Das harte Musik und Ego-Shooter recht gut zusammenpassen, wissen wir nicht zuletzt durch die Doom Serie, deren erste Soundtracks stark von Metal Bands der 80er wie Megadeth beeinflusst waren (manch einer würde sagen geklaut wurden). In diese Kerbe schlägt Entwickler The Outsiders mit Metal: Hellsinger hinein und verbindet, ähnlich wie BPM – Bullets per Minute, Rhythm Game mit Ego-Shooter. Wir haben uns die Steam Version des Spiels einmal angeschaut.
Die Story ist Nebensache, Rhythmus und Action ist was zählt
Die Story beschäftigt sich mit „Unknown“, einem Dämon, der in der Hölle aufschlägt. Unknown hat dort seine Stimme verloren und fristet ein eingesperrtes Dasein Das reicht als Motivation durchaus aus, um auf einen Rachefeldzug zu gehen und die eigene Stimme vom obersten Teufel, genannt „Judge“, höchstpersönlich zurückzuholen. Die Zwischensequenzen zu Beginn der Level sind in einem comichaften Stil gehalten und werden von einem Erzähler, der gleichzeitig Teil der Story ist, exzellent vertont. Grundsätzlich sollte man sich hier aber von der Story selbst nicht zu viel Tiefe erwarten. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Musik, dem Gameplay und wie diese miteinander interagieren.
Nach der Befreiung durch den Erzähler geht es in Metal Hellsinger nach einem leichten Tutorial sowieso bereits in die Vollen. Bewaffnet mit einem Schwert, dem Schädel Pax (der Erzähler und die low damage Waffe in Personalunion), findet man sofort Persephone, eine Shotgun, kurz bevor schon die Gegnerhorden in die Arena stürmen. Geschossen, gedashed und nachgeladen wird dabei im Takt des eigens komponierten Metal Soundtracks, der mit namhaften Sängern bestückt ist. Dabei sind u.a. Alissa White-Gluz (Arch Enemy), Matt Heafy (Trivium) und Randy Blythe (Lamb of God). Diese kann man, außerhalb von Bossareas, nur hören, wenn man den Multiplier auf 16x erhöht. Gutes Spielen wird also belohnt. Umso genauer man im Takt bleibt, umso höher wird die Fury Leiste gefüllt und erhöht damit den Multiplier. Wer dagegen Hits kassiert oder lange nichts tötet, der verliert seinen Multiplier schneller als ihm lieb ist. Bei wenig Leben klingt die Musik immer dumpfer. Heilungsmöglichkeiten gibt es aber zur Genüge, da geschwächte, leuchtende Gegner mittels Tastendrucks für Heilkristalle getötet werden können. Wem das Glory Kills aus Doom in Erinnerung ruft, hat die Inspiration dafür bereits im Kopf. Die Mechanik ist 1 zu 1 dieselbe und macht ebensoviel Spaß. Auch in Metal: Hellsinger sind diese Kills brutal animiert, haben aber nicht soviel Variation wie beim großen Vorbild.
Kurze Levels, vollgestopft mit Metal, Action und einem Schuss Humor
Insgesamt kann das gesamte Spiel die Inspiration Doom Eternal sowieso nicht abstreiten und versucht es auch garnicht. In der Hölle mit einem Waffenarsenal Dämonen in fast-paced Arenaduellen in den Allerwertesten zu treten, ist ohnehin nichts allzu Exklusives heutzutage. Egal ob nun Unknown oder Doom Slayer den Abzug betätigt. Aber da jeder Level seinen eigenen Song und eigenem Rhythmus besitzt und damit einen fantastischen Flow erzeugt, muss sich Metal: Hellsinger definitiv nicht verstecken. Auch wenn der Takt immer eine 4/4 Basis hat, wechselt zumindest die Geschwindigkeit, auf welchen Schlägen der Musik man schießen kann. Hier zeigt sich, dass man kein ausgewachsenes Rhythmusspiel machen wollte, sondern in erster Linie einen Shooter.
Daher ist die Hürde nicht das Rhythmusgefühl, sondern der gewählte Schwierigkeitsgrad. Diese sind mit „fast zu leicht“, „fordernd“ und „volle Konzentration nötig“ gut ausbalanciert. Allerdings drehen die Optionen an den HP der Gegner, am erlittenen Schaden und an der Menge der Gegner pro Arena gleichzeitig. Dadurch dauert ein Level dann gleich mal ein paar Minuten länger, wenn man sich an den harten „Beast“ Difficulty wagt. Außerdem bietet der höchste Schwierigkeitsgrad kein Continue, sondern nur ein Wiederholen des Levels. Das ist kein großer Verlust, da die Levels alle um die 15 Minuten inkl. Bossfight dauern, was eine angenehme Länge auch für Zwischendurchrunden bietet. Aber wer beim Boss stirbt und von vorn anfangen muss, braucht trotzdem ein dickes Fell.
Bossdesign mit wenig, Achievements und andere Feinheiten mit viel Liebe zum Detail
Die Bosse bekommen dabei sogar jeweils einen eigenen Song, mit anderem Timing spendiert. Ein wenig schade ist, dass am Ende der Level immer nur ein sog. Aspect wartet. Diese sehen alle gleich aus und sind die Gesandten des Judges, durch die der Teufel auch mit dem Spieler spricht. Die Fights verlaufen grundsätzlich in einem Wechsel von Aspect Angriffen und Monster beschwören. Die Angriffe und Arenen unterscheiden sich dabei von Level zu Level, aber hier wurde Potential verschenkt, da mehr Abwechslung im Endgegner Design für mehr Dramatik und Spannung sorgen würde. Das Spiel nimmt sich aber diesbezüglich auch selbst auf den Arm, wenn der Erzähler fragt, wer da wohl auf einen warten wird am Schluss eines Levels.
Diese Details machen das Spiel auch sehr liebenswert. Eines meiner persönlichen Highlights ist dabei die Animation, die Unknown beim Beenden des Spiels über das Hauptmenü macht. Wer auf Quit klickt und bestätigt, sieht kurz die sog. Pommesgabel/Teufelshörner Geste, bevor Unknown aus dem Bild springt und sich das Spiel beendet. Auch die Achievements haben Namen wie Highway to Hell, Smoke on the Water oder Material Girl (ja auch Madonna wird „zitiert“). Das sind allesamt Kleinigkeiten, die aber der Atmosphäre gut tun und den Spieler zu einem Lächeln verleiten. Und wenn im Bosskampf vor der Blitzattacke „RIDE THE LIGHTNING“ vom Aspect geschriehen wird, dann weiß jeder Metalfan, dass hier Metallicas zweites Album Vorbild stand.
Freischaltbare Boons und Sigile sorgen für Abwechslung in der Hölle
Neben Achivements/Trophies gibt es fürs Gameplay natürlich auch ein paar Dinge von Wert freizuschalten: Im Spielverlauf erhält man Boons, die ab einer gewissen Höhe des Hit Streak Counters aktivieren. Z.B. lädt man ab 15 Hits schneller die Ultimative Attacke seiner Waffe auf, die dann z.B. einen tödlichen Wirbelsturm um einen erzeugt. Die Boons sind dabei immer passiv mit dabei. Nach jedem Level bekommt man aber zudem die Möglichkeit die sogenannten Torments zu spielen. Ein Torment ist eine kleine Minichallenge, bei der bestimmte Nebenbedingungen gelten. Eine Variante ist zum Beispiel, dass man sich nicht heilen kann, aber umso stärker wird, umso mehr Schaden man erhalten hat. Gleichzeitig tockt in Torments unaufhaltsam ein Timer, der mit Kills wieder aufgefüllt werden muss.
Wer eine bestimmte Anzahl an Kills schafft, bekommt dafür aber ein Sigil. Sigile sind weitere passive Fähigkeiten, von denen man zwei in den Level mitnehmen kann. Beispielsweise bekommt man damit den erwähnten Schadensbonus bei niedrigem Leben. Da man zudem neben Schwert und Schädel immer nur zwei Waffen mitnehmen darf, hat man vor jedem Start die Qual der Wahl, wie man sein Loadout gestalten möchte. Dabei wird man aber zu nichts gezwungen, es ist alles mit allem machbar. Gleichzeitig hat aber nur die Waffenwahl einen wirklichen Einfluss auf den eigenen Spielstil. Die Sigile spielen dabei nur eine geringe Rolle. Trotzdem kann einem der erhöhte Schaden in brenzligen Situationen durchaus helfen. Nutzlos sind die Sigile somit trotzdem nicht.
Story durch? Highscores jagen!
Während man sich durch die sieben Höllen schlachtet, kann man jederzeit mit allem, was man bis dahin freigeschaltet hat sich nochmal in einen Level wagen. Ein Scoringsystem, dass u.a. auf Zeit, höchstem Hitcounter oder auch Hits on beat basiert, wertet am Schluss den eigenen Run. Hier kann man dann sein Loadout für jeden Level anpassen um auf Highscorejagd zu gehen. Dabei kann man sich natürlich einerseits mit seinen Freunden vergleichen oder auch das globale Leaderboard erklimmen. Es ist davon auszugehen, dass sich im Laufe der Zeit optimale Strategien entwickeln werden und die Luft am oberen Ende des Rankings dünn wird, aber es macht auch Spaß nur seinen eigenen Score zu verbessern.
Dieser Fokus auf Scoring ist wohl auch ein Grund für die wohl größte Schwäche von Metal: Hellsinger. Es gibt schlicht keine wirklichen Rätsel, Secrets oder Geschicklichkeitspassagen. Gerade bei einem Rhythmusspiel wären Fallen im Takt der Musik eine interessante Option gewesen. Stattdessen steht die Action im Vordergrund und man rennt von einer Arena in die nächste. Das hat zwar auch seinen Charme, aber Secrets suchen oder Überwinden schwieriger Sprungpassagen, hätten den Fokus auf Action nicht gestört. Schlussendlich gibt es auch nur 8 Level und die Torments wiederholen sich lediglich mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad. Daher ist auch der relativ geringe Umfang ein Makel. Man muss hier aber relativierend dazu sagen, dass jeder Level auch einen zusätzlichen Track bedeutet hätte und das wohl auch ein Kostenfaktor war.
Ein bisschen mehr Variabilität in der Hölle wäre schön
Mehr Risiko im Design, wie beim direkten Konkurrenten BPM – Bullets per Minute, wären aber trotzdem schön gewesen. Roguelike Elemente oder Power Ups, die man temporär aktivieren kann, bringen schlicht mehr Abwechslung und diversere Runs. The Outsiders haben hier eine echte Chance liegen gelassen Storymode, Highscore Jagd und einen variablen Modus unter einen Hut zu bringen. Eine gedankliche Fusion aus BPM und Metal: Hellsinger ist wohl ein Traum, aber wer weiß, ob nicht ein Modder in der Zukunft an dieser Vision arbeitet. Auch bei der Optik ist man kein Risiko eingegangen, so wie sich die meisten die Hölle vorstellen, so sieht sie auch aus. Hier ein bisschen Lava, da ein bisschen Zacken, ansonsten sehr viel Stein und rot, schwarz braun als Farben. Zweckdienlich und straight forward, genauso wie das Gegner Design, das keinen Schönheitswettbewerb gewinnt. Allerdings hat man bei der ganzen Action sowieso keine Zeit sich das Kanonenfutter genau anzusehen.
Zuletzt aber noch ein Highlight, dass leider den PC Spielern vorbehalten ist. Am offiziellen Twitter Account des Spiels wurde nämlich Folgendes gepostet: Wer möchte, wird custom Musik inkludieren und somit zur Musik seiner Wahl metzeln können. Noch ist unklar, ob man hier auch die Gesangsspur separieren sollte oder nicht, aber wer mit den ursprünglichen Liedern nicht klarkommt, kann sich hier das Spiel mit seinen Favoriten zurechtbiegen.
Fazit
Metal: Hellsinger ist, wie der Name schon sagt, an Menschen gerichtet, die härtere Musik mögen. Zu diesem Metalalbum bekommt man aber ein gutes Spiel noch obenauf. In seinem Shooting Kern ist das Spiel nämlich sehr solide, trotz des alleinigen Fokus auf Action. Das Adrenalin durch Gegner und Musik peitscht den Spieler nach vorne und erzeugt einen schönen Flow. Wer sich auch nur im Geringsten mit dem Soundtrack anfreunden kann, sollte zumindest die Demo anspielen. Metalheads, die Ego-Shooter mögen können dagegen direkt ab dem 15. September zuschlagen. Metal: Hellsinger gehört mit seinem Genremix zu den besten „gradeaus“ Ego-Shootern seit langem, da es von seinem exzellenten Soundtrack und dem Rhythmusgimmick getragen wird. Ohne diesen würden allerdings die Lücken im Gameplay auf Dauer wesentlich stärker ins Gewicht fallen.
Mit einem Preis von 30€ (Steam) bzw. 40€ (PS5/Xbox Series S/X) passt jedoch auch das Preis/Leistungsverhältnis. Achtung: Besitzer des Xbox Game Passes bekommen das Spiel bereits zum Release in ihrem Abo!
Pro
- Hervorragender Metal-Soundtrack mit einschlägigen Gesangsgrößen
- Schnelles, actionreiches Shooter Gameplay
- Länge pro Level ist kurz und passt für die Runde zwischendurch
- Highscorelisten für Langzeitmotivation
- Liebe zum Detail (z.B. Achievementnamen, Anspielungen vom Erzähler etc.)
- Rhythmusgimmick fügt sich gut ins Gameplay ein
Contra
- Mehr Interaktionen mit der Musik durch Gegner/Level wären cool gewesen (Z.B. mehr Schüsse, die sich im Beat oder Off Beat bewegen)
- Keinerlei Rätsel, Secrets oder anspruchsvolle Sprungpassagen
- Geringe Anzahl Gegnern/Bossdesigns
- Abwechslung bei den Torments bzw. insgesamt mehr Challenges wären nötig