Red Dead Redemption 2 Review – Wildwestsimulator Platinum Edition

Als 2016 der Nachfolger von Rockstar Games Westernepos Red Dead Redemption 2 angekündigt wurde waren die Jubelschreie wohl an allen Ecken der Gamingwelt zu vernehmen: Das Openworld Spiel soll alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen und das Genre auf ein neues Level heben. Einige Verschiebungen später ist Red Dead Redemption 2 nun am 26. Oktober für Playstation 4 und Xbox One erschienen. Erfährt in unserem Review, wieso wegen Rockstars neuestem Titel sogar die zwei Platzhirsche Call of Duty und Battlefield ihre Releases vor- beziehungsweise nach hinten verlegt haben.

Ein Storytelling der Meisterklasse

Storytechnisch ist Red Dead Redemption 2 vor dem ersten Teil angesiedelt: Ihr schlüpft in die Rolle von Arthur Morgan, einem Mitglied der aus dem ersten Teil bekannten Van der Linde Gang und erlebt deren Kampf gegen die Zivilisation und die Gesetze, welche im Jahr 1899 auch langsam im wilden Westen angekommen sind und demnach alle Banden zu Schwerverbrechern deklariert. Auf der Flucht müsst ihr mit eurer Gruppe immer wieder neue Lager aufschlagen, damit die Truppe mit Rationen und Geld versorgt wird und weiter existieren kann.

Unterstützt werdet ihr hierbei von bekannten Gesichtern: So werdet ihr auch dieses Mal wieder mit Bill Williamson, Dutch van der Linde und sogar John Marston, dem Protagonisten des ersten Teils, gemeinsam auf Missionen ausreiten und gegnerische Banden besiegen, Leuten helfen (oder Sie wahlweise ausrauben) und auf die Jagd gehen. Red Dead Redemption 2 geht hier aber einen komplett anderen Weg als alle Spiele dieser Art: Jede Mission und jeder Handlungsstrang ist irgendwie miteinander verbunden, was nicht nur zu einer ungeheuren Immersion im Spiel beiträgt. Viel mehr werdet ihr mit einem Epos konfrontiert: Alleine für den Abschluss der Story benötigt ihr mindestens 60 (!!!) Stunden. Möchte man jedoch alles freispielen und die optimale Ausgangssituation erreichen könnt ihr noch weitere 40 bis 60 Stunden dazurechnen. Red Dead Redemption 2 gibt sich in Sachen Umfang wahrlich keine Blöße und kann mit dem dicksten Singleplayerpaket des Jahres aufwarten.

Was für eine Detailverliebtheit

In Sachen Gameplay folgt Red Dead Redemption 2 seinem Vorgänger, erweitert dieses jedoch um eine gehörige Portion Realismus: So muss Arthur stets auf seine Ausdauer, Gesundheit und seine Fitness achten, da sonst entweder eine Dehydration eintritt oder zum Beispiel sich Über- oder Untergewicht auf die Ausdauer oder den Schaden auswirken können. Auch ist euer Pferd nicht nur ein Mount, welches ihr bei Bedarf rausholen könnt: Viel mehr müsst ihr euren Gaul regelmäßig striegeln, streicheln und füttern damit ihr eine gewisse Verbundenheit zum Tier aufbaut und sich so seine Werte im Allgemeinen verbessern.

Euer Lager darf auch nicht ausser Acht gelassen werden: Spendet ihr nicht immer regelmäßig Beiträge und baut den Vorratswagen aus, fehlen euch ab einem gewissen Punkt wichtige Bestandteile wie spezielle Tonika, Heiltränke oder Munition zum Auffüllen, was den Fortschritt ungemein erschwert. Auch steuert sich Arthur oder das Pferd nicht wie ein akrobatischer Actionheld mit unbegrenzter Ausdauer: Ihr müsst durch manuelles tippen schnellere Bewegungen ausführen, verbraucht dadurch aber regelmäßig Ausdauer, welche sich wie oben beschrieben auf eure allgemeine Gesundheit auswirken kann.

Schießereien sind im Spiel nur punktuell angesetzt: Zwar trefft ihr regelmäßig auf Kopfgeldjäger und Mitglieder feindlicher Gangs, nur sei an dieser Stelle zu einem schnellen Rückzug geraten, da ihr die offenen Schusswechsel gegen mehrere Gegner nicht überleben werdet. Alle ausführbaren Aktionen sind mit einer entsprechenden Animation versehen, was den Gesamtablauf des Spiels sehr gemächlich gestaltet. Etwas gestört hat uns hierbei das plündern der Gegner: Es kann mitunter schon eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen bis man in einem gegnerischen Lager alle Banditen ausgeraubt hat. Red Dead Redemption 2 ist eindeutig kein Spiel, welches man einmal schnell reinwirft um ein oder zwei Aufgaben zu erledigen. Es verlangt viel Zeit und Geduld von euch und orientiert sich detailgetrau an dem Leben gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Klar wird dieser Ansatz nicht jedem Spieler zusagen, aber dieser Grad an Realismus ist beachtenswert und war wohl so noch nie in einem Openworld-Spiel vorhanden.

Technisch ein Meisterwerk

In Sachen Technik hat sich Red Dead Redemption 2 wohl wie zuvor schon GTA V anno 2013 zum indirekten Vorboten der nächsten Generation erklärt: Die Grafik ist über alle Zweifel erhaben und das wahrscheinlich schönste, was man bislang in einem Spiel dieser Art erleben durfte. Jeder Lichteinfall, jede Winböe, welche durch die Bäume schlägt und jede Bewegung ist so fein und detailgetrau gestaltet, dass man aus dem Staunen nicht herauskommt. Die (zugegeben sehr flotten) Tag- und Nachtwechsel sind einfach hübsch anzuschauen und hier wurde mit soviel Liebe zum Detail vorangegangen, dass wir mit dem schildern unserer Eindrücke wahrscheinlich einen eigenen Artikel schreiben hätten können. Wenn man bedenkt, dass sogar die edelsten Teile eines Pferdes je nach Klimazone schrumpfen oder wachsen (Anm: Ja liebe Leute, wir haben das wirklich überprüft), dann kann man hier schon von einem gewissen Fanatismus in Sachen Detailverliebtheit reden.

Die Performance gestaltet sich auf unserer getesteten Version für die Xbox One X dabei überraschend stabil: Red Dead Redemption 2 läuft in nativem 4K bei 30FPS, was angesichts eines Openworldtitels mit diesem brachialen Detailgrad schon eine feine Sache ist. Auch in Sachen Sound hat Rockstar dick aufgetragen: Die vollvertonten Dialoge der 1200 Sprecher, alle Soundeffekte und der subtile, aber ungemein atmosphärische Soundtrack wirken authentisch und lassen nur noch mehr Wildweststimmung aufkommen.

Einzig bei der Steuerung gibt es ein (durch und durch subjektiven) Kritikpunkt: Arthur steuert sich im Allgemeinen sehr schwerfällig und die Laufsteuerung hat sich seit GTAV nicht verbessert. Dies ist aber wohl Konzept des gesamten Gamedesigns und ist in Anbetracht des hohen Grads an Realismus zwar gewöhnungsbedürftig, aber absolut verschmerzbar. Allgemein liefert uns Red Dead Redemption technisch damit wohl einen kleinen Ausblick, was uns in den frühen Tagen der Playstation 5 und der nächsten Xbox erwarten wird.

Fazit

Red Dead Redemption 2 ist das versprochene Meisterwerk, welches im Vorfeld erwartet wurde: Ein auf Realismus getrimmtes Westernspektakel, dass mit einem enormen Umfang sowie einer gewaltigen Liebe zum Detail auftrumpfen kann und technisch das wahrscheinlich schönste Spiel ist, was wir in dieser Generation erleben dürfen. Man merkt dem Spiel zu jeder Sekunde den Einsatz, den die Entwickler investiert haben an. Ein Pflichtkauf für alle Fans von Western und einer ausgediegenen Openworld, über das man auch in vielen Jahren noch reden wird.

Positiv

+ enormer Umfang

+ hollywoodreifes Storytelling

+ extreme Liebe zum Detail

+ technisch eine Meisterleistung

+ sehr gutes Voiceacting

Negativ

– etwas schwerfällige Steuerung

– träge Lootmechanik

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Written by: Patrice Naderi

Multikonsolero, Film- und Seriennerd aus Leidenschaft, Technikjunkie, Comicsammler, Sportfan und Müslivernichtungsmaschinerie.