Returnal PS5 Review – Komplex, fordernd und wunderschön

Nach einem ausgezeichneten Remake von Demon’s Souls und einzelnen PlayStation Plus Überraschungen, dürfen sich PS5-Besitzer jetzt endlich auf den ersten wirklichen PS5-Exklusivtitel freuen. Indie-Entwickler Housemarque (Resogun, Dead Nation, Alienation, Matterfall) wagt einen großen Schritt heraus aus ihrer vertrauten Umgebung und probiert sich an einem umfangreichen Sci-Fi Shooter mit einer vielschichtigen Welt und einer Geschichte verpackt in einer Roguelike-Dynamik. Ob dieses Experiment geglückt ist, und ob der Titel wirklich für jeden Spieler geeignet ist, findet ihr wie immer bei uns im Test heraus.

Ein Roguelike-Puzzle mit vielen Schichten

Die Komplexität von Returnal zieht sich durchs gesamte Spiel; für die Story-Elemente liefert das eine mysteriöse und befremdliche Stimmung. Protagonistin Selene strandet auf dem Planeten Atropos und wird in einer Zeitschleife gefangen – das ideale Setup für einen Roguelike-Shooter, mit einer sich ständig veränderten Welt. Aufgeteilt in sechs Biome kämpft ihr euch aufgeteilt in drei Story-Akten immer wieder aufs Neue durch bekannte Gebiete, die zwar großteils dieselben Stages beinhalten, aber den Aufbau immer wieder durchwürfeln. Den Genre-Mix kann man am besten mit einer Mischung aus Alien, Hades, Metroid und Control beschreiben. Trotz der trüben Tatsache, dass ihr über die gesamte Spielzeit nur die Protagonistin auf ihrer vielschichtigen Reise begleitet, wird das Spiel erst wirklich spät repetitiv und eintönig, was aber nicht zwingend den Roguelike-Aufbau geschuldet ist, sondern mehr einigen mühseligen Sammelaufgaben. Returnal zerstückelt zwar eine mysteriöse Geschichte (aufgeteilt in spannenden Gameplay-Loops) in eine unglaublich faszinierende Alien-Welt, zwingt den Spieler aber außerhalb der gewohnten Durchläufe durch alle Abschnitte immer wieder Unmengen an Gegenständen zu sammeln. Artefakte, Audio Logs, Glyphen und vieles mehr müssen ständig aufgesammelt werden, um ein Verständnis für die Welt von Atropos, ihren Bewohnern und vor allem der komplexen Geschichte hinter der Protagonistin zu entschlüsseln.

Fans von Tentakeln, Aliens und Zeitschleifen werden voll auf ihre Kosten kommen.

BioShock war hier der letzte vergleichbare Titel, der mich so viel zum Recherchieren und Nachdenken gebracht hat und die Theorien nach dem Release des Spiels werden sicherlich einige spannende Ergebnisse von Fans liefern. Auch wenn das Sammeln von Gegenständen nicht gerade der größte Spaß in einem fordernden Roguelike-Shooter ist, will man trotzdem immer mehr über die Geschichte in Returnal wissen, und wer sich darauf einlässt, bekommt Stück für Stück einen guten Einblick in die durchdachte Welt, die Entwickler Housemarque hier aufgebaut hat. Die Spielzeit von Returnal sollte man wie bei jedem Roguelike-Titel in Relation zum Glück und Können des jeweiligen Spielers einschätzen. Uns standen vor dem Release noch nicht alle In-Game-Tutorials zur Verfügung, trotzdem konnten wir Akt 1 nach weniger als vier Stunden und das gesamte Spiel bis zum Abspann in acht Stunden abschließen. Wer hier Spiele wie Hades oder auch Dead Cells hinter sich gebracht hat, weiß aber, dass es an diesem Punkt noch lange nicht zu Ende ist. Momentan stehe ich bei über 30 Stunden Spielzeit, nähere mich aber schon der Platin-Trophäe und allen entdeckbaren Story-Elementen. Wer zumindest alle relevanten Zwischensequenzen zu Gesicht bekommen will, sollte mit 14-20 Stunden rechnen. Wenn ihr eure Sessions optimieren wollt, sammelt von Anfang an alle relevanten Gegenstände so gut es geht gezielt ein.

Selbst nach hunderten neuen Loops sieht die Welt von Atropos immer noch beeindruckend aus.

Ähnlich wie bei Control und Entwickler Remedy kann man hier sagen, dass Housemarque mit Returnal ihr bisher ambitioniertestes Projekt abgeliefert haben. Die beliebten Features des PS5 Dualsense Controllers inklusive der Hardware-Leistung der Konsole wurden hier gekonnt ausgenutzt. Wie bei den meisten für PS5 optimierten Shootern geben die Schultertasten variabel nach, je nach Waffe und Munitionsstand. Ein nettes Feature, an das man sich leider etwas zu schnell gewöhnt ist der Umstand, dass der Spieler sogar feine Regentropfen durch Vibration über den Controller spüren kann. In der ständigen Hitze des Gefechts gehen solche kleinen Details zwar unter, aber nehmt euch hin und wieder Zeit um etwas die einzelnen Levels zu erkunden. Je mehr Zeit ihr in den Titel steckt, desto weniger werdet ihr euch die Zeit nehmen, die facettenreiche Umgebung zu genießen. Returnal kann man fast schon vorwerfen zu „voll gestopft“ zu sein, aber leider eher in den weniger relevanten Bereichen: Unzähligen Upgrades über Artefakte und Parasiten, die mit etwas mehr Risikofaktoren verbunden sind, überschatten die marginal wechselnde Gegnervielfalt. In den ersten Stunden fallen diese Erkenntnisse zwar nicht unbedingt ins Gewicht, aber wenn man ein Gebiet gezielt auskundschaftet, um den letzten Audio-Log oder die letzte Glyphe zu finden – oder auch schon gute 20+ Stunden in den einzelnen Abschnitten verbracht hat -, vermisst man ein wenig Hilfestellung durch das Spiel. Der zufällige Aufbau macht simple Sammelaufgaben immens schwierig und erzeugt ungewollt viel zu viele Frustmomente. Vor allem weil ein Vorankommen innerhalb der Geschichte oftmals mit den erwähnten Gegenständen verbunden ist oder man genau kurz vor dem Erreichen des gewünschten Loops unglücklich stirbt, wobei in diesem Fall natürlich keine Rückkehr mehr erlaubt ist. Auch der eigentlich recht flotte und flüssige Spielfluss wird dadurch immer wieder aufgebrochen und man findet dann schwer wieder in den Spielefluss zurück.

Die vielschichtige Geschichte und das abwechslungsreiche Gameplay von Returnal bleiben die Highlights.

Herausforderungen ohne Ende

Wenn man sich mit allen Tutorials vertraut gemacht hat und nach unzähligen Loops die Welt und das System hinter Returnal verstanden hat, bietet das Spiel ein unglaublich schnelles und forderndes Gameplay, wie man es aus anderen Housemarque-Spielen gewohnt ist. Das üppige Waffenarsenal kann über „Traits“ mit mehrmaliger Nutzung der jeweiligen Waffe nochmals um Spezialfähigkeiten erweitert werden, was im späteren Spielverlauf essentiell wird. Leider ist man auch hier ständig vom Zufallsfaktor abhängig, aber wenn ihr früh alle eure Lieblingswaffen auflevelt, bleibt die Chance recht gering, nicht an euer favorisiertes Arsenal zu gelangen. Kombiniert mit den unzähligen Artefakten und Parasiten zwingt euch Returnal das gesamte Spiel über riskante Entscheidung zu treffen. Einige Gegenstände inklusive den erwähnten Parasiten können euch einen immensen Vorteil im bestehenden Loop liefern, sind aber auch mit einer negativen Fehlfunktion behaftet. Dadurch wird selbst das Aufsammeln von Ressourcen zu einer taktischen Komponente, die jedes Mal aufs Neue gut überlegt werden muss. Anfangs fühlt man sich noch von den sechs verschiedenen Biomen und den einzelnen Levels überwältigt, aber mit jedem neuen Spieledurchlauf lernt man dazu und wird immer vertrauter mit der Welt von Returnal. Im Gegensatz zu Hades ist Returnal aber weitaus umfangreicher, vielschichtiger – leider aber auch deutlich weniger zugänglich. Alles im Spiel muss analysiert und ausgetestet werden, wodurch es zu einigem Frustpotential kommt und die verschachtelten Story-Elemente, die sich erst ganz spät mit allen gefundenen Puzzle-Teilen zusammenfügen, verlangen von neuen Spielern einiges ab. Wer aber schon einige Roguelike-Titel hinter sich hat, wird mit diesem Aufbau ohne viele Probleme zurecht kommen.

In der umfangreichen Datenbank könnt ihr zu allen Lebewesen, Gegenständen und vielem mehr Details nachlesen.

Wer mit dem Hauptspiel noch nicht genug bekommen hat, kann sich in täglichen Challenges austoben und versuchen den weltweiten Highscore zu knacken. Auch die Online-Elemente waren für uns schon verfügbar, wobei man hier nur andere gestorbene Spieler rächen oder ausrauben kann. Die Items, die man hier erhält, sind aber selten die Mühe wert, also eher ein minimalistisches Multiplayer-Feature. Es ist beeindruckend, was Housemarque alles in Returnal verpackt hat, nur bleibt es ein riskantes Unterfangen, so viele komplexe allein stehende Elemente in einen Roguelike-Titel zu streuen. Der Gameplay-Loop wird vielen Spielern reichen, wer hier aber eine durchgängige Geschichte erzählt bekommen will, wird fast in Richtung Komplettierung spielen müssen. Auch mit dem Wissen, dass die Entwickler zum Launch noch vereinzelte zusätzliche Tutorials zu Artefakten und ähnlichem implementieren werden, bleibt ein große Menge „Trial and Error“. Technisch wirkt Returnal durchgängig sehr beeindruckend, einzig das Überspringen von wiederkehrenden Animationen und kurzen Zwischensequenzen hätte man deutlich schneller gestalten können. In den über 30 Stunden ist uns einmalig die PS5 abgestürzt, und wenn man einige Gegner in andere Level mitzieht, kann die Framerate leicht einbrechen. Ansonsten liefert Returnal eine sehr solide Figur ab und besticht mit einem unglaublich schnellen Spielfluss und sehr gelungenen Zwischensequenzen. Vor allem der mehrmalign Wechsel in die Egoperspektive für die Haussequenzen sind eine nette Abwechslung gegenüber den schnellen Third-Person-Shooter-Abschnitten. Neben der kurzen Verschnaufpause, bekommt ihr im mysteriösen Haus einen essentiellen Einblick in viele Bereiche der Geschichte hinter Returnal.

Die Kultur der einzelnen Alien-Arten wird in Form von Xeno-Archiven beschrieben. Passende Zwischensequenzen sind leider wie viele Elemente stark im Spiel verstreut.

Returnal erscheint exklusiv für die PlayStation 5 am 30.04.2021. Hier könnt ihr den Titel bereits vorbestellen.

Fazit

Returnal ist mit Abstand einer der interessantesten Titel des Jahres und bietet alles, wofür man Entwickler Housemarque kennt, in einem für das Studio bisher nicht erwarteten Level an Qualität und Umfang. Der Spielspaß wird zwar durch unzählige Sammelaufgaben im späteren Spielverlauf getrübt, und nicht alle Elemente kommen durch den Roguelike-Ansatz so ganz wie gewollt zusammen, aber trotzdem sollte sich kein PS5-Besitzer Returnal entgehen lassen.

Positiv

+ Überraschend umfangreich und vielschichtig

+ Gewohnt schneller Spielverlauf mit einem abwechslungsreichen Waffenarsenal

+ Komplexer Story-Aufbau, der die Erkundung des gesamten Spiels erfordert

+ PlayStation5-Konsolen und Controller-Features gekonnt umgesetzt

Negativ

– Roguelike-Elemente in vielen Bereichen Fluch und Segen

– Ein Übermaß zufällig generierte sammelbare Gegenstände birgt einen hohen Frustfaktor im späteren Spielverlauf

– In vielen Bereichen wird der Spieler zu Beginn mit neuen Eindrücken überfordert

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Written by: Gabriel Bogdan

Redaktionsleiter/Vernichter von Cornflakes und Vollzeit Gamer

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