Spiel-Filme: Von Klonen, ausgestoßenen Kirchenbruderschaften und ihrer Verbindung zu Hollywood

Ein Kommentar zum Streitthema Videospielverfilmungen oder die Frage: Was versteht Hollywood eigentlich unter Vorlagentreue?

Videospiele erregen seit Beginn des neuen Jahrtausends immer mehr mediale Aufmerksamkeit. Damit unweigerlich verbunden: satte Gewinne für die Entwicklerstudios. Mittlerweile sorgen Games für Begeisterungsstürme größten Ausmaßes, sogar in der breiten Masse. Kein Wunder, dass sich die Traumfabrik Hollywood seit vielen Jahren Lizenzen großer Videospielfranchises, wie unter anderem World of Warcraft,  sichert. Doch bei der Gretchenfrage nach der Vorlagentreue Hollywoods gibt es vor allem unter den eingeschworenen Fans dieser Game-Marken meist verständnislose Blicke.

Wie man es nicht macht

Alles beginnt 1993 mit der Realverfilmung der Abenteuer von Kultklempner Mario. Darin verschlägt es Mario Mario (Bob Hoskins) und seinen Bruder Luigi Mario (John Leguizamo) in eine Parallelversion von Manhattan, in der hochentwickelte Dinosaurier – angeführt von Bösewicht King Koopa (Dennis Hopper) – das Sagen haben. Man versucht hier also krampfhaft, die Rahmenhandlung der Jump & Run-Reihe mit einigen ihrer Hauptcharaktere in ein Hollywood-Drehbuch zu zwängen. Die Kritiker zerrfetzen den Film förmlich und so floppt die knapp 50 Millionen Dollar teure Produktion an den Kinokassen.

mario brothers

Geringe Erwartungshaltung

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie man es hätte besser machen können? Kann man ein Jump & Run-Franchise, dessen Story bestenfalls als hanebüchen zu bezeichnen ist und das nur von seinen liebevoll designten Charakteren lebt, überhaupt verfilmen? Die Antwort fällt nicht leicht. Vorsichtiger geworden, versuchte es Hollywood eine Zeitlang nur noch mit beinahe unmöglich zu verfilmenden Videospiel-Universen in der Form von Prügelspieladaptionen wie Street Fighter, Mortal Kombat oder auch Tekken. Diesen Filmen nimmt man ihre mangelhafte Story nicht krumm, wahrscheinlich, weil die Erwartungen an eine solche Verfilmung von vornherein niedrig sind. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass ein paar Jahre später ein Trash-Bonus auf den Film fällt und man ihn ab da sogar als Kult hypt.

Keine Herausforderung

Bestes Beispiel, abseits der genannten Beat ‚em Up- Adaptionen, ist wohl Uwe Bolls Postal.  Der Film zum Spiel fängt die „Story“ und Stimmung des Games nahezu perfekt ein. Sonderlich schwer ist das allerdings nicht. Immerhin geht es in Postal ja nur um eine absolut überzeichnete, sarkastisch-zynische Aneinanderreihung politisch inkorrekter, sexistischer und rassistischer Witze! Dennoch eines der wenigen positiven Beispiele für Spiel-Filme. Vom Rest von Bolls bisherigem Spiel-Verfilmungs-Portfolio ist allerdings kein einziger Streifen zu empfehlen.

Nicht im Spiel? Egal! Hauptsache knappe Outfits…

Nach der Jahrtausendwende lenkt aber auch Hollywood endlich ein und man wendet sich Spielen zu, deren eigene Hintergrundstory ohnehin schon gut ausgearbeitet ist. 2002 überlässt man Paul W.S. Anderson den Regiestuhl für die extrem erfolgreiche Survival-Horror-Serie Resident Evil. Die weibliche Hauptrolle verkörpert bis heute in allen Serienteilen das Model Milla Jovovich. Als (Ex-) Sicherheitsoffizierin Alice etabliert sie sich im Verlauf der Filmserie mehr und mehr als amazonenhafte Supersoldatin und Überlebenskünstlerin in einem endlosen Heer von Zombies. Als wäre das nicht schon genug Ärger, verfolgt sie auch noch ihr ehemaliger Arbeitgeber, der böse Pharma-und Biowaffen-Konzern Umbrella.

Sex sells!

Die Filme bescheren neben einem enormen Profit für die Produzenten auch einige offene Kinnladen bei den Fans der Spiele. Liegt es an den immer knapper werdenden Kostümen von Titelheldin Alice oder etwa daran, dass die Figur der Alice im Spiel bisher gar nicht auftaucht? Wir vermuten in diesem Fall hauptsächlich Ersteres, denn obwohl Hollywood sich nur lose an die Vorlage hält, geht das Konzept auf und auch die Fans der Games akzeptieren mittlerweile die Eigenständigkeit der Filme.

hitman_poster02

Nr. 47 – Die Waise aus der geheimen Kirchenbruderschaft?

Bei einigen anderen Spielen ist das allerdings nicht der Fall. Im Speziellen der Film Hitman – Jeder stirbt allein aus dem Jahr 2007 stößt so manchem Fan der Spiele sauer auf. Die Serie um den steppenwölfischen Glatzenträger 47, den man im Spiel speziell als Killer züchtet, verkommt im Film zur Waise, den eine geheime Bruderschaft der Kirche zum Auftragskiller ausbildet. Im Spiel ist dieser Charakter eben genau wegen seiner Retortenherkunft und der daraus resultierenden Emotionslosigkeit beliebt. Er kennt kein Gewissen, keine Menschlichkeit, hat kein Erbarmen und erledigt den Auftrag, für den man ihn anheuert mit extremer Präzision.

36

Liebesszenen, Emotionen und coole Sprüche

Timothy Olyphant gibt 47 ein komplett anderes Image im Film. Abgesehen davon, dass er eine viel zu weiche Gesichtszeichnung hat und man ihm allein deshalb den kaltblütigen Killer nicht abnimmt, verliebt er sich quasi auch in die Prostituierte Nika und spielt zum Ende des Films ihren Schutzengel, indem er den bösen Buben die hinter ihr her sind den Gar ausmacht. Gewürzt wird das Ganze dann tatsächlich noch mit einem coolen Spruch, den er dem toten Killer zu seinen Füßen aufzwingt: „Ich hab euch doch gesagt, dass ihr sie in Ruhe lassen sollt.“

Need-for-Speed-movie-logo

Lasst eure eigene Kreativität zuhause!

Selbiges möchte man postwendend den Produzenten in Hollywood ausrichten. „Lasst doch einfach die Kirche im Dorf und haltet euch an die Vorlagen! Niemand ist euch böse, wenn ihr die eigene Kreativität mal zuhause und Videospielen ihre ohnehin schon guten Charaktere und Storylines lasst.“

Autos, Assassinen und andere Psychopathen

Die Verfilmungen zu Need for Speed (mit Breaking Bad Star Aaron Paul in der Hauptrolle) , Assassin’s Creed und Kane & Lynch: Dead Men sind bereits angekündigt. Es bleibt zu hoffen, dass man bei zukünftigen Videospielverfilmungen darauf verzichtet, die bestehenden Geschichten der Franchises abzuändern. Speziell im Fall des Letztgenannten möchte man sich aber bereits wieder die Haare raufen.

Da seh ich schwarz

Ursprünglich sah man für die Rolle des Söldners Kane Bruce Willis vor und Billy Bob Thornton sollte den psychotischen Redneck Lynch spielen, der auf Kane „aufpasst“ – eine Traumbesetzung. Doch was macht die Traumfabrik? Laut einem Rohentwurf des Skripts, das der Seite Kotaku vorliegt, verwandeln sie den soziopathisch-schizophrenen Südstaatler Lynch in einen überaus eloquenten und nicht von Psychosen geplagten Mann, gespielt vom afroamerikanischen Schauspieler Jamie Foxx. Wenn das kein Grund ist, für die Zukunft der Videospielverfilmung schwarz zu sehen …

Was ist eure Meinung zu diesem Thema? Seid ihr mit den bisherigen Umsetzungen zufrieden oder nicht?

Teilt uns eure Meinung mit

Written by: DarkDude von Killerz

1 Comment Added

Join Discussion
  1. ONLY-E 3. Oktober 2013 |

    Im Grossen und Ganzen kann man wirklich sagen, dass die bislang umgesetzten Videospiele als Filme enttäuschten und ich habe sie (fast) alle gesehen. Eine der wenigen gelungenen Umsetzungen ist in meinen Augen „Silent Hill“ (aber auch da gibt es geteilte Meinungen). Die kürzlich erschienene Fortsetzung war in meinen Augen – trotz gelungener Atmosphäre – nicht so ganz das gelbe vom Ei. Die richtige Mischung aus filmischer Eigenständigkeit und Respekt vor der Vorlage ist wohl nicht so einfach hinzukriegen, wie wir Gamer uns das bei der Ankündigung neuer Filme wünschen…

    PS: Aber warum es noch keinen „Super Mario“-Film im Nintendo-Videospielelook gibt (z.B. als 3D-Animationsfilm), ist für mich nicht wirklich verständlich, außer dass die Angst vor einem filmischen Desaster und damit verbundener negativer Presse umgeht…

Leave Your Reply