Imperator: Rome Review

Alexander der Große ist längst an irgendeinem Fieber verreckt und hinterließ eine Reihe von Königreichen im Osten. Im Norden herrschen unzählige keltische und germanische Stämme, Karthago im Süden ist am aufstrebenden Ast. Indien und der Nahe Osten werden von wenigen großen Reichen kontrolliert. Rom selbst ist ein noch unbedeutender Stadtstaat im Herzen der italischen Halbinsel, die von etruskischen und griechischen Staaten beherrscht wird.

(Noch) nicht alle Straßen führen nach Rom: die sieben Hügel stehen noch allein

Man zählt das Jahr 450 AUC, nach Gründung der Stadt, wie Lateiner wissen. Höchste Zeit also, Barbaren zu dreschen und dem Rest der Welt die wahre Zivilisation näherzubringen – für welche auch immer der Spieler sich entscheiden mag.

Mit Imperator: Rome setzt Paradox die gewohnte Art seiner Grand Strategy Games (GSG) etwas vereinfacht fort; Keines seiner Vorgänger, egal aus welcher Reihe, war so schnell zu erlernen. Selbst Neulingen dürfte der Einstieg ins Spiel recht leichtfallen.

Nicht schwer, aber eindeutig: Das bisher beste Tutorial eines GSG von Paradox!

Wer bisher noch nichts mit dieser Art von Spiel zu tun gehabt hat, dem seien die Grundzüge des Genres kurz näher gebracht: Man steuert eine territoriale Entität in der Antike, irgendwo in Eurasien oder bis hinunter nach Zentralafrika. Innerhalb seines Gebietes kümmert sich der geneigte Spieler um die Belange von Wirtschaft, Gesellschaft und nicht zuletzt um die des Militärs.

Wie nicht anders zu erwarten ist es auch eines der höchsten Ziele jedes zünftigen Staates, die Sprossen der Leiter der Macht zu erklimmen. So entwickelt man sich vom Stadtstaat zur Lokal-, Regional- und letztlich Großmacht, was unterschiedliche Boni einbringt und auf dem Diplomatischen Parkett eine Rolle spielt.

Ups – da ist wohl jemand zu mächtig geworden…

Organisiert wird das Interface über die Hauptkarte, auf der sich alles abspielt. Sie weist insgesamt 18 Ansichten auf – und damit weniger als halb so viele wie Europa Universalis, was die geringere Komplexität des Spiels verdeutlicht… Was hier aber nicht kritisiert, jedoch angemerkt werden soll.

Der Diplomatische Kartenmodus: Gegen wen führ‘ ich nochmal Krieg?

Am oberen Bildschirmrand tummeln sich neben den wichtigsten Ressourcen und Alarmen eine Reihe von Götterbildern, die dem Spieler den Zugriff auf die unterschiedlichen Regierungsfenster ermöglichen. Analoge Regler gibt es dort so gut wie keine, Militärausgaben etwa können nur dreistufig eingestellt werden. Alles in allem läuft die Steuerung über das Interface flüssig, es ist dem verminderten Komplexitätslevel angemessen und einsteigerfreundlich gestaltet.

Die spinnen die Römer: Elf Götter gewähren Zugriff auf die Geschicke des Staates

Militäreinheiten werden als Kohorten ausgehoben. In Legionen zusammengefasst können diese zu primären, sekundären oder flankierenden Einheiten bestimmt werden. In Küstenregionen werden außerdem Schiffe gebaut , die in Seeschlachten zum Einsatz kommen und auf automatisierte Piratenjagd geschickt werden können. Alle Einheiten sind an historische Vorbilder angelehnt und daher auch nicht bei allen Völkern gleich, ebenso wenig wie die Militärtraditionen, die sich im Laufe freischalten lassen. Auch einzelnen Armeen können Missionen zugewiesen werden, die sie dann autonom zu erfüllen versuchen.

Mehr Gewicht erhalten in Imperator: Rome die an sich altbekannten Söldner. Diese werden nicht wie bisher üblich als einzelne Regimenter Armeen des stehenden Heeres hinzugefügt, sondern stehen – Befehlshaber inklusive – auf der Map verstreut herum und warten nur auf einen besitzergreifenden Herrscher mit dem nötigen Kleingeld.

Teuer, doch geheuer: Söldner anheuern ist wichtig, sollte aber wohlüberlegt sein

Bezahlt werden die angeheuerten Kämpfer monatlich sowie mit einem größeren Betrag bei Dienstende. Sollte man zwischendurch oder zum Schluss nicht zahlen können liegt es im Bereich des Möglichen, dass die Legion sich von dannen macht – oder schlimmstenfalls gar dem Feind anschließt.

Will man Krieg erklären, besteht bestenfalls ein Kriegsgrund, von dem auch die Möglichkeiten in den Friedensverhandlungen abhängen. Ist keiner vorhanden erstellt man einfach einen per diplomatischer Spionageaktion. Attackiert man Nachbarn ohne Grund senkt dies die Stabilität in der Heimat.

Zumindest in Republiken sollte außerdem auch die Meinung des Senats gewichtet werden, will man ihn und seine Charaktere nicht gegen sich aufbringen und den Tyrannis-Wert erhöhen; dieser spiegelt das allgemeine Gefühl der Unterdrück wider, und hat größtenteils negative Effekte zur Folge.

Trump wird’s schon richten: Gegen die Wünsche des Senats zu handeln birgt Gefahren

Ist der Krieg erstmal erklärt, gilt es ihn mit den allein im strategischen Echtzeitkartenmodus gelenkten Truppen zu gewinnen. Welche Seite in einer Schlacht siegt ist hauptsächlich abhängig von Zahl, Moral und Disziplin der Truppen. Diese werden neben dem Sold auch von der Technologiestufe, erforschten Erfindungen und nicht zuletzt nützlichen Eigenschaften der Anführer beeinflusst. Diese können schlimmstenfalls auch gefangen genommen werden.

Leopold V. wäre stolz: Anführer können gefangen genommen und freigekauft werden

Das Festungssystem wurde fast 1:1 von Europa Universalis 4 übernommen: Jedes entsprechend ausgebaute Stadt beschützt auch alle angrenzenden Ländereien. Diese Kontrollzone kann von Feinden nicht durchquert werden, es muss also stets erst die Festung eingenommen – oder ein großer Umweg in Kauf genommen – werden.

Unbefestigte Landstriche werden zwar schnell in Besitz genommen, sind aber genauso schnell wieder zurückerobert, wenn sie neben einer gegnerischen Festung liegen – ganz automatisch. Einzige Neuerung ist hier, dass dies nun auch für den Angriff gilt; Als Besatzer reicht es also in der Regel aus, nur noch die Befestigungen manuell einzunehmen.

Ist der Feind endgültig bezwungen, gilt es Frieden zu schließen. Veteranen kennen das Prinzip der Aggressiven Expansion (AE). Diese spielt in Imperator: Rome eine nicht so große Rolle wie in früheren Ablegern, sollte aber dennoch im Auge behalten werden: Sie erhöht sich mit der Annexion benachbarter Gebiete, betrifft vor allem jene Staaten, die sich selbst in der Nähe des Kriegsschauplatzes befinden und erschweren die Diplomatie mitunter dramatisch.

Es soll einem ja nicht gehen wie Hitler: Aggressive Expansion sollte ernst genommen werden

Weniger AE erntet man für die schlichte Unterwerfung anderer Reiche, die man zu Tributstaaten oder Satrapen umwandeln kann. Dies ist eine gute Möglichkeit, nicht nur weniger bösartig auf seine Nachbarn zu wirken, sondern auch verlässliche Bündnispartner zu gewinnen, die ihre eigenen Armeen unterhalten und in den Dienst des neuen Mutterlandes stellen.

Kriegführen hieß bei Paradox oft, kleineren gegnerischen Armeen nachzujagen und den Weg abzuschneiden – das trifft auch hier zu und kann mitunter etwas nervig sein. Öfter kommt es vor, dass Verbündete mit kleineren Einheiten einfach an mir vorbei und direkt dem Feind entgegen ziehen – der ein Vielfaches an Truppen ins Feld führte. Die KI scheint einen zwingen zu wollen, ihr zu folgen und sich dem Feind zu stellen. Dies mag ja legitim sein, passiert dann aber doch zu kopflos.

Verbündete zu finden kann klarerweise auch auf diplomatischem Wege erreicht werden, bis hin zur Integration einer anderen Macht ins eigene Reich. Bilaterale Allianzen unter Großmächten sind ebenso möglich wie multilaterale Verteidigungspakte zwischen kleineren.

Zuallererst gilt es allerdings, die wirtschaftlichen Grundlagen für eine entsprechende Militärmacht zu schaffen: Handel treiben, die Bevölkerung ruhig halten und die kontrollierten Städte in den Provinzen ausbauen. Es gibt lediglich vier Gebäudearten, deren Auf- und Ausbau jeweils einen Bauplatz benötigt. Die Zahl dieser hängt von der Bevölkerungszahl der jeweiligen Stadt ab.

Jede Provinz besteht aus mehreren Städten, die es auszubauen gilt

Die Einwohner selbst teilen sich in Sklaven, Freie Männer und Bürger und gehören bestimmten Kulturen und Religionen an – die ursprünglich aus Victoria bekannten POPs. Diese können unter dem Einsatz von Machtpunkten der heimischen Bevölkerung angepasst, also unter Zwang assimiliert werden. Den Machern und auch manchen politischen Parteien zufolge erhöht dies die soziale Harmonie und senkt das Unruhepotenzial der Bevölkerung.

Es ist nicht nur die (gespielte) Vorsehung: Geschichte wird von Menschen gemacht

Es gibt viele Posten im Reich, die es aus dem Pool der verfügbaren Charaktere zu besetzen gilt: Gouverneure, Regierungsmitglieder, Forscher und Kommandanten. Anders als in Europa Universalis hat hier jede noch so kleine militärische Einheit ihren Anführer. Darauf kann verzichtet werden, will man verhindern, dass manche der staatlichen Kohorten ihrem General zu treu ergeben sind und sich dieser in cäsarischer Manier gegen den Staat wendet; denn dann droht Bürgerkrieg. Auch lassen sich solche Einheiten nicht in andere Armeen packen.

Oh Fuck: Extremisten haben das Heer unterwandert und verweigern den Gehorsam!

Welcher Charakter welchem Posten am ehesten gerecht wird hängt von seinen Werten ab. Neben Kriegskunst, Finesse, Charisma und Eifer gibt es eine Reihe weiterer Eigenschaften und Umstände, die einer Person eigen sind. In Republiken gehören alle Charaktere außerdem einer Fraktion an – und in jedem Fall einer großen Familie: Der Pool aus Charakteren bildet sich nämlich aus allen adligen Familien des Reichs, mitunter auch aus jenen eingegliederter Länder, wenn man sich dazu entscheidet.

Was tun mit den Eliten der Barbaren?

Wie auch in EU gibt es Machtpunkte; Diese teilen sich hier, analog zu den Charakterwerten, in Militär,- Zivil-, Redekunst- und Religionspunkte. Ihr Einsatz erlaubt unter Anderem den Kauf von Armeetraditionen, diplomatischen Aktionen, Omen oder Erfindungen. Der Pool verfügbarer Erfindungen ergibt sich aus dem technologischen Fortschritt, der sich ebenfalls in die vier genannten Gruppen gliedert.

Das Handelssystem wurde vereinfacht und erinnert jetzt eher an Civilization: Es gibt 34 Handelsgüter, die zum Teil auch zum Bau bestimmter Einheiten benötigt werden. Sie verfügen über keinen errechneten Handelswert mehr, der sich über ein kompliziertes System in Gold übersetzen lässt; Jede Provinz, die Zugriff auf sie hat, erhält gewisse Boni. Gibt es einen Überschuss in einer Stadt wird dieser entweder in andere Städte der Provinz transportiert oder im Rahmen eines Handelsabkommens ins Ausland exportiert, was die Einnahmen erhöht.

Neben der bereits erwähnten Adeligenrepublik gibt es klassische Monarchien, in denen es vor Allem gilt, die Nachfolge zu sichern und Thronprätendenten zu neutralisieren. Dies fällt in Republiken naheliegender weise weg, da alle paar Jahre Wahlen abgehalten werden, die vom Spieler nur indirekt beeinflusst werden können.

In Republiken wählt der Senat das nächste Staatsoberhaupt

Des Weiteren stehen Stammeskönigtum und Häuptlingsherrschaft zur Wahl. Diese starten als nomadische oder sesshafte Stämme und sind eher dezentral organisiert: Sie setzen sich aus Clans zusammen, die über Anführer inklusive Privatarmee verfügen. Mit zunehmender Zentralisierung entwickeln sich diese Staaten weiter – wenn die mächtigen Clanführer das zulassen. Eine eindeutige Anspielung nicht nur auf germanische Traditionen und deutsche Geschichte: lokale Machthaber teilen ihre provinzielle Macht nur ungern mit irgendeiner entfernten Hauptstadt.

Dort nämlich kann der Spieler auch verschiedene Gesetze erlassen. Diese behandeln Themen wie Währung, Religion oder Diplomatie und helfen dabei, das Land weiter zu zentralisieren. Unter gewissen Umständen lassen sich auch große Entscheidungen treffen, etwa ein Wechsel der Regierungsform oder die Gründung einer Nation.

Wir sprechen nicht umsonst von „Römischem Recht“…

Veteranen von Paradox GSG werden in Imperator: Rome vor allem dann ihren Spaß haben, wenn diese Epoche ihnen eher liegt als Mittelalter oder Neuzeit. Es handelt sich bei diesem Titel um ein nettes Spiel, das aber nicht ganz so viele Stunden Spaß bieten wird wie seine großen Brüder und Schwestern. Es spielt sich alles in allem wie ein Tutorial für die anderen großen Reihen von Paradox…

… und ist dennoch ein solides Spiel, das ich auf jeden Fall einigen Freunden empfehlen werde! Sollte es aber so sein, dass Paradox Spielelemente bewusst weggelassen hat, um sie dann über DLCs im Nachhinein einzubauen, wäre das schlicht schäbig. Nichts gegen sinnvolle und meinetwegen auch kostenpflichtige Contenterweiterungen; Wenn aber dasselbe Komplexitätslevel wie üblich erst mit diesen erreicht werden soll… Nun, das wäre wohl ein Thema für einen eigenen Artikel.

Ansonsten verbindet Paradox in Imperator: Rome die Kernelemente vorangegangener Titel mit ein paar kleinen Neuerungen zu einem leicht verdaulichen Titel. Er ist ideal für all jene, die sich immer schon gedacht haben, sie würden zwar gern, aber wollen einfach nicht: nämlich Paradox Grand Strategy Games spielen. Mich würde nicht wundern, wenn die Verkaufszahlen von EU4 infolge dieser Veröffentlichung leicht steigen würden…

Was für den Junkie der erste Schuss, das könnte für den Neo-Paradox-Fan dieses Spiel sein.

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Written by: Patrick Wertitsch