Das französische Entwicklungsstudio Spiders hat sich mit Spielen wie Bound by Flame oder The Technomancer immer wieder mit der Wahl von interessanten Settings auszeichnen können, aber nie wirklich die Messlatte erreichen können die andere Open World Studios jedes Jahr aufs Neue gesetzt haben. Auch Greedfall verspricht mit dem unverbrauchten Kolonial-Setting und Dragon Age Gameplay/Story Ansätzen ein interessantes Projekt zu werden, nur hält der Titel was er damit verspricht? Wir konnten Greedfall für euch die letzten Tage ausgiebig testen und verraten euch im Test was ihr euch von dem vielversprechenden Projekt wirklich erwarten könnt.
Überraschend vielseitig
Nachdem die bisherigen RPG Projekte von Spiders nicht unbedingt herausragend waren, lag die Erwartungshaltung für Greedfall anfangs eher niedrig. Die ersten Stunden mit dem Spiel lösen auch noch nicht die gesamten Bedenken, die man als Spieler vielleicht haben könnte. Ihr startet in einer für das 17. Jahrhundert klassischen Hafenstadt die anfangs noch nicht viel zu bietet hat, außer einer sehr drüben Stimmung und das Versprechen an den Protagonisten auf das entdecken von neuen abwechlungsreichen Gebieten auf der Suche nach einem Heilmittel für die Plage namens Malichor die den Bewohnern, neben der verschmutzten Luft und Überbevölkerung zu schaffen macht. Nachdem ihr euren eigenen Charakter erstellt habt und mit den ersten spielbaren Begleitern vertraut gemacht habt, geht es nach kleineren Aufgaben in der ersten Stadt auf die Reise in fremde Territorien die von verschiedensten Clans und Rassen umkämpft sind. Als neutraler Botschafter habt ihr ständig die Möglichkeit euch frei zu entscheiden ob ihr neutral bleibt oder den jeweiligen Parteien eure Unterstützung zusichert. Hier liefert Greedfall neben verschiedensten Enden auch sehr prompt überraschende Reaktionen von euren Begleitern, wenn ihr euch falsch entscheidet oder nicht schnell genug die jeweiligen Aufgaben für eure Bekanntschaften erfüllt. Begleiter können dadurch sehr schnell zu feinden werden oder schlecht in gewissen Gebieten auffallen, wenn ihr nicht die korrekte Kombination für den jeweiligen Schauplatz gewählt habt.
Mit Greedfall hat das französische Entwicklerstudio wohl endlich den Traum von einer durchgängigen Open World aufgegeben und versucht sich jetzt an verteilten größeren Gebieten. Dem Spielfluss und den Ladezeiten tut das zwar recht gut, aber dadurch wiederholen sich viele Abschnitte viel zu schnell und deutlich. Städte/Dörfer sind teilweise absolut ident aufgebaut mit einer beinahe identen Einrichtung und Besetzung von NPCs was gerade in den ersten 10 Stunden des Spiels stark die Motivation mindert. Das Spiel bestraft euch auch recht deutlich wenn ihr einen etwas falschen Weg einschlägt bzw. wie zuvor erwähnt die Bedürfnisse eurer Begleiter vernachlässigt. Die verschiedenen Szenarien die dadurch entstehen können sind zwar sehr lobenswert, aber oftmals endet ihr nur in einem auf mehrere Städte/Schauplätze verteilten Massaker was die großen Schwächen im Gameplay von Greedfall mehrfach aufzeigt. Wiederholende Animationen, Sprüche der Begleiter und trotz einem doch recht üppig Skillbaum ein sehr eintöniges Gameplay in den ersten 15-20 Spielstunden.
Das bisher beste Spiel von Spiders
Trotz dem üblichen Mankos wie einer doch deutlich veralteten Grafik-Engine, fehlerhaften Animationen, wiederholenden Kampfabläufen/Schauplätzen/NPCs/Gegnern bietet Greedfall zum ersten Mal einen wirklichen Anreiz die Geschichte des Spiels weiterverfolgen. Das Setting wurde gut genutzt und die diversen Fraktionen bieten ausreichend an Potenzial um sein Verhandlungsgeschick in der Praxis umzusetzen und sich seine eigene Geschichte zu bauen. Im Laufe des Spiels sind wir auf einige überraschende Wendungen und Charakterentwicklungen gestoßen die einem über die vielen Mankos des Spiels hinwegsehen lassen und einem ständig antreiben mehr über die einzelnen Charaktere und die Welt des Spiels in Erfahrung zu bringen. Auch im späteren Spielverlauf lässt das nicht nach und wird um immer mehr Informationen zu den Fraktionen und die einzelnen Beziehungen unter euren Begleitern und den für die Story relevanten Personen offen gelegt. Durch die verschiedenen Enden kann man auch die etwas kürzere Spielzeit von 30-40 Stunden verkraften.
Bis auf den Tactical Mode und bis zu 12 setzbaren Shortcuts unterscheidet sich Greedfall relativ wenig von seinen Vorbildern. Wer einen Dragon Age Ableger oder auch The Witcher gespielt hat, wird sich in Greedfall relativ schnell wie Zuhause fühlen. Wenn ihr mal im Kampf leicht überfordert seid, oder auch einfach nur gerade nicht den richtigen Trank an der korrekten Stelle gelegt habt, könnt ihr jederzeit den Kampf pausieren und euch eine neue Taktik überlegen. Auch wenn die Gegner KI nicht wirklich mit großen Herausforderungen aufwartet und oftmals mit technischen Ungereimtheiten zu kämpfen hat, verhalten sich eure Begleiter großteils sehr hilfreich im Kampf und unterstützen euch laufend mit Heilzaubern und anderen Buffs. Die Rätsel und sonstigen auf Fähigkeiten bezogenen Aufgaben die euch im Laufe des Spiel gestellt werden sind relativ simpel ausgefallen und werden auch immer gleichmäßig bestraft. Unterläuft euch ein Fehler oder ihr werdet beim herumschleichen erwischt: Gegner-Wellen. Wer sich also nicht mit den Hinweisen zum jeweiligen Rätsel auseinandersetzen will, kann sich auch getrost durchprobieren, nur muss man hier einiges an Gegnern in Kauf nehmen.
Repetitiv ist in Greedfall leider so ziemlich alles. Von der Musik bis hin zur Gegnervariation. Die wiederholenden Abläufe sind zwar normal für ein Action RPG dieser Größe, nur tauchen diese in so gut wie jedem Schauplatz in Greedfall auf. Das erkunden der Gebiete wird schnell zu einer mühsamen Aufgabe wenn man von normalen Gegnern bis hin zu Bossen immer wieder denselben Gegenspielern begegnet, die selben Abläufe nutzen muss (Zuerst Schild herunterschlagen und dann erhöhten Schaden verteilen) und währendessen von maximal zwei Variationen von Begleiter-Zurufen unterstützt wird. Das interessante Setting und verschiedenen Ausgangsmöglichkeiten von einzelnen Situationen und der gesamten Geschichte bleiben das einzige Highlight von Greedfall. Gerade durch den Wechsel von einer offenen Welt zu einfach nur vereinzelten großen Gebieten, hätte man doch deutlich mehr Variation und Liebe zum Detail stecken können. Das Potenzial wäre vorhanden gewesen.
Fazit
Greedfall präsentiert sich dank einem interessanten Setting und einer ausgesprochen gelungenen Geschichte als der wohl bisher beste Titel von Spiders. Repetitive Abläufe und die üblichen technischen Mankos mindern zwar das Spielerlebnis stark, aber wer sich damit abfinden kann bekommt hier eine gute Dragon Age Ersatzdroge serviert.
Positiv
+ Setting wurde interessant umgesetzt
+ Überraschend gelungene Geschichte mit einigen tragenden Entscheidungsmöglichkeiten
Negativ
– Repetitive Abläufe mindern durchgehend das Spielerlebnis
– Veraltete Grafik und Gameplay Animationen
– Fehlende Gegner, Schauplatz und Sound Variation