Review: A Juggler’s Tale – Wunderschön fesselndes Puppentheater aus Deutschland

Es gibt sie immer wieder. Diese kleinen Indie-Perlen. Die, die einem einfach ein Erlebnis bieten. Dabei vielleicht nicht die nächste große Gameplay-Offenbarung oder die größte Open World, sondern einfach mit weniger zu beeindrucken wissen. A Juggler’s Tale von Entwickler kaleidoscube aus Ludwigsburg ist so eine Perle. Hier und da zwar ein paar Schwächen lohnt es sich dennoch diesem Spiel eine Chance zu geben. Und warum genau, das erfahrt ihr in unserem Test.

Das Leben an einem seidenen Faden

Allen voran: Das Spiel lehnt sich bewusst an größere Vorbilder wie Limbo oder Little Nightmare, hat dabei aber eine komplett eigene Idee und schön erzählte Story. Ihr spielt Abby, eine Marionette welche innerhalb eines Zirkusses auftritt, bald aber aus diesem ausbrechen will und die wunderschöne weite Welt kennenlernen wird. Begleitet wird sie dabei vom Geschichtenerzähler und Marionettenspieler, welcher euch durch Sprüche und Reime immer gekonnt die Situation beschreibt. Doch natürlich ist in der grafisch sehr schön gestalteten Welt euch nicht alles und jeder wohlgesonnen, weshalb ihr Fallen ausweichen, Banditen entfliehen oder Kreaturen bekämpfen müsst.

Dabei erlebt ihr malerisch wirkende Hintergründe, während ihr euch in diesem Sidescroller von links nach rechts bewegt. Der Erzähler ist wohl das besonderste Merkmal und schafft es eine märchenhafte Atmosphäre zu erzeugen, die auch durch die Musik sehr gut transportiert wird. Sowohl in englischer oder deutscher Sprachausgabe kommentiert dieser viele eurer Aktionen, beschreibt die Szenerie oder vertont andere Charaktere. Das Spiel ist in fünf Akte aufgeteilt und schließt, beziehungsweise öffnet dabei immer wieder den Vorhang. Ihr seht Bühnenequipment und es soll klar sein, dass ihr eine bereits ausgearbeitet Geschichte innerhalb des Spiels nachspielt. Aber erwartet auf jeden Fall den einen oder anderen Twist, der mich noch lange nach dem Durchspielen begeistern konnte.

Die Schnur gehört dazu

Ihr lauft also nur von links nach rechts und genießt die Umgebungen? Selbstverständlich nicht, denn es gehören Rätsel genau so dazu, wie kleinere Schleicheinlagen oder aber auch überraschend gut umgesetzte Bosskämpfe. Rätsel sind nicht allzu umfangreich, wenn ihr denn versteht, was das Spiel von euch möchte. Ihr bekommt natürlich auch kleinere Tipps durch den Erzähler, doch direkt das erste Rätsel hat mich zum Beispiel peinlich viel Nachdenken abverlangt. Das trübt nicht direkt die Erfahrung, ist dann aber etwas schade. Da hätte ich mir dann doch etwas spezifischere Tipps gewünscht, dies will ich dem Spiel aber nicht vorwerfen, da andere hier sicherlich cleverer und schneller vorankommen. Wichtig ist in jedem Fall immer eure Fäden im Blick zu haben, denn schnell bilden diese das Hindernis, was euch das Vorankommen blockiert. So müsst ihr euch durch verschieben von Blöcken oder werfen von Steinen häufig einen Weg bahnen, um über Hindernisse hinwegzuspringen oder diese aus dem Weg räumen. Eine wirklich clevere Mechanik, die Spaß macht und wodurch man an bekannte Umstände anders herangehen muss.

Weniger Spaß haben mir aber die Schleichpassagen gemacht. Lichtkegeln von Banditen auszuweichen sollte nicht der schwierigste Akt sein, dennoch scheiterte ich daran recht häufig, ohne genau begriffen zu haben wie ich denn entdeckt worden bin. Rücksetzpunkte sind dabei relativ fair gesetzt, doch nach dem vierten Versuch geht einem der wiederholende Erzähler doch ein bisschen auf den Geist. Das kann euch auch in Bosskämpfen passieren, doch hier gibt es genug Checkpoints, dass dies nicht weiter ins Gewicht fällt. In diesen Kämpfen seid ihr ügrigens meist in der Defensive und weicht gekonnt aus, um dann geschickt den Gegner zu überlisten oder aus dem Hinterhalt zu überfallen. Generell habe mir diese Passagen besonders gut gefallen, egal ob es gegen einen Bären oder eine riesige Spinne war oder spätere storyrelevantere Auseinandersetzungen.

Inszenatorisch toll

Bekanntermaßen ist weniger ja manchmal mehr. Denn obwohl die Entwickler hinter A Juggler’s Tale sicher kein riesiges Budget in der Hinterhand hatten, wurde die Welt wirklich toll umgesetzt. Die Grafik ist bei genauerem Blick recht minimalistisch gehalten, da zum Beispiel die Puppen keine wirklichen Gesichtszüge haben. Aber in Verbindung mit den tollen Hintergründen, die durch das gute Pacing sehr angenehm flott wechseln; dem gut gewählten Erzähler und der Musik bekommt ihr hier wirklich etwas sehr Spielenswertes, was obendrein auch noch klasse aussieht. Gute Spiele mit Erzähler gibt es neben Bastion und Divinity: Original Sin 2 eh viel zu wenige, daher ist dieses kleine Adventure auf jeden Fall einen Blick wert. Gelegentliche Bugs sind außerdem selten aufgetreten, hier wurde auch bereits ein erster Patch zum Release versprochen.

„Die Sonne sinkt samt ihres samtroten Schleiers
und überlässt der Dunkelheit die Nacht
Wolken schneiden den Mond im spiegelnden Weiher,
Der kühle Wind säuselt sacht.
Die Jägershütte, ein fahler Lichtstreif, der wohl Sicherheit birgt
und du, kleine Abby, die seine schützende Güte umwirbt.
Doch schlummern Gefahren nicht oft erst recht im Lichte?
Und macht das Schutzsuchen nicht meist den Schutz zunichte?

Fazit

A Juggler’s Tale reißt innovationstechnisch sicher keine Bäume aus. Das muss es aber auch nicht. Der hübsche Sidescroller mit Rätseln sowie Schleicheinlagen überzeugt anders. In ca. 2-3 Stunden bekommt ihr tolle Bilder, schöne Musik, einen stimmigen, sehr gut geschriebenen Erzähler und bitterböse Wendungen. Wer also in Zukunft Limbo empfiehlt, muss im gleichen Atemzug auch kaleidoscubes A Juggler’s Tale erwähnen.

A Juggler’s Tale erscheint am 29. September 2021 für PC, Switch, Playstation 4, Playstation 5, Xbox One und Xbox Series.

Positiv:

+ tolle Optik mit schönen Schauplätzen

+ spaßige Rätsel durch Stränge der Marionetten

+ märchenhafter Erzähler als Kommentator

+ gutes Pacing durch schnelle Wechsel der Locations

Negativ:

– teils unklare Aufgaben bei Rätseln

– Schleichpassagen nicht immer fair

– Wiederholungen des Erzählers bei Rücksetzpunkten nerven

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Written by: Nick Erlenhof

Hitoshura, Sith & FOXHOUND-Spectre

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