Seit ich im ersten Kapitel von Breath of Fire 3 mit dem kleinen Ryu als Kind gespielt habe, liebe ich rundenbasierte Kämpfe. Aber ich weiß, dass diese Art des Kampfes nicht jedermanns Sache ist. Viele haben Baldur’s Gate 3, Persona 5 und Marvel’s Midnight Suns übersprungen, weil sie das langsame, eher managermäßige Tempo der rundenbasierten Kämpfe nicht mögen. Clair Obscur: Expedition 33 will die Lösung für diese Probleme bieten. Das kommende RPG hat viele clevere Ideen, die darauf abzielen, die rundenbasierten Kämpfe weiterzuentwickeln, indem sie sie von Stabübergabe-Angriffssequenzen zu spannenden, fähigkeitsbasierten Konflikten machen.
Wunderschöne und stilvolle Welt
Die Welt von Clair Obscur: Expedition 33 ist eine düstere, surreale Vision, inspiriert von klassischer Malerei und dystopischer Science-Fiction. Im Zentrum steht ein grausames Ritual: Jedes Jahr löscht die mysteriöse Paintress wahllos Menschen aus, als wäre ihr Pinselstrich das Urteil über Leben und Tod. Niemand weiß genau, warum sie dies tut – nur dass ihre Macht absolut ist und kein Widerstand bislang erfolgreich war. Doch die 33. Expedition will das ändern. Sie ist die neueste und vielleicht letzte Gruppe von Kriegern, die sich gegen die Paintress und ihre unaufhaltsame Zerstörung auflehnt. Angeführt wird die Expedition von Elliot, einem entschlossenen Kämpfer mit ungewisser Vergangenheit, der sich dem Schicksal nicht beugen will. An seiner Seite stehen verschiedene Charaktere mit eigenen Motiven, von Veteranen vergangener Expeditionen bis hin zu Neulingen, die gerade erst die Schrecken dieser Welt begreifen. Gemeinsam reisen sie durch eine zerfallende Welt voller grotesker Gegner, die wie lebendig gewordene Albträume wirken, und suchen nach einer Möglichkeit, den Kreislauf zu durchbrechen.

Clair Obscur ist nicht das erste rundenbasierte RPG, das QTEs im Kampf einsetzt, aber es ist das erste, das ich gesehen habe, das sowohl auf die Action als auch auf taktische Aspekte gleichermaßen Wert legt. Jeder Angriff erfordert irgendeine Art von Eingabe, sei es das Testen der Reflexe durch Tastendruck oder das manuelle Anvisieren von Zielen mit der Waffe. Bei komplexeren Angriffen werden QTEs aneinandergereiht, was ein besseres Gefühl für die kinetische Energie in jeder Phase des Kampfes vermittelt. Aber gerade wenn eure Charaktere in der Defensive sind, beeindrucken die Action-Elemente von Clair Obscur wirklich: Ihr könnt ausweichen, springen oder jeden eingehenden Schlag parieren, und perfekte Ablenkungen lösen mächtige Gegenangriffe aus. Vorbei sind die Zeiten, in denen man einfach nur zusehen musste, wie ein Boss seiner Gruppe die Hölle heiß macht – hier kann man aktiv ausweichen und Schaden bestrafen. Neben diesen pragmatischeren Ideen gibt es auch traditionellere Grundpfeiler. Clair Obscur: Expedition 33 verwendet ein menügesteuertes Interface, das wie die Benutzeroberfläche von Persona 5 in der Übersetzung von Dishonored aussieht. Für jede Bewegung muss der Charakter einen Aktionspunkt aus seinem Pool ausgeben, der sich im Laufe der Runden allmählich erhöht (eine Idee, die von Manasystemen aus Kartenspielen inspiriert ist). Für Paraden wird ein Aktionspunkt zurückerstattet, so dass es einen Anreiz gibt, zu versuchen, das Parierfenster zu erwischen – je besser man sich verteidigt, desto bessere Angriffe kann man in der nächsten Runde ausführen.
Lost Odyssey und Shadow Hearts in die Neuzeit geholt
Wir hatten die Gelegenheit, Clair Obscur: Expedition 33 in einer Demo auf Steam umfangreich zu spielen und waren sofort gefesselt. Neben der atmosphärischen Inszenierung ist es vor allem das Kampfsystem, das sich beeindruckend ausbalanciert anfühlt. Das Spiel setzt auf eine Mischung aus präzisem Parieren und geschicktem Ausweichen. Wer das Timing meistert, fühlt sich belohnt – doch Perfektion ist keine zwingende Voraussetzung. Denn für Spielende, die sich nicht komplett auf Reaktionsgeschwindigkeit verlassen wollen, gibt es eine klassische Alternative: Grinding. Wer sich Zeit nimmt, kann durch Level-Ups und bessere Ausrüstung die Schwierigkeit entschärfen und so auch ohne perfekte Parry-Fähigkeiten Erfolg haben. Diese Design-Entscheidung sorgt für eine angenehme Flexibilität: Das Kampfsystem bleibt anspruchsvoll, ohne frustrierend zu sein, und belohnt sowohl strategisches Vorgehen als auch präzises Gameplay. Dadurch spricht Expedition 33 eine breite Spielerschaft an.

Die Fähigkeiten jedes Charakters sind einzigartig, was hoffentlich dafür sorgt, dass sie sich im und außerhalb des Kampfes wie bedeutende Individuen fühlen. Lune ist in der Lage, Feinde mit ihren Zaubern zu „beflecken“ und diese Flecken später zu konsumieren, um großen Schaden anzurichten, während Maelle in der Lage ist, zwischen einer Vielzahl von statusverändernden Stellungen zu wechseln, je nachdem, welche Angriffe sie einsetzt. Sandfall Interactive verspricht außerdem ein tiefgreifendes Progressionssystem für jedes Gruppenmitglied. Mit jeder erreichten Stufe könnt ihr die Werte jedes Charakters im Stil von Dungeons & Dragons verbessern und eine neue Fähigkeit aus einem Fertigkeitenbaum auswählen. Hinzu kommen Pictos, Schmuckstücke, die taktisch veränderliche passive Fähigkeiten (wie z. B. Parieren, das einen zusätzlichen Aktionspunkt gewährt) sowie die einzigartigen Eigenschaften der Waffen, die jedes Gruppenmitglied trägt.
Nach unserer Spielzeit hinterlässt Clair Obscur: Expedition 33 einen starken ersten Eindruck. Die einzigartige künstlerische Ästhetik, die fesselnde Story und das dynamische Kampfsystem formen ein Gesamtpaket, das sowohl visuell als auch spielerisch überzeugt. Ob die Geschichte über die gesamte Spielzeit hinweg trägt und wie sich die Balance im späteren Verlauf entwickelt, bleibt abzuwarten – aber schon jetzt ist klar: Dieses Spiel hat das Potenzial, eines der großen Highlights im Genre zu werden.
