Vorab ein Disclaimer: Wenn ihr die Art Gamer seid, die vor dem Kauf von Spielen erstmal eine Stunden/Euro-Rechnung durchführt, kann es gut sein, dass dieses Review nichts für euch sein wird. Denn Minit ist kurz. Sehr kurz sogar. Und es mag Leute geben, für die es ein No-Go ist, 10€ für ein Spiel auszugeben, dass einem allerdings nur x Stunden Spielspaß bietet. Ich gehöre nicht zu diesen Leuten. Es steht zwar jeder Person frei, den Preis als zu hoch zu erachten, doch in diesem Review geht es in erster Linie darum, ein Spiel aufgrund seiner tatsächlichen Qualitäten als Spiel zu bewerten. Ich werde also weder versuchen, Spielspaß künstlich zu quantifizieren und davon ausgehend ein Preis-Leistungs-Verhältnis anbringen. Nein, es geht um Folgendes: Minit ist ein Spiel. Was macht dieses Spiel? Wie macht es das? Und macht es das gut?

Majora’s Minit

Wie bereits erwähnt ist Minit recht kurz, und um Spoiler zu vermeiden wird es schwer möglich zu sein, allzu sehr ins Detail zu gehen, ohne einen Teil des Spielspaßes zu verderben. Dennoch lässt sich einiges über das Spiel sagen, ohne etwas vorweg zu nehmen. Die Prämisse ist die Folgende: der/die namenlose Held/In des Spiels (eine Ente? Ein Schnabeltiermutant? Something-something-Botox?) findet ein verfluchtes Schwert am Strand und ab diesem Zeitpunkt seid ihr alle 60 Sekunden dazu gezwungen, den Löffel abzugeben, und von vorne zu beginnen. In diesen einminütigen Runs müsst ihr versuchen, die Spielwelt so effizient wie möglich zu erforschen, um nach und nach dessen Geheimnisse zu enthüllen. Das Schwert kann beispielsweise genutzt werden, um Büsche zu zerschneiden und so weitere Gegenstände zu finden, die wiederum neuen Fortschritt ermöglichen. Die offensichtlichen Parallelen zu Zelda sind nicht von der Hand zu weisen: das Schwert am Strand, die Top-Down-Perspektive, das Puzzle-Action-Adventure-Gameplay und nicht zuletzt die Zeitmechanik, die stark an Majora’s Mask zu erinnern scheint. Dennoch wäre es ungerecht, Minit als einen bloßen Zelda-Klon zu betiteln. Dafür legt das Spiel einen zu starken Fokus auf die cleveren kleinen Spielereien, die es mit seiner Kernmechanik anstellt.

Minit Review Screenshot 1

Just take a Minit, please

Der minimalistische Grafikstil mag vielen Spielern veraltet und/oder krampfhaft indie/artsy/whatever vorkommen, jedoch steht die Schlichtheit dieser monochromen Spielwelt absolut im Dienste ihres Gameplays. Minits Zeitmechanik scheint zunächst darauf ausgelegt zu sein, möglichst rasant und hektisch durch die Spielwelt zu irren, doch mit dieser Strategie kommt man in der Tat nur bedingt weiter. Viel wichtiger ist es, jeden Screen genau zu untersuchen, Interaktionsmöglichkeiten auszuschöpfen und die zahlreichen Geheimnisse aufzustöbern, die hinter jeder Ecke lauern. Der Grafikstil erlaubt es einerseits, einzelne Screens nicht zu unübersichtlich zu machen, während es gleichzeitig auch nicht zu einfach wird, mögliche Geheimnisse aufgrund offensichtlichen Colorcodings zu entdecken. Wenn ihr Erfolg haben wollt, solltet ihr stets hinterfragen, ob die Positionierung und die Funktionen verschiedener Aspekte eurer Umwelt zufällig sind, oder ob hier eventuell ein duftes, ungelöstes Rätsel auf euch lauern könnte. Einige Rätsel erweisen sich durchaus als Kopfnüsse, wobei keines davon unlösbar ist, wenn ihr sämtliche Hinweise bedenkt, die euch das Spiel zur Verfügung stellt und es ist befriedigend, wenn Cleverness und Experimentierfreude mit einem weiteren Item belohnt werden.

Minit Review Screenshot 2

Minit to Win it!

Minit lässt sich beim ersten Mal problemlos in eineinhalb bis zwei Stunden durchspielen (abhängig davon, wie viele der optionalen Gegenstände ihr findet) und obschon dies tatsächlich sehr kurz erscheint, so entfaltet sich das volle Potenzial des Spiels tatsächlich erst bei einem zweiten (und dritten und vierten) Durchspielen. Abseits von der Komplettierung des Inventars ist es besonders reizvoll, das angesammelte Wissen über die Spielwelt zu nutzen, um die Grenzen einer einzelnen Minute auszutesten. Was lässt sich in nur einer Minute schaffen? Wie viele Runs brauche ich, um das Spiel durchzuspielen? In welcher Reihenfolge sollte ich Items einsammeln und Rätsel lösen, um möglichst wenig Zeit zu verschwenden? Während ihr euch beim ersten Durchspielen hauptsächlich auf das Lösen der einzelnen Rätsel als solche konzentrieren werdet, fordern euch darauffolgende Anläufe dazu auf, die gelernten Mechaniken und die (hoffentlich) angeeignete Topographie der Spielwelt zu ihrer maximalen Effizienz auszureizen. An dieser Stelle wird Minit von einem „bloßen“ kurzweiligen Zelda-Klon, zu einem nervenaufreibenden Zeit-Management-Spiel, dass sich gerade wegen seiner Kürze perfekt dazu eignet, wieder und wieder gestartet zu werden. Darüber hinaus gibt es freispielbare „New Game+“-Modi, die gierigen Gamern zusätzliche Herausforderungen bieten.

Minit Review Screenshot 3

One more Minit, I promise…

Ob euch Minit gefällt hängt letzten Endes davon ab, inwieweit ihr bereit seid, euch auf das Potenzial des Spiels einzulassen. Wenn ihr denkt, dass 10€ euch einen Zelda-Klon mit x Stunden Spielspaß kaufen sollten, den ihr nach dem Durchspielen der Kampagne wieder beiseitelegen könnt, werdet ihr vermutlich enttäuscht. Das ist auch okay so, denn wenn ich dem Spiel etwas ankreiden müsste, würde ich absolut unterschreiben, dass es mir im Nachhinein nach noch mehr Cleverness und tighter Effizienzsteigerung dürstet. Wenn ihr jedoch bereit seid, euch auf ein kurzes, aber dafür vorsätzlich und minutiös (haha!) designtes Spielerlebnis einzulassen, dass euch mehr belohnt, je öfter ihr euch in dessen Welt begebt, werdet ihr an Minit eine Menge Freude finden. Es ist beinahe schon unfair, Spielen wie Minit eine Punktewertung zu geben. Punktewertungen vermitteln die Illusion der Quantifizierbarkeit von Spielspaß und der Möglichkeit eines objektiven Vergleichs sehr subjektiver Spielerfahrungen. Dennoch ist die Praxis Gang und Gäbe und wird den Spielejournalismus so schnell nicht verlassen. Meine Maßstäbe für solche Punktewertungen sind diese: Was versuchte das Spiel zu tun? Wie und wie erfolgreich hat es das getan? Und, last but not least, wie viel Spaß hat es mir damit bereitet? Nicht mehr und nicht weniger. Ach ja, der Soundtrack von Minit ist sehr geil, by the way.

Positiv

+ Bekanntes zu einem frischen Mix cleverer Ideen zusammengemixt
+ Zielgerichtetes Game- und Weltdesign
+ Clevere Puzzles
+ Eingängiger Soundtrack
+ Es gibt einen Hund
+ Short, but sweet

Negativ

– Still short, I guess?
– Minimalistischer Stil vermutlich nicht für alle

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Written by: Dominik Hellfritzsch