Nach unzähligen Vorschau Sessions mit den E3/Gamescom-Builds und auch der Beta des Spiels, konnten wir nun endlich die finale Version von Code Vein komplett durchspielen. Was wir in den gut 25-30 Stunden alles erlebt haben und ob sich ein Kauf lohnt könnt ihr wie immer bei uns im Test nachlesen.
Eure Companions sind zur Stelle
In Code Vein begleitet ihr euren selbst erstellten Protagonisten durch die dystopische, von rotem Nebel umgebenen, Welt Vein. Sowohl God Eater Fans als auch Soulslike Veteranen werden sich relativ schnell in der Welt von Code Vein zurecht finden. Als Motivation steht Anfangs der Kampf ums überleben im Raum. Als Revenant (Vampire) seid ihr und eure Begleiter auf die ständige Versorgung durch frisches Blut angewiesen, da ihr sonst zu Lost werdet, was im Prinzip so gut wie alle eure Gegenspieler in Code Vein sind. Revenants agieren hier als quasi letzt Bastion der Menschheit und Spezialeinheit die sich durch gefährliche Gebiete kämpft um seltene Blutperlen zu ergattern die vermutlich die wertvollsten Ressourcen in Vein darstellen. Jeder neue Companion bringt seine eigene Hintergrundgeschichte mit sich in Form von versteckten Vestiges. Da Vampire es anscheinend nicht so ganz mit dem Gedächtnis haben, fungiert ihr als Protagonist hier als Lieferant von essenziellen Erinnerungsstücken der einzelnen Charaktere und bekommt dafür auch nette Boni in Form von Gifts. Gifts sind zusammen mit Blutcodes die Hauptmerkmale von Code Veins Fähigkeiten/Klassen Struktur. Gifts konsumieren Ichor und dienen als Möglichkeit seinen Charakter kurzzeitig zu verstärken, Leben an den Partner zu übertragen oder diverse Zauber einzusetzen. Jeder Charakter den ihr über den Verlauf der Geschichte trefft gibt euch nach einer gewissen Zeit seinen Blutcodes, was im Endeffekt gewöhnliche Klassen darstellt. Code Vein lässt euch nämlich nicht eure Fertigkeitspunkte selbst verteilen, sondern levelt euren Charakter als gesamtes und überlässt euch die Wahl der Klasse über die diversen Blutcodes. Damit sind die Charakter-Builds etwas schlichter/simpler gehalten, können aber dennoch durch die passende Rüstung und Waffe deutlich verbessert werden.
Mit der umfangreichen Auswahl an Blutcodes, Charakteren und Schauplätzen geht in Code Vein leider die Liebe zum Detail oftmals ein wenig verloren und repetitive Abläufe machen sich schnell bemerkbar. Stark wiederholende Soundschnipsel, Gegner und jede Menge Leitern sind hier die größten Mankos. Wer aber schon einmal einen God Eater Ableger gespielt hat oder generell ein JRPG wird die Abwechslung in Code Vein vermutlich sogar als sehr hoch einstufen. Für Soulslike Veteranen könnten die wiederholenden Bereiche leicht abschreckend sein, weil es vor allem oftmals an wirklich markanten Schauplätzen mangelt. Komplexe Leveldesigns werden zu oft mit dem wirklich besonders hohen Einsatz von Leitern gelöst und gerade im letzten Drittel des Spiels wirkt Code Vein nur noch gezwungen in die Länge gezogen. Die Notwendigkeit zum Grind steigt auch ab dem Cannoneer & Blade Bearer Bosskampf immens. Zumindest bieten die Gegner in den finalen Abschnitten genügend an XP um den Grind nicht allzu sehr ausarten zu lassen. Neben den Gifts als Belohnung, lohnt sich das sammeln von Vestiges das gesamte Spiel über, da ihr hier nicht nur Hintergrund-Informationen zu den einzelnen Charakteren erhaltet, sondern generell ein Großteil der Geschichte des Spiels dahinter versteckt ist. Die Erzählweise mag zwar etwas mühsam aufgebaut sein, lohnt sich aber aufgrund der interessanten Charakterentwicklung der einzelnen Companions. Trotz der Vielzahl an Begleitern geht das Spiel auf jeden einzelnen mit eigenen Zwischensequenzen und Ereignissen aus der Vergangenheit ein.
Bosskämpfen fehlt der Feinschliff
Was wäre ein Soulslike Spiel ohne fordernde Bosskämpfe? Neben dem Mix aus Anime/JRPG Grind und Bloodborne Gameplay Elemente wie es bereits NioH leicht vorgemacht hat, bietet Code Vein auch Unmengen an Bosskämpfen. Auch hier geht der Titel den Weg von Quantität über Qualität. Der Umfang kann sich definitiv sehen lassen und die Bosse machen optisch trotz des doch sehr eigenen Designstils einiges her, bieten aber nicht die aus anderen Soulslikes gewohnte Variationen in ihren Bewegungsabläufen. Ein wirklicher Kampf auf Augenhöhe offenbart sich bis zum Schluss von Code Vein eigentlich so gut wie nie. Der verteilte Fokus auf euch und euren Companion überfordert die Gegner und Boss KI meistens sodass so gut wie immer sehr irrationale Entscheidungen getroffen werden. Kombiniert mit den doch recht klobigen Animationen des Spiels kommt hier selten die Spannung auf die andere Spiele des Genres bereits erzeugen konnten. Der Schwierigkeitsgrad ist trotz einem unterstützenden Begleiter auf jeden Fall gegeben, aber wirklich episch oder belohnend wirkt kaum ein Kampf im Spiel. Multiplayer bzw. die Kombination mit einem KI Partner ist in solchen Spielen immer schon eine schwierige Aufgabe gewesen und die Entwickler von Code Vein haben diese Herausforderung großteils eigentlich sehr gut gemeistert. Dennoch fehlt dem Kampf meistens die Dynamik die man beispielsweise von einem Bloodborne, Sekiro oder auch NioH gewohnt ist.
Die höhere Zugänglichkeit durch den ständigen Begleiter und der Anime-Look sind auf jeden Fall Stärken die Code Vein gut ausspielt. Wer noch mehr Herausforderung sucht kann den Titel auch komplett Solo durchspielen, empfehlen würden wir diese Herangehensweise aber nicht. Was Code Vein fehlt sind besondere Momente außerhalb der Story-Zwischensequenzen. Der Aufbau der einzelnen Kämpfe und Gebiete ist zwar sehr gelungen, aber im durchlaufen der Schauplätze selbst fehlt es oftmals an großen Überraschungen. Durch den eher JRPG angehauchten Grad an Grind nutzen sich viele Gegner, Sounds und Designs zu schnell ab. Wirklich lobenswert ist der Charakter Editor von Code Vein ausgefallen. Bereits in der Beta-Phase gab es hier einige großartige, von der Community erstellte Designs und die Möglichkeiten sind weiterhin in der finalen Fassung des Spiels umfangreich. Wer nach guten 25-30 Stunden mit einem ersten Code Vein Durchlauf fertig ist kann noch die letzten versteckten Vestiges suchen oder alle Dungeons in den Tiefen abschließen, bevor es ins New Game+ geht. Die Tiefen dienen als gute Ressourcen-Lieferanten während dem Spieldurchlauf, bieten aber sehr wenig Endgame-Anreize.
Wenn es um die Performance geht liefert Code Vein großteils eine solide Leistung. In vereinzelten Zwischengänge ist zwar die Framerate des Öfteren stark eingebrochen aber im Kampf selber sind uns hier wenige technische Probleme untergekommen. Das Spiel ist auch in den guten 30-40 Stunden die wir für den Test investiert haben, kein einziges Mal abgestürzt auf der PlayStation 4 Pro. Vereinzelte Gegner sind hin und wieder einfach von Klippen gestürzt oder in der Wand hängen geblieben, aber selbst das hat sich sehr stark in Grenzen gehalten.
Fazit
Code Vein fehlt zwar in einigen Bereichen der letzte Feinschliff aber dafür bekommen hier sowohl Anime Fans als auch Soulslike Veteranen einen überraschend umfangreichen und interessanten Titel mit einer packenden Geschichte serviert.
Positiv
+ Interessante Geschichte und Charakterentwicklung
+ Umfangreicher Charakter-Editor
+ Überraschend viel Spielzeit und Inhalte
Negativ
– Balancing und Grind im letzten Drittel des Spiels besonders mühsam
– Verschenktes Endgame-Potenzial bei den Tiefen-Dungeons
– Soundtrack, Gegner und vereinzelte Schauplätze wiederholen sich zu stark
– Einigen Bossen fehlt der letzte Feinschliff