Review: 13 Sentinels: Aegis Rim – Kaiju, Mechs und Zeitreisen in einer Visual Novel mit RTS-Elementen

13 Sentinels: Aegis Rim erschien bereits im November 2019 in Japan und ist Vanillawares erster komplett neuer Titel, seit Dragon’s Crown im Jahre 2013 erschien. Der Entwickler zeichnet sich durch neue originelle Spiele aus, anstatt sich auf IPs zu konzentrieren, die in Serien produziert werden sollen, und legt dabei eine durchaus hohe Qualität an den Tag. Ob das neue Spiel der Japaner dies nun erneut schafft und uns westliche Fans zu überzeugen weiß, verraten wir euch in unserem Review.

Die glückliche Dreizehn?

13 Sentinels ist in erster Linie ein Adventure, bei dem ihr die Kontrolle über 13 verschiedene Protagonisten, vorrangig aus einer japanischen High-School, übernehmt, von denen jeder seine eigene, Geschichten hat, die wiederum mit denen aller anderen Charaktere verflochten ist. Dabei wird langsam eine komplizierte Science-Fiction-Handlung enträtselt, die Zeitreisen, Verschwörungen und Verrat beinhaltet und zusätzlich nebenbei noch eine Apokalypse, die durch Kaiju hervorgerufen wurde. Während die Geschichte selbst linear ist und keine wirklichen Verzweigungselemente enthält, ist die Art und Weise, wie sie erzählt wird, überhaupt nicht linear, da die Geschichten verschiedener Charaktere zu unterschiedlichen Zeiten und Jahren stattfinden, und ihr die Geschichten der Charaktere meistens in beliebiger Reihenfolge spielen könnt (mit wenigen Ausnahmen). Einige Storys von Charakteren werden daher auch in den Handlungssequenzen anderer Charaktere erzählt. Dann muss man auf jeden Fall am Ball bleiben und sollte nicht nur nebenbei zuhören.

Solche Szenen sind wirklich einfach nur beeindruckend.

Über die Story an sich können wir nur wenig verraten ohne sie zu spoilern, aber es sei gesagt, dass ihr zwischen fünf Zeiträumen (1940er, 1980er, 2020er, 2060er und 2100er Jahre) wechseln werdet. Das Hauptgebiet des Spiels ist jedoch 1984 und der Einfluss der Popkultur der 80er Jahre. Dieser reicht von Hollywood-Blockbustern wie E.T. und Terminator bis zu japanischen Direct-to-Video-Anime-Serien (OVA) wie Megazone 23 und klassischen Manga-Serien wie Please Save My Earth. Kenntnisse der Referenzen ist natürlich keine Pflicht, aber eine schöne Dreingabe für Fans der Vorlagen.

Interaktiver Zeitreise-Anime oder Sci-Fi Strategie?

Ihr habt die beiden Spielmodi und eine Sammlung an Extras zur Auswahl.

Das Gameplay in den Adventureabschnitten besteht hauptsächlich darin, dass man in einen Hub geworfen wird und nach Möglichkeiten sucht, die Handlung voranzutreiben, indem ihr normalerweise Schlüsselwörter lernt und sie für andere Charaktere verwendet. Dies ist eine einfache, aber effektive Methode, um die Geschichte zu erzählen und motiviert immer wieder für andere Ergebnisse. Zunächst lernt ihr eine Reihe von Charakteren und den übergeordneten Teil der Story in einem sehr umfangreichen Tutorial kennen und müsst anschließend selbst zurück in die bereits gespielten Kapitel gehen, dieses Mal aber nicht dem Kumpel des Protagonisten zur Cafeteria folgen, sondern vielleicht schauen was passiert, wenn ihr im Klassenzimmer bleibt. Vanillawares gewohnt wunderschöne 2D-Grafiken lassen das Spiel dabei häufig wie ein Gemälde in Bewegung aussehen, sind aber sicherlich nicht jedermanns Sache, wie auch schon bei Dragon’s Crown. Während die nichtlineare Natur der Story anfangs verwirrend sein mag, versucht einem das Spiel mit einem Glossar von Schlüsselwörtern, die genau erklären, was passiert ist, und einer Liste aller Ereignisse, die in chronologischer Reihenfolge angeordnet sind, die Geschehnisse in ein klares Gesamtbild zu bringen.

Hier wird uns unten ein Tipp gegeben, aber das ist nicht immer so.
Mit diesen Schlüsselwörtern könnt ihr die Handlung vorantreiben.

Außerhalb der Visual Novel finden Kämpfe gegen die mechanischen Invasoren in Form von Semi-Echtzeit-Strategiesequenzen statt. Ihr übernehmt die Kontrolle über ein Team von bis zu sechs der dreizehn Sentinels – Mechs, die für den Kampf gegen die Kaiju entwickelt wurden. Jeder wird von einem der dreizehn Protagonisten (die jeweils ihre eigenen Fähigkeiten besitzen) gesteuert und gehört einer von vier Generationen an entwickelten Mechs an. Jede entspricht dabei einer Charakterklasse: Die Sentinel der ersten Generation sind auf Nahkampf spezialisiert; Modelle der zweiten Generation sind Allrounder, die Unterstützungseinheiten beschwören können; Modelle der dritten Generation sind Spezialisten mit großer Reichweite und Modelle der vierten Generation können fliegen und verwenden spezielle Hightech-Geräte wie Schilde und Laser. Alle Sentinels lassen sich übrigens durch eine Währung upgraden und leveln nach jedem Kamp auf. Wann und von wem diese Sentinels entwickelt wurden und warum diese von Schülern gesteuert werden? Dürfen wir euch leider nicht verraten.

Vor jeder Mission könnt ihr euer Angriffs- und Verteidigungsteam wählen.

Das Ziel ist dabei einen bestimmten Punkt auf jeder Karte vor einer Welle von Feinden zu verteidigen, denkbar einfach also. Einfach sind dabei leider auch die Grafiken, die sowohl Verbündete als auch Feinde als schlichte Symbole darstellen. Während dies den ersten Eindruck erwecken mag, dass die Schlachten ein einfaches Minispiel oder eine Ablenkung von den Story-Sequenzen sind, wird schnell klar, dass die Strategieteile des Spiels eine enorme Tiefe haben, wobei der Schwierigkeitsgrad nach dem Tutorial ständig zunimmt. Denn es tauchen schnell neue Feinde mit neuen Fähigkeiten auf, an die man sich rasch anpassen muss, und immer mehr Feinde füllen die Karten.

Die Zeit wird angehalten und ihr könnt eure Aktion auswählen.
Auch die Sequenzen der Kämpfe sind alle komplett vertont.

Dabei habt ihr immer ein Zeitlimit von zwei Minuten, welches bei der Eingabe der Befehle für eure Einheiten angehalten wird, sodass die Gefechte später somit durchaus bis zu zehn Minuten dauern können und ihr die Sentinels taktisch gut platzieren und angreifen lassen müsst. Während die einfachen Grafiken auf den ersten Blick nach wirklich nicht viel aussehen, ermöglichen sie es 13 Sentinels aber Dinge wie das Füllen des Gebiets mit Tausenden von Kaiju und erlauben auch Raketenregenangriffe der Sentinels, die wahrscheinlich bei einer aufwendigeren Grafik nicht möglich gewesen wären. Man kann sich das Ganze als eine Art Feuerwerk wie bei Geometry Wars vorstellen, denn es kann tatsächlich auf eine ähnlich Art süchtig machen.

In der Zukunft alle Fehler ausgemerzt?

13 Sentinels: Aegis Rim macht wirklich verdammt viel richtig, hat aber auch seine Mankos. Einige Charaktere haben deutlich weniger interessante Geschichten als andere, und einige Adventure-Abschnitte haben unklare Fortschrittsauslöser (von denen einige zeitbasiert sind und von denen einige die Rückkehr zu zuvor erkundeten Orten erfordern), was dazu führen kann, dass man ziellos herumwandern muss, bevor einem klar ist, wie man voran kommt. Auch die Aufteilung der Segmente nach dem Tutorial in Visual Novel und RTS in eigene Modi, die man zwar beide für den Fortschritt der Story spielen muss, aber nicht ineinander verwoben sind, ist schade. Dafür ist so gut wie alles vertont und großartig gelungen und passt super zum stimmigen Soundtrack, welcher in den taktischen Gefechten leider schwächelt. Die englische Sprachausgabe stand uns zum Testzeitpunkt leider nicht zur Verfügung, wirkte aber in ersten Trailern und Ausschnitten gewohnt klasse. Es bleibt aber generell eine Geschmacksfrage, ob einem der Stil des Spiels zusagt, denn der Hauptteil des Spiels findet im Adventure-Part statt und daher wird viel zugehört und weniger aktiv gespielt. Werdet ihr also schnell unruhig, wenn es lange Zeiträume ohne große Action gibt, solltet ihr das Spiel lieber meiden. Jeder, der sich aber nur entfernt für Science-Fiction, Popkultur der 80er Jahre oder gute Geschichten im Allgemeinen interessiert, wird hier bestens bedient.

Fazit

13 Sentinels: Aegis Rim ist in erster Linie ein Story-zentriertes Spiel, das am ehesten als Visual Novel gedacht ist, welche zusätzliche Strategiesequenzen enthält. Spieler, die sich darauf einstellen, bekommen eine wirklich einzigartige Geschichte vieler interessanter Charaktere und deren Schicksale. Man muss nur dranbleiben, sollte der nächste Lösungsansatz einmal nicht direkt klar sein.

Positiv:

+ spannende und clevere Story mit interessanten Charakteren

+ zeitlose, liebevolle Grafik

+ motivierende Mechanik des Fortschritts der Story

+ süchtig machende RTS-Komponente…

Negativ:

– …mit leider abgespeckter, simpler Grafik

– nicht alle Storypfade sind gleich interessant

– Voraussetzungen für unentdeckte Abzweigungen für Charaktere teilweise unklar

13 Sentinels: Aegis Rim erscheint am 22. September 2020 exklusiv für Playstation 4.

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Written by: Nick Erlenhof

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