Amnesia Collection PS4 Review: Horror-Hit für geduldige Spieler

Seit ca. 2 Wochen kann im PSN-Store die Amnesia Collection für Sonys Playstation 4 heruntergeladen werden. Developer-Team Frictional Games bemühte sich viel, die Reihe zum ersten Mal auf eine Konsole bringen zu können und bietet Fans des Horror-Genres das ultimative Paket. Nicht nur das Kultspiel Amnesia: The Dark Descent, sondern auch die Erweiterung Amnesia: Justine und der Nachfolger Amnesia: A Machine for Pigs wurden in diese Kollektion verpackt. Ob es sich für euch lohnt, dieses Paket zu erwerben, lest ihr hier.

Amnesia: The Dark Descent – Das Kultspiel

Das Herzstück der Collection genoss bereits im Jahr 2010, als es für PCs erhältlich wurde, großen Zuspruch unter Horrorspiel-Fans. Auch im Jahr 2016 weiß das Spiel noch immer in gewissen Punkten zu überzeugen. Zwar merkt man schnell, dass der Zahn der Zeit etwas an der Optik des Spiels genagt hat, jedoch liegen die Stärken von The Dark Descent woanders.
Atmosphärisch gibt es nur wenige Spiele, die Amnesia das Wasser reichen können. Wenn man es zulässt, verschlingt einen das Spiel recht bald und man kommt aus der Stimmung nur schwer wieder heraus. Die Story gibt sehr viel her, jedoch muss man als Spieler den Aufwand aufbringen, die verschiedenen Notizen, die man im Laufe des Spiels findet, zu lesen. Außerdem ist es manchmal nicht gleich verständlich, was in bestimmten Notizen geschrieben steht, bevor man nicht weitere Notizen findet und der Zusammenhang hergestellt wird.
Man erwacht als Hauptcharakter Daniel in einer Art Villa und wir erinnern uns jedoch nicht, wo und warum wir hier sind. Gefundene Notizen geben uns Hinweise, was es mit dem Gebäude auf sich hat und welche Vergangenheit es mit sich bringt. Ich möchte nicht zu sehr ins Detail gehen, da ich es jedem Spieler selbst überlassen möchte, die Mysterien und Geschehnisse aufzudecken und das Geheimnis der Burg Brennenburg zu enthüllen.
Die wahrscheinlich größte Stärke von The Dark Descent kann gleichzeitig zu dessen größten Hindernis für einige Spieler werden. Die tiefgreifende Story ist keine leichte Kost und man grübelt schon einmal minutenlang nach Fund einer Notiz über dessen Bedeutung. Geduldige Spieler, die sich die Zeit jedoch nehmen, die Puzzlestücke zusammenzufügen, werden im Laufe des Spiels auf jeden Fall belohnt. Falls ihr aber eher für kurzatmigen Horror zu begeistern seid, werdet ihr euch möglicherweise schwer tun. Sehr positiv muss jedoch angemerkt werden, dass eure Handlungen im Spiel einen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte haben können und es mehrere Enden gibt, was für ein Horror-Spiel doch sehr selten ist.

(c) Frictional Games

(c) Frictional Games

Das Gameplay

Auch gameplaytechnisch bietet das Spiel Variation. Gleich am Anfang finden wir eine Laterne, die uns hilft, dunkle Räume zu erhellen. Diese Laterne muss jedoch mit Öl betrieben werden, welches teilweise recht versteckt und nicht leicht zu finden ist. Alternativ können Zündhölzer verwendet werden, um Lichtquellen wie Fackeln oder Kerzen anzuzünden und damit Licht zu schaffen. Warum dies wichtig ist, zeigt euch die „Sanity“-Anzeige. Diese wird euch neben eurem Inventar angezeigt und gibt euch um euren Gemütszustand bescheid. Da Daniel Angst in der Dunkelheit hat und ziemlich starke Kopfschmerzen bekommt, wenn er übernatürliche Phänomene miterlebt, solltet ihr diese eher vermeiden. Den Gemütszustand verbessern könnt ihr, indem ihr euch in erhellten Räumen bewegt oder im Spiel voran kommt und Aufgaben erledigt. Eine gute „Sanity“-Anzeige sollte Priorität sein, da ihr sonst verschwommen seht oder euch sogar langsamer fortbewegt.
Das Spiel ist für ein Horror-Game eher unlinear und gibt euch einige Freiheiten. Ihr habt oft die Wahl zwischen mehreren Räumen, die ihr erkunden könnt und müsst auch öfter Mal in bereits erkundete Gebiete zurückkehren, weil ihr etwas gefunden habt, was euch weiterhilft. Auch hier muss gesagt werden, dass Spieler, die nicht lesefaul sind, klar im Vorteil sind, da die Notizen, die ihr findet, oft Hinweise geben, wie ihr im Spiel voran schreitet.
Technisch gesehen ist The Dark Descent grundsätzlich solide, die etwas veraltete Grafik habe ich bereits angesprochen. Auch Bugs habe ich nur wenige bemerkt, wobei es schon vorgekommen ist, dass ich in einer Ecke durch den Boden gefallen bin und dadurch vom letzten Checkpoint neu starten musste. Als kleiner Bonus war dieser Checkpoint direkt neben einem Gegner. Außerdem gab es auch eine Szene, in der mich ein gewisses Wesen eigentlich verfolgen sollte, sich jedoch nicht vom Fleck bewegt hat, obwohl ich einen Meter entfernt gestanden bin. Etwas ärgerlich war auch der Punkt, an dem ich eigentlich alles richtig gemacht habe, ich aber anscheinend zu weit weg vom Objekt, mit dem ich interagieren musste, stand und danach eine Viertelstunde mit Denken verbracht habe, was zu tun sei.
Ein weiterer Kritikpunkt ist für mich, dass ich die Musik nicht abstellen kann. In zu vielen Horror-Games ist es der Fall, dass die Musik zu viel über die momentane Situation verrät. So auch zum Beispiel hier, wo mir meistens bewusst war, wann mich etwas verfolgt und wann ich von körperlichen Schaden sicher bin. Die Musik trägt zwar viel zum Ambiente bei und der Soundtrack ist überdurchschnittlich gut, doch die Option, die Lautstärke zu regeln, wäre zumindest nett. Außerdem geben die „Monster“ gerne ein freundliches Grunzen von sich, um ihre Anwesenheit anzukündigen, welches manchmal der Spielsituation die Spannung nimmt.

Amnesia: Justine – „SAW: The Video Game“

Um das Offensichtlichste gleich vorweg zu nehmen – Amnesia: Justine erinnert stark an ein Videospiel, welches von jemandem entwickelt wurde, der Fan der SAW-Horrorfilmreihe ist. Original in 2011 als Erweiterung von The Dark Descent für PCs veröffentlicht, haben sich die Entwickler von Frictional Games später dazu entschlossen, es als Update zu jeder Version von The Dark Descent dazuzugeben. Bei Spielstart merkt man aber schnell, dass Justine einiges von The Dark Descent unterscheidet.
Ihr spielt diesmal einen weiblichen Hauptcharakter und wacht irgendwo in einer Zelle auf. Über ein Grammophon bekommt ihr eine Nachricht zugespielt, in welcher eine weibliche Stimme euch dazu drängt, verschiedene Rätsel zu lösen, falls ihr Menschen, die euch nahe stehen, retten möchtet. Der größte Unterschied zu The Dark Descent ist die Abwesenheit von Checkpoints. Heißt: Wenn ihr einmal erwischt werdet, müsst ihr das Spiel von neu beginnen. Das klingt im ersten Moment hart, jedoch ist das Spiel in ungefähr einer halben bis vollen Stunde durchzuspielen, falls ihr nicht zu lange bei einem Rätsel hängen bleibt. Obwohl Justine eher eine kurze Erfahrung ist, gibt es auch hier die eine oder andere Überraschung zu erleben und sogar mehrere Enden möglich.

Amnesia: A Machine for Pigs – Die Fremde

Da Pläne für eine Fortsetzung von The Dark Descent auf dem Tisch lagen, Developer Frictional Games sich jedoch einem anderen Projekt (SOMA) zugewandt hatten, übernahm das Team von „The Chinese Room“ (bekannt für die Spiele Dear Esther und Everybody’s Gone to the Rapture) die Entwicklung von Amnesia: A Machine for Pigs. Frictional Games blieb als Publisher an Bord des Projekts. 2013 wurde das Spiel für PCs veröffentlicht und bekam auf Steam nicht ganz so positives Feedback wie das erste Spiel in der Reihe. Bei genauem Hinsehen stellt sich mir persönlich die Frage, warum genau „Amnesia“ vor „A Machine for Pigs“ im Titel steht.
Als eine der wenigen Gemeinsamkeiten zu The Dark Descent würde ich die Atmosphäre herausgreifen. Diese ist wieder einmal sehr gelungen und mit der richtigen Investition von Zeit und Gedanken zieht einen die Geschichte in ihren Bann. Den Soundtrack finde ich sogar gelungener als im Original und grafisch sieht das Spiel (logischerweise) um einiges besser aus.
Vieles in A Machine for Pigs verläuft jedoch anders als erwartet. Wir spielen einen Familienvater, der in seinem Zuhause aufwacht, jedoch seine Kinder vermisst. Er kann sich (zur großen Überraschung) nicht erinnern, was in jüngster Vergangenheit geschehen ist und macht sich auf die Suche nach seinen Kindern. Von da an nehmen die teils verrückten Geschehnisse ihren Lauf. Geschichtliche Zusammenhänge zu The Dark Descent sucht man, bis auf einige Verwandschaftsgrade, vergeblich.

(c) Frictional Games

(c) Frictional Games

Das (komplett geänderte) Gameplay

Auf die „Sanity“-Anzeige wurde in diesem Spiel komplett verzichtet, auch gibt es nicht mehr die Möglichkeit, Objekte ins Inventar zu packen und später zu verwenden. Diese drastische Änderung zwingt das Spiel dazu, um einiges linearer zu verlaufen als The Dark Descent, da Objekte, die zur Rätsellösung gebraucht werden, nur einzeln per Hand befördert werden können. Dadurch verfallen die Aufgaben leider zu schnell in ein sich immer wiederholendes Schema, welches schnell eintönig wird.
Die Laterne findet man zwar wieder früh im Spiel, „dank“ fehlendem Inventar ist die Spielmechanik mit dem Öl jedoch verworfen worden. Also hat man als Spieler immer (bis auf einige geskriptete Ausfälle der Laterne) eine verlässliche Lichtquelle, welche vieles vom klaustrophobischen Gefühl in The Dark Descent raubt. Eine sehr willkommene Neuerung ist jedoch das Fehlen verräterischer Musik, so dass ihr euch nie sicher sein könnt, ob in jenem Moment Gefahr besteht oder nicht.
Nach Beendigung des Spiels stellt sich mir die Frage, ob es marketingtechnisch nicht besser gewesen wäre, dieses Spiel einfach als „A Machine for Pigs“ zu veröffentlichen. Das Wort „Amnesia“ im Titel hat wahrscheinlich zu viele falsche Erwartungen in den Spielern geweckt und der Bewertung im Nachhinein geschadet. Dabei ist das Spiel nicht unbedingt schlechter als das Original, aber eben anders.

Fazit

Generell ist diese Collection jedem Horror-Fan zu empfehlen, wobei gesagt werden muss, dass es hilft, wenn man nicht lesefaul ist. Der langsame (ca. 1 Stunde) Aufbau der Atmosphäre könnte einige Spieler abschrecken, die kurzatmige Horror-Games auf der PS4, wie Outlast, Slender oder Resident Evil, gewohnt sind. Dabei bietet Amnesia einige der besten Horror-Momente (Stichwort „überfluteter Keller“) auf dem System und Fans des Genres bekommen mit der Collection auf jeden Fall viel für den Preis.

Wertungsbild 7,9

Positiv

+ Packende Geschichte

+ Unschlagbare Atmosphäre

+ Mehrere Enden und offener Spielverlauf (The Dark Descent)

+ Großartiger Soundtrack (A Machine for Pigs)

Negativ

– Technische Mängel

– Einen Tick zu lang (The Dark Descent)

– Linearer Fortschritt (A Machine for Pigs)

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Written by: Dano

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