche „Spezialgabe“ verfügbar, die länger zum Aufladen benötigt, dafür aber nochmal um ein Eck besser ist als die normale Gabe.
Was man braucht? Nichts, außer Taktik, Kalkül, Plan, Strategie und Raffinesse
Doch kommen wir zum Eingemachten: Der eigentlichen Kriegsführung und dem Geschehen auf dem Schlachtfeld. Als Einheiten gibt es nicht nur Fußsoldaten, Panzer und Spähfahrzeuge, sondern auch der Kampf im Wasser und zur Luft ist bald möglich und in vielen Szenarien sogar essentiell. Dabei hat jede seine Vor- und Nachteile: beispielsweise ist der Bomber verheerend gegen Bodeneinheiten, kann aber keine anderen Luftfahrzeuge attackieren. Kampfpanzer sind größer und durchschlagskräftiger als Jagdpanzer, aber in ihrer Bewegungsreichweite eingeschränkter. Artillerie und Raketenwerfer sind für Distanzangriffe wirkungsvoll, aber gegenüber einem direkt vor ihnen platzierten Gegner hilflos. Diese drei Beispiele kratzen aber nur marginal an der Oberfläche der Spieltiefe von Advance Wars und je mehr Stunden man in das Spiel investiert, desto mehr breitet sich diese vor einem aus.
Während Advance Wars die Formel auf Anhieb perfektioniert hat, wird in Black Hole Rising nur ein wenig mit ihr gespielt, anstatt sie grundlegend zu ändern. Neben neuen Kommandanten gibt es auch ein neues Fahrzeug – den Titanpanzer, der mit seiner Feuerkraft seinesgleichen vergeblich sucht. Zudem gibt es in einigen Missionen neue Gewinnkonditionen, die sich nicht mehr nur auf die zwei üblichen von Advance Wars – alle gegnerischen Einheiten zerstören oder das Hauptquartier einnehmen – beschränken. Die Widersacher des Sequels greift gerne auf unfaire Mittel, wie eine riesige Kanone oder eine Pipeline, die jede Runde kostenlos neue Einheiten auf das Schlachtfeld transportieren, zurück. Werden diese hingegen zerstört oder unbrauchbar gemacht, ist meist auch das Gefecht beendet.
Taktik ist in jedem Fall und zu 100 Prozent das A und O von Advance Wars. So kommt es auch nicht von ungefähr, dass man nach jeder Mission einen Rang erhält und dazu Münzen in den Kategorien „Tempo“, „Kraft“ und „Technik“. Maximal kann man 300 Münzen pro Mission erhalten und diese werden auch unbedingt benötigt, falls man im bereits erwähnten Shop einen Großeinkauf tätigen möchte.
Es ist allerdings keine Schande, auch einmal schlechter abzuschneiden oder gar zu scheitern. Wenn man den Dreh erst einmal raus hat und weiß, wie der gegnerische Kommandant agiert bzw. wo er seine Truppen platziert hat – diese kann er nämlich auch im Kriegsnebel verstecken, der sich nur durch Bewegen der Einheiten lichtet – kommt man dem erhofften Sieg immer näher.
Krieg bleibt immer gleich – doch nun hat er viele neue Features
Was ist nun wirklich neu an der Neuauflage? Zuerst ins Auge stechen natürlich die wunderschön gezeichneten Grafiken, die wesentlich aufgeräumter den GBA-Originalen gegenüber wirken, und die fluiden Animationen beim Einsatz der „Gabe“ und „Spezialgabe“. Zudem gibt es ordentliche deutsche Vertonungen der Dialoge, bzw. wird in manchen Fällen zumindest der erste Satz der Textbox laut vorgelesen. Manchen könnten es hier aber nervig auffallen, wie oft Hachi sich nach abgeschlossenen Missionen oder insgesamt meldet, um Werbung für neues Inventar (Herausforderungen für den Kriegsraum, Musikstücke, einsetzbare Kommandanten) im seinem Shop zu machen – aber das ist Nörgeln auf hohem Niveau!
Apropos, Kriegsraum: unter diesem Menü-Punkt findet man noch größere Herausforderungen als in der Kampagne. Dort sind mehrere Karten verfügbar, die den Spieler in der Regel in einen anfänglichen Nachteil gegen einen oder mehrere Kommandanten versetzen. Die meisten Kriegsraum-Karten beginnen ohne Einheiten auf der Karte, sodass der Spieler und die KI diese erst in den entsprechenden Gebäuden unter Einsatz von Geld produzieren müssen. Die Anzahl der Grundstücke auf einer Karte kann dabei genauso wie Größe und Beschaffenheit derselben variieren. Und obendrauf ist anwählbar, ob man unter dem Spielstil von Advance Wars oder Advance Wars 2: Black Hole Rising antreten möchte.
Mithilfe der Online-Funktion der Nintendo Switch ist es nun auch möglich, gegen Spieler auf der ganzen Welt anzutreten, und nicht nur gegen einen Freund mittels Link-Kabel, wie auf dem Game Boy Advance üblich. Allerdings ist es auch weiterhin möglich, offline mit bis zu drei Konkurrenten zu spielen – so ist überhaupt nur eine Konsolen notwendig. Völlig neu ist wiederum die Möglichkeit, seine eigenen Karten, auf der Schlachten geführt werden können, zu erstellen.
Fazit
Nicht umsonst gilt Advance Wars als eines der besten Spiele aller Zeiten – es bietet vom Einsteiger bis zum absoluten Taktik-Experten etwas für jeden und kann eine unglaubliche Spieltiefe erreichen. Dieses Remaster macht zudem alles richtig: Der Korrekturstift wird nur an der Grafik angesetzt, Gameplay und Leveldesign bleiben originalgetreu erhalten. Hinzu kommen noch Online-Funktionalität, Vertonung und Karten-Editor und fertig ist die optimale Neuauflage eines rundenbasierten Strategieklassikers.
Positiv:
+ überarbeite Grafiken und Animationen
+ getreu dem Gameplay und Spieltiefe der Originale auf Game Boy Advance
+ beide Kampagnen ergeben doppelt so viel Spielzeit, …
+ … die durch das optionale Überspringen der Tutorials modernisiert wurden
+ Online-Funktionalität und Karten-Editor verfügbar
Negativ:
– zu viele nervige Kommentare von Hachi